Dresden: Stellungnahme zu eingestürzter Brücke veröffentlicht

Dresden: Stellungnahme zu eingestürzter Brücke veröffentlicht

Dresden: Stellungnahme zu eingestürzter Brücke veröffentlicht

In den vergangenen Wochen haben Presseberichte über angeblich durch die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Dresden ignorierte Gutachten zum Zustand der Carolabrücke vor dem Einsturz für Diskussionen gesorgt. Um die Vorwürfe zu überprüfen und die Diskussion damit zu versachlichen, hat das mit der Ursachenforschung des Teileinsturzes der Carolabrücke beauftragte unabhängige Büro von Prof. Steffen Marx im Auftrag von Oberbürgermeister Dirk Hilbert dazu eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben.

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In dem Schreiben, das an den Oberbürgermeister übermittelt wurde, informiert Prof. Steffen Marx auch über den aktuellen Stand der Ursachenforschung. Fazit: Die Ursache ist „sehr wahrscheinlich Spannungsrisskorrosion der Spannglieder“, die bereits beim Bau der Brücke initiiert