SPD verweigert sich: Novelle der Berliner Bauordnung vorerst gestoppt

SPD verweigert sich: Novelle der Berliner Bauordnung vorerst gestoppt

SPD verweigert sich: Novelle der Berliner Bauordnung vorerst gestoppt
Für das Neubauvorhaben WATERKANT gilt natürlich die alte Bauordnung. Copyright: Mara Kaemmel

Der Berliner Senat wollte das 6. Gesetz zur Änderung der Bauordnung noch vor dem Ende der Legislaturperiode durchbringen. Doch der Koalitionspartner SPD hat überraschend seine Zustimmung verweigert.

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Mit der Novelle der Bauordnung will die rot-rot-grüne Landesregierung den Wohnungsbau beschleunigen und mehr Klimaschutz beim Gebäudesektor verankern. Doch daraus wird vorerst nichts, jedenfalls nicht vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September. Die SPD-Fraktion hat das Vorhaben nach zwei Jahren Diskussion kurz vor dem Beschluss ausgebremst.

Berliner SPD bremst Novelle der Bauordnung aus

Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, begründet die Absage vor allem mit einer achtseitigen, parteiübergreifenden Stellungnahme des Rates der Bürgermeister. Einer der wesentlichen Kritikpunkte lautet, dass es in den Bezirksämtern nicht genug Personal für die Umsetzung und die Kontrolle der neuen Vorgaben gebe. „Das müssen wir sehr, sehr ernst nehmen. Deshalb haben wir uns entschieden, die Bauordnung in der jetzigen Form nicht zu verabschieden, sondern mit den Bezirken noch einmal in die Diskussion zu gehen“, erklärte sie im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen. 

Andreas Otto, Sprecher für Baupolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, reagierte enttäuscht  auf das Nein des Koalitionspartners. Auf Anfrage erklärte er: „Vier Wochen vor der Wahl wird das wichtige Vorhaben der Bauordnungsnovelle von der SPD-Fraktion beerdigt. Das ist sehr bitter, weil wesentliche ökologische Punkte und auch die Baubeschleunigung durch Typenbaugenehmigungen jetzt nicht mehr zustande kommen. Die Begrünung von Dächern und Fassaden, die Kreislaufwirtschaft beim Bauabfall oder der Schutz von Gebäudebrütern kommen nun nicht in das Gesetz.“

Ebenso äußerte Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, sein Bedauern über den nun eintretenden Verzug von einem halben bis dreiviertel Jahr. „Ich habe aber alle Diskussionen so wahrgenommen, dass diese Arbeit nicht umsonst war, sondern die Themen vertragt sind.“  

Verbände: Bauen darf nicht immer teurer und schwieriger werden

Kritik an der Novelle kommt nicht nur aus den Bezirken. Bauen dürfe nicht immer teurer und schwieriger werden, fordern die Verbände der Bau- und Wohnungswirtschaft, darunter der Bauindustrieverband, der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), die Fachgemeinschaft Bau sowie die Industrie- und Handelskammer Berlin. Sie beanstanden unter anderem die vorgesehene Pflicht zum Begrünen von Dächern oder Fassaden, das Ausweiten der Barrierefreiheit von derzeit 50 auf dann 66 Prozent und die Vorgabe einer Nachrüstpflicht für Kaltwasserzähler im Bestand bis 2025.

Gründächer würden circa  20 bis 60 Euro pro Quadratmeter mehr kosten. Hinzu komme erhöhter Aufwand  für die Statik.  Mit einer Quote von 50 Prozent barrierefreien Wohnungen bei Neubauvorhaben gehört Berlin bereits jetzt zu den Spitzenreitern im Bund. Barrierefreie Wohnungen sind rund fünf bis zehn Prozent teurer im Bau und wegen der nötigen Bewegungsflächen auch circa zehn Prozent größer als Standardwohnungen. Rund 800.000 Mietwohnungen in Berlin müssten mit Kaltwasserzählern nachgerüstet werden.  Bei Kosten von rund 150 bis 200 Euro für den Einbau pro Wohnung läge die Summe bei rund 160 Millionen Euro.

Stabilisiert der Stopp der Bauordnungsnovelle die Branche?

Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau, hält den Stopp der Bauordnungsnovelle für ein richtiges Signal, um die Branche zu stabilisieren. „Damit in Berlin mehr der dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen gebaut werden können, darf das Baurecht und die öffentlichen Vergaben nicht stetig verkompliziert werden“, sagt sie und weist in diesem Zusammenhang auch auf Überschneidungen mit dem neuen Solargesetz hin, die Genehmigungsverfahren weiter verlängern würden. „Die Genehmigungsprozesse müssen in Berlin deutlich verkürzt werden. Allein das lange Warten auf eine Genehmigung nach Straßenrecht in Berlin bedeutet eine Verteuerung des Bauens um bis zu zehn Prozent.“

Dass es jetzt einen Aufschub gibt, wertet auch der BBU-Pressesprecher David Eberhart positiv: „Einige der mit der Novellierung vorgesehenen Regelungen hätten Bauen in Berlin weiter verzögert und verteuert. Insofern kann es sinnvoll sein, dass jetzt noch etwas Zeit für weitere Diskussionen gewonnen worden ist. Dabei stellt sich die höchst anspruchsvolle Aufgabe, die wichtigen und notwendigen Verbesserungen beim Klimaschutz mit der für bezahlbares Wohnen gebotenen Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen.“

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