Kommentar von Dr. Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum
Themen wie Mietpreisbremse, Mietendeckel, öffentliche Rückkäufe privater Wohnungsbestände bis hin zur Forderung nach Enteignung prägen die wohnungspolitische Diskussion der letzten Monate. In der Diskussion um diese Themen geht es aber vorwiegend um gegenseitige Schuldzuweisungen und polemische Äußerungen. Die Mitarbeiter der Wohnungswirtschaft sehen das als Stimmungsmache gegen sich und ihre Unternehmen an. Wenn es so weit geht, dass Mitarbeiter von Immobilienunternehmen angegriffen oder Sachen auf Baustellen von Wohnungen zerstört werden, ist das aufs Schärfste zu verurteilen.
Die politische Debatte wird vor allem von den Hardlinern in der Öffentlichkeit, auch in den Sozialen Medien, bestimmt. Gleichwohl zeigt sich, dass bei vielen Menschen Ängste bestehen. Viele, leider auch tendenziöse Berichte über die Situation auf den Wohnungsmärkten lösen Befürchtungen aus. Die Menschen lesen Artikel über stark steigende Mieten, mangelndes Angebot mit Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen und befürchten auch davon betroffen zu sein. Verstärkt wird die negative Stimmung gegen unsere Branche Wohnungswirtschaft noch dadurch, dass es zum einen einige „Schwarze Schafe“ gibt, die beispielsweise mit Mietwucher oder Spekulation für Ärger sorgen. Zum anderen herrschen teilweise Missverständnisse über die Marktverhältnisse.
Zu den Missverständnissen: Aufgrund einer Wohnungsknappheit in den Städten (im ländlichen Raum herrscht dagegen ein Überangebot beziehungsweise Leerstand) sind die Mieten im Schnitt in den letzten Jahren in den Großstädten stärker als die Inflationsrate angestiegen. Der Anstieg bei den Kaufpreisen ist jedoch doppelt so hoch wie der Mietanstieg und vor allem auf einen Anlagedruck und nicht auf eine Wohnungsnot zurückzuführen. Aber es gibt leider auch Vermieter, die die Situation ausnutzen und Mietwucher betreiben.
Die Branche muss selbst ein Interesse haben und dafür sorgen, dass diese Auswüchse verhindert werden. Die Wohnungswirtschaft ist selbst gefordert, die Ängste der Bevölkerung ernstzunehmen und nicht zu negieren oder die Verantwortung immer auf andere abzuschieben. Dagegen hilft nur eine faktenreiche Argumentation und nicht durch eine ebensolche Stimmungsmache insbesondere gegenüber Politik und Verwaltung die negative Atmosphäre noch weiter anzuheizen. Es kommt einem aber so vor als wären die Immobilienwirtschaft und deren Vertreter nur darum bemüht, Verantwortung abzuschieben und nicht Lösungen anzubieten. So sind jedoch fast 700.000 genehmigte, aber (noch) nicht gebaute Wohnungen ein Problem der Immobilienwirtschaft und nicht der Bürokratie.
Investorenflucht: wieder so ein Begriff, der verwendet wird, um Ängste zu schüren. Diesmal aber eingesetzt von der Immobilienwirtschaft, um vor der Wohnungspolitik zu warnen. Obwohl immer beschworen, hatten die Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen jedoch noch keine negativen Folgen für die Investments in Wohnungen, eher im Gegenteil. In Berlin, dem Zentrum der Diskussionen, stieg im Jahr 2019 das Transaktionsvolumen mit Wohnungen um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Es gibt es also immer noch genügend Nachfrager. Eine Investorenflucht gab es jedenfalls nicht, denn dies hätte zudem einen Preisverfall ausgelöst.
Aufgrund der Marktstrukturen auf den Wohnungsmärkten (wie Zyklen und Schwankungen) und der hohen Bedeutung des Wohnens für die Bevölkerung werden immer wieder Marktregulierungen und -eingriffe grundsätzlich erforderlich sein. Es gilt Marktübertreibungen und Spekulation durch gesetzliche Maßnahmen zu verhindern. Über die konkrete Ausgestaltung lässt sich aber trefflich streiten.
Die Immobilienwirtschaft sollte ihren Beitrag zur Lösung wohnungswirtschaftlicher Probleme leisten und sich nicht nur beschweren und neue Subventionen fordern. Solange die Immobilien- und Wohnungswirtschaft nur polemisiert und nicht die grundlegenden Befürchtungen der Bevölkerung ernst nimmt, wird leider die Konfrontation nicht beendet werden.