Aengevelt-Wohninvestment-Index belegt starke Verunsicherung bei Investoren und Projektentwicklern

Aengevelt-Wohninvestment-Index belegt starke Verunsicherung bei Investoren und Projektentwicklern

Aengevelt-Wohninvestment-Index belegt starke Verunsicherung bei Investoren und Projektentwicklern
Der Wohninvestmentindex von Aengevelt hat sich deutlich abgekühlt. Copyright: Mediamodifier auf Pixabay

Der Aengevelt-Wohninvestment-Index (AWI) erfasst halbjährlich die Einschätzungen von etwa 200 Experten aus allen Bereichen der Wohnungswirtschaft, die in Summe eine hohe sechsstellige Anzahl von Wohneinheiten in allen Teilen Deutschlands repräsentieren, zu Marktstimmungen und -entwicklungen. Dieser verzeichnete in der aktuellen Sommerbefragung 2022 einen starken Rückgang um 18,1 Punkte auf 56 Punkte. Dabei vollzog sich der Rückgang über alle Wohnlagen.

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Nachdem der AWI im Sommer 2020 als „Corona-Reaktion“ einen starken Einbruch auf nur noch 49,2 Punkte verzeichnete, erhöhte sich der Wert bereits in der Winterbefragung 2020/2021 wieder deutlich auf 70,5 Punkte und stellte sich in der Winterbefragung 2021/2022 mit 74,1 Punkte auf ein hohes Niveau. In der aktuellen Sommerbefragung 2022 folgte nun allerdings erneut ein starker Rückgang um 18,1 Punkte auf 56 Punkte. Dabei vollzog sich der Rückgang über alle Wohnlagen:

Der Aengevelt-Wohninvestment-Index von Winter 2016 bis Sommer 2022. Copyright: Aengevelt Research
Der Aengevelt-Wohninvestment-Index von Winter 2016 bis Sommer 2022. Copyright: Aengevelt Research

„Mit zunehmender Volatilität durch Ukraine-Krieg, Energiekrise und steigende Inflation musste der AWI den zweiten markanten Rückgang innerhalb kurzer Zeit verzeichnen“, kommentiert der geschäftsführende Gesellschafter von Aengevelt, Dr. Wulff Aengevelt, die Ergebnisse und ergänzt: „Der weitere Verlauf ist an die Entwicklungen der Rahmenbedingungen gekoppelt.“ Vor diesem Hintergrund ist – anders als im Sommer 2020 – nicht kurzfristig mit einer deutlichen Erholung des AWI zu rechnen.

Bautätigkeit im Wohnungsbau kühlt deutlich ab

„Mögliche Erholungstendenzen werden durch die aktuellen Herausforderungen für die Gesellschaft und die gesamte Wirtschaft und damit auch die Immobilienbranche gebremst. Insbesondere der Ukraine-Krieg, die weltweiten Lieferengpässe sowie steigende Energie- und Baukosten kehren die bis dahin guten Erwartungen um“, beschreibt Lara Zautys, Analystin von Aengevelt Research, die aktuelle Situation und führt weiter aus: „Darüber hinaus bedroht die aktuelle Zinsentwicklung das Engagement von Projektentwicklern und Investoren, so dass die Bautätigkeit im Wohnungsbau abkühlt. Trotz des enormen Bauüberhangs aufgrund nicht direkt in Fertigstellungen umgesetzter Baugenehmigungen ist deshalb mit einem Rückgang der Fertigstellungszahlen zu rechnen. Das ausgegebene Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohneinheiten im Jahr rückt damit in weite Ferne.“

Mietwohnungsmarkt: Mietpreise steigen weiter

Die Folge ist aus Sicht von Lara Zautys eine weiterhin markante Wohnungsknappheit, insbesondere in den Wachstumskernen und im bezahlbaren Segment. Zumal signifikant steigende Energie- und damit Gesamtbetriebskosten zu einer weiter steigenden Nachfrage nach mietpreisgünstigeren Wohnungen führten. Entsprechend sei gerade in einfachen Wohnlagen nicht mit einem sinkenden Mietpreisniveau zu rechnen, vielmehr mit dem Gegenteil.

Die aktuellen Befragungsergebnisse bestätigen die Einschätzung von Lara Zautys: Der Anteil der Befragungsteilnehmer, die von steigenden Mietpreisen in einfachen Wohnlagen ausgehen, stieg von 47 Prozent im Winter 2021/2022 auf 54 Prozent in der aktuellen Befragung. In guten und mittleren Lagen ging der Anteil hingegen um 10,7 beziehungsweise acht Prozentpunkte zurück.

