CRCLR-Haus in Neukölln wächst ressourcensparend in die Höhe

CRCLR-Haus in Neukölln wächst ressourcensparend in die Höhe

CRCLR-Haus in Neukölln wächst ressourcensparend in die Höhe

Das CRCLR-Haus in Neukölln wird um- und ausgebaut. Federführend ist die Baugenossenschaft TRNSFRM, die zirkuläres und ressourcensparendes Bauen fördert.

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Man könnte den Berliner Wohnungsmarkt betrachten und relativieren: Haben nicht viele andere Städte die gleichen Probleme? Mangelt es nicht in allen großen Ballungszentren in Deutschland an Wohnraum? Sind die Mieten nicht anderswo genauso hoch, wenn nicht gar höher? Könnte man machen. Ändern würde es trotzdem nichts daran, dass Berlin auf seine ganz eigene, durchaus hitzige Weise darauf reagiert. Abgesehen von den Leipziger Baustellenanschlägen, hatten praktisch alle großen Aufreger des vergangenen Jahres – Enteignungsforderungen, Mietenwahnsinn-Demos und, natürlich, der Mietendeckel – ihren Ursprung in der Bundeshauptstadt.

Warum gerade Deutschlands größte Metropole vor Wut tobt, während andere eher verhalten schnauben, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls scheint sie in ihrem Frust alle anderen zu übertönen. Und wer so laut brüllt, dass er nur noch sich selbst hört, muss zwangsläufig eigene Antworten auf gegebene Problemstellungen finden. Tatsächlich tummeln sich derzeit wohl nirgendwo sonst in Deutschland so viele „Ausreißerprojekte“, die von den üblichen Marktmechanismen abweichen, wie in Berlin. Das derzeit in Neukölln entstehende CRCLR-Haus verkörpert dies par Excellence.

TRNSFRM: Aus Brauerei-Fassladehalle wird das CRCLR-Haus in Neukölln

Bevor wir zur Bedeutung dieses aller Vokale beraubten Namens kommen, eine kurze Verortung des Geschehens: Gegenstand des Bauvorhabens ist eine ehemalige Fassladehalle der 2005 geschlossenen Kindl-Brauerei im Rollbergviertel. Das Areal war damals in die Hände der HEAG Dr. Henke Projektgesellschaft übergegangen, die dort unter anderem ein Einkaufszentrum errichten wollte. Doch dazu sollte es nie kommen. Ein Grund hierfür dürfte im Zwist mit dem Bezirksamt gelegen haben, das stets eher eine kulturelle Nutzung des Geländes im Auge hatte. Lange verhandelten Amt und Eigentümer über einen Kompromiss zwischen Kunst und Kommerz, ohne jedoch auf einen Nenner zu kommen. Am Ende bekam quasi die Behörde ihren Willen – wenn auch mehr organisch denn geplant.

Zunächst veränderten sich die Eigentumsverhältnisse. 2014 gehörte die Liegenschaft der Quartier-k UG (haftungsbeschränkt) & Co Berlin 3 social KG, an der die HEAG nur noch geringe Anteile hielt. Im nunmehr stark gewachsenen Berlin schien es, als warte die inzwischen noch weitaus begehrlichere Immobilie nur auf einen zahlungskräftigen Investor. Stattdessen trat eine Gruppe aus Künstlern und Unternehmern an den Eigentümer heran, die sich auf Standortsuche für ein interdisziplinäres Kreiswirtschaftsprojekt namens CRCLR – steht für circular – befand. Womit sich der Kreis zum Namen ohne Vokale schließt.

