Nach Corona: Anforderungen an die Projektentwicklung von Bürogebäuden der Zukunft

Nach Corona: Anforderungen an die Projektentwicklung von Bürogebäuden der Zukunft

Nach Corona: Anforderungen an die Projektentwicklung von Bürogebäuden der Zukunft
Das von der Hübner-Gruppe sanierte Münchner Bürogebäude "M Square" und Robert Hübner. Copyright: (li.) Marina Castelli, RH Unternehmensgruppe / (re.) Roland Weegen Photos

Was muss in Zukunft bei der Projektentwicklung von Bürogebäuden beachtet werden - auch und vor allem in Hinsicht auf zukünftige PandemieEreignisse? Robert Hübner, geschäftsführender Gesellschafter der RH Unternehmensgruppe, ist spezialisiert auf die Projektentwicklung und Verwaltung von Bürogebäuden und stellte sich unseren Fragen.

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Werden Sie künftig einen Virologen in die Planung neuer Büroprojekte einbinden? Was würden Sie sich von diesem versprechen?

Robert Hübner: Hygienemaßnahmen zur Pandemievorsorge werden zukünftig eine essentielle Rolle bei der Planung eines Bürogebäudes spielen. Diesbezügliche Empfehlungen von Virologen sollten daher auf Ebene der Politik und der Immobilienverbände aufgenommen werden und den Leitfaden in der Projektentwicklung bilden. Ziel wird es sein, alle Bereiche eines Büroneubaus nach den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen für einen größtmöglichen Schutz vor Infektionen zu gestalten. Hierbei geht es um die Auswahl geeigneter Technologien und Materialien, um die Ausstattung und Flächenaufteilung der Büro- und Gemeinschaftsräume, der Wegebeziehungen in den Gebäuden sowie der Klima-, Lüftungs- und Sanitäranlagen.

Corona als Treiber für smarte Gebäudetechnik

Wird smarte Gebäudetechnik durch Corona einen Schub erleben? Und wenn ja, welche Aspekte sind dabei relevant? Was muss sich im Hinblick auf die Gebäudetechnik noch alles verändern?

Robert Hübner: Digitalisierung und der Einsatz smarter Gebäudetechnik werden verstärkt voranschreiten und auch die Erkenntnisse aus der Corona-Zeit unterstützen. Dank Sensor-, Sprach- und App-Steuerung lassen sich viele Elemente, beispielsweise Türen, Konferenzraum-Technik, Sanitäranlagen, Licht, Jalousien oder Kaffeemaschinen, kontaktlos beziehungsweise kontaktarm nutzen. Die Klima- und Lüftungstechnik wird optimiert werden müssen. Sehr wahrscheinlich wird man sich dabei an den hohen Standards der Luftfahrtbranche orientieren. Sensorsysteme können zum Beispiel Auskunft darüber geben, wie stark die einzelnen Räume (etwa Konferenzräume) frequentiert werden und in der Folge gereinigt werden müssen.

Hat das Open Office ausgedient beziehungsweise tragen New-Work-Arbeitsmodelle inklusive des Austauschs zahlreicher Mitarbeiter in unterschiedlichen Arbeitsgruppen vor dem Hintergrund von Corona nicht auch ein beträchtliches Risiko in sich?

Robert Hübner: Das Open Office mit einer für jedermann frei zugänglichen und genutzten Arbeitsumgebung muss neu strukturiert werden, um dem Gesundheitsschutz Genüge zu tun, aber dennoch die Vorteile dieses dynamischen und produktiven Modells weiterhin nutzen zu können. Im Fokus stehen dabei die Flexibilität und Adaptivität der Raumplanung und -ausstattung. Stichworte sind hier beispielsweise die Reduktion der Anzahl an Arbeitsplätzen, die Einrichtung von Mikrozonen innerhalb eines Großraumbüros, die flexible Möblierung und Stromzufuhr, die Etablierung von Einzelarbeitsplätzen in 90-Grad-Winkeln, fest zugewiesene, persönliche Stauräume sowie bewegliche Technologien wie Whiteboards oder Screens, die zugleich als Raumtrenner fungieren. Auch Meetings in offenen Bürobereichen im Stehen sowie die verstärkte virtuelle Zusammenarbeit über digitale Systeme unter den Mitarbeitern sind Ansätze für das moderne Open Office.