Gedämpfte Stimmung in Sachen Wohnungsneubau und differenziertes Bild bei Sanierungen

Die gedämpfte Stimmung spiegelt sich auch bei der Frage nach Investitionen in den Mietwohnungsneubau wider: Aktuell erwarten nur noch 16 Prozent der Befragten einen Anstieg der Investitionen. In der Winterbefragung 2021/2022 waren es mit 42 Prozent noch 26 Prozentpunkte mehr.

Die Bedeutung der Modernisierung beziehungsweise Sanierung von Wohnungsbeständen ist in der aktuellen Befragung differenziert zu betrachten: Lediglich 30 Prozent der Befragten erwarten steigende Investitionen in Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, im Winter 2021/2022 waren es noch 52 Prozent. Dagegen sind es hinsichtlich steigender Investitionen in die energetische Gebäudesanierung 56 Prozent, in guten Lagen sogar 64 Prozent.

„An diesen Werten lässt sich die angesichts der aktuellen Energiekrise - die sich zum Winter noch verschärfen wird - steigende Relevanz von nachhaltigen Energieeinsparungspotentialen im Gebäudebereich ablesen. Dies wird ungeachtet steigender Bau- und Sanierungskosten auch in den nächsten sechs Monaten ein wichtiges Thema sein“, so Lara Zautys.

Gedämpfte Nachfrage bei Wohninvestments

Hinsichtlich der Erwartung an die Kapitalwert-Entwicklung von Wohninvest­ments erreichte der AII (Aengevelt-Investment-Index) in der Sommerbefragung 2021 mit 77,8 Punkten einen neuen Spitzenwert und verblieb auch im Winter 2021/2022 76,7 Punkten auf hohem Niveau. Aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen und Verunsicherungen sinkt der AII in der aktuellen Sommerbefragung um 36,9 Punkte auf einen historischen Tiefstand von 40,9 Punkten.

Über alle Lagekategorien hinweg rechnen nur noch 21 Prozent mit einer steigenden Nachfrage nach Wohninvestments. Im Winter 2021/2022 waren es noch 61 Prozent. Dagegen erwarten 45 Prozent der Befragten einen Rückgang der Nachfrage. Entsprechend erwarten lediglich 24 Prozent der Befragungsteilnehmer steigende Preise für Wohninvestments (Winter 2021/202: 71 Prozent). 41 Prozent rechnen mit sinkenden Preisen. Im Winter 2021/2022 waren es gerade einmal sechs Prozent.

Fazit: Hoher Grad der Verunsicherung bei Investoren und Projektentwicklern

Der AWI bestätigt mit seinem starken Rückgang die zunehmende Volatilität im Wohninvestmentbereich und die damit einhergehende Verunsicherung von Investoren und Projektentwicklern. Dies spiegelt sich aktuell auch in zurückgestellten oder sogar ganz zurückgezogenen Wohnbauprojekten.

Problematisch ist zudem die steigende Gesamtmietkostenbelastung, für die insbesondere einkommensschwächere Haushalte nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung mehr als 40 Prozent ihres Einkommens ausgeben. Angesichts der aktuellen Energiekrise ist hier ein weiterer deutlicher Anstieg zu befürchten. Aus diesem Grund besteht die Gefahr, dass notwendige Sanierungen nicht durchgeführt werden, da dadurch die Mietkostenbelastung für die Bewohner weiter steigen würde und zudem eine geringe Planungs- und Kostensicherheit für die Maßnahmen besteht. Gleichzeitig stehen Personalmangel, Lieferengpässe und steigende Baustoffpreise notwendigen Investitionen in energetische Sanierungen entgegen.

Anders als im Sommer 2020, als der Einbruch des AWI vorrangig als kurzzeitige “Schockreaktion“ auf die Corona-Pandemie zu werten war, hängt seine Erholung in der jetzigen Situation von der weiteren Entwicklung der beschriebenen Rahmenbedingungen und einer Entspannung der Mark- und Wirtschaftslage ab. Vor diesem Hintergrund sind belastbare und zuverlässige Prognosen über die zukünftige Marktentwicklung und den damit verbundenen Zeithorizont nicht seriös möglich.

Der GEsamtbericht zum Download

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