Die alte Industriehalle hatte es den Projekteuren angetan, doch fehlte für einen Kauf ein starker Partner, weshalb man sich an die Schweizer Stiftung Edith Maryon wandte. Die gemeinnützige Organisation erwirbt seit den 1990ern vorrangig in der Schweiz und Deutschland Grund, Boden und Liegenschaften, um sie der Spekulation zu entziehen und stattdessen dauerhaft für günstigen Wohn- oder Gewerberaum sowie für soziale und kulturelle Projekte zu sichern. Der Eigentümer wollte die Halle jedoch nicht separat veräußern. Da die Stiftung neben dem kreiswirtschaftlichen Projekt viel Potenzial für eine gemeinnützige Entwicklung sah, erwarb ihre Tochtergesellschaft Terra Libra Immobilien GmbH 2015 schließlich per Share Deal die Eigentümergesellschaft – und damit gleich die komplette Liegenschaft.

Immer schön im Kreis: Nachhaltigkeit wird bei CRCLR-Häusern großgeschrieben

Unterdessen gründeten die Initiatoren von CRCLR die ebenfalls vokallose TRNSFRM eG (transform). Dieser  wurde  wiederum von der neuen Eigentümerin ein 99-jähriges Erbbaurecht verliehen, kraft dessen die Genossenschaft nun unter anderem das CRCLR-Haus verwirklicht, das künftig das Epizentrum einer rigorosen Kreislaufwirtschaft in Berlin bilden soll. Konsequenterweise wird das Gebäude selbst möglichst zirkulär errichtet. Dabei geht es nicht nur um recycelte Materialien oder eine besonders nachhaltige Bauweise, sondern noch vorrangiger darum, Dinge zu nutzen, die bereits da sind.

Das betrifft natürlich vor allem die Halle selbst. Das Bestandsgebäude bleibt und wird nach Plänen des Berliner Architekturbüros Hütten und Paläste einen zweieinhalbgeschossigen Dachaufbau aus Holz erhalten, in dem Wohn- und Gewerbenutzungen anhand von Kreislaufprozessen vielfältig miteinander verbunden werden sollen. Auch bei diesem Neubau gilt es, wo möglich, Sachen zu verbauen, die es bereits gibt. Zu nennen wären da etwa Fenster, die von zwei anderen Bauvorhaben noch übrig sind, oder Waschbecken und einige Toiletten aus einer Jugendherberge im Brandenburger Umland. Da solche Secondhand-Bauteile nicht eigens für das Projekt hergestellt wurden, unterliegen die Pläne immer wieder einem Moment des Wandels.

Auf die Frage, wie eine Baustelle funktioniert, bei der man wegen gebrauchter Teile wiederholt nachjustieren muss, antwortet Simon Lee, Mitinitiator von CRCLR und TRNSFRM: „An diesem Punkt sind wir noch nicht. Es macht den Prozess und Bauablauf auf jeden Fall nicht weniger komplex, etwa in Bezug auf Lagerung und Logistik.“ Nach der bereits abgeschlossenen Entkernung der Halle finden derzeit eine Fundamentertüchtigung und erweiterte Rohbauarbeiten statt. Bis zum vierten Quartal 2020 soll die Sanierung des Bestandes abgeschlossen sein. Dann geht es mit der Aufstockung weiter. Längst nicht alle Bauteile werden bei dem Projekt gebraucht sein.

CRCLR-Erfahrungen helfen bei ALLTAG-Neubau

Für neue Teile gilt jedoch, dass sie nach einem eventuellen Rückbau möglichst wiederverwendet werden können. Derweilen verwirklicht TRNSFRM auf dem Areal neben dem CRCLR-Haus ein weiteres Projekt namens ALLTAG. Der reine Neubau bietet unter anderem temporäre Wohnplätze für Menschen in Not (nicht zu verwechseln mit Temporärem Wohnen), soziale Dienstleistungen sowie diverse andere nachbarschaftliche, kulturelle und gewerbliche Nutzungen. Auch hier wird nach dem gleichen kreiswirtschaftlichen Prinzip gebaut. Nathalie Swords von TRNSFRM appelliert daher: „Wer ein Rückbauvorhaben verfolgt oder einfach Bauteile übrig hat, kann sich gerne bei uns melden.“ 

Copyright Aufmacherbild: Hütten und Paläste

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