DAS sollte bei der Entwicklung zukünftiger Büros bedacht werden

Wieviel Quadratmeter Arbeitsplatz wird man künftig pro Person vorausberechnen müssen?

Robert Hübner: Erste Umfragen von uns haben die Tendenz zu 16 bis 18 Quadratmetern pro Mitarbeiter ergeben. Vor der Corona-Pandemie wurde mit zwölf bis 14 Quadratmetern geplant. Trotz des gestiegenen Anteils der Mitarbeiter, die ganz oder teilweise im Home Office arbeiten – was logischerweise zunächst zu einem geringeren Gesamtflächenbedarf der Unternehmen führt – sehen wir aufgrund des notwendigen höheren Flächenbedarfs pro Mitarbeiter in Büropräsenz auch die gegenläufige Entwicklung beim Gesamtflächenbedarf. Inwieweit sich beide gegenläufigen Entwicklungen vielleicht neutralisieren, muss noch abgewartet werden. Wichtiger denn je werden zukünftig ausgewogene Rahmenbedingungen für die körperliche, kognitive und emotionale Gesundheit sein, die die Grundlage für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz legen.

Muss es Veränderungen in der Planung von Begegnungsräumen wie Eingangsbereichen, Fluren, Treppen oder Fahrstühlen sowie in der Wegeführung durch ein Gebäude geben?

Robert Hübner: Öffentliche Bereiche werden wohl großzügiger gestaltet sein müssen, um ausreichend Abstandsbereiche generieren, aber auch – wenigstens im Notfall – ein Einbahnstraßen-Wegesystem einrichten zu können. Berührungslos funktionierende Desinfektionsspender sollten im gesamten Gebäude in regelmäßigen Abständen angebracht sein. Von Vorteil sind kleinteilige und in sich autarke Gebäudemodule mit Büros, Sanitäranlagen, Aufenthaltsräumen, Kaffeeküche und separatem Zugang, um die Zahl der Kontaktperson zu reduzieren und eine mögliche Infektionskette nachverfolgen zu können. Auch getrennte Ein- und Ausgänge sowie Sicherheitsschleusen mit Desinfektionsanlagen an den Zugängen sind denkbar.

Hat das Modell Betriebskantine ausgedient?

Stichwort Kantine: Lässt sich eine moderne Kantine so planen, dass sie unter gesundheitlichen Gesichtspunkten sicher ist?

Robert Hübner: Betriebskantinen stehen vor einer ähnlichen Herausforderung wie die Gastronomie in Hotels und auf Kreuzfahrtschiffen. Hier werden derzeit viele Erfahrungen gesammelt, an denen sich Projektentwickler orientieren können. Zentral werden separate Ein- und Ausgänge und ein Einbahnstraßensystem mit – gegebenenfalls beleuchteten – Wegweisern, robuste, aber leicht zu reinigende Materialien sowie ein effizientes Belüftungssystem sein. Reinigungs- und Desinfektionsabläufe von Küche und Gastraum, auch im laufenden Betrieb, müssen bereits bei der Planung der Räumlichkeiten berücksichtigt werden. Über eine digitale Sitzplatzreservierung könnte der Besucherstrom gesteuert werden. Ebenso könnten zur Reduktion des Nutzeraufkommens dezentralisierte Kantinenlösungen mit unterschiedlichen kulinarischen Angeboten eingesetzt werden.   

Inwiefern lassen sich die veränderten Anforderungen auch in Bestandsgebäuden umsetzen? Beziehungsweise "veralten" die nun noch schneller im Hinblick auf die technische Ausstattung und die Grundrisse?

Robert Hübner: Das hängt stark von den individuellen Gegebenheiten einer Immobilie ab. Es gibt Objekte, die über ein effizientes Raster und modulare bzw. dezentrale Gebäudetechnik verfügen, sodass sie flexibel angepasst und kurzfristig aufgerüstet werden können, um den neuen Anforderungen zu genügen. Andere Gebäude könnten mittelfristig Probleme bekommen, wenn die Anforderungen nur durch weitreichende und damit kostenintensive Umbau- und Sanierungsmaßnahmen umzusetzen sind.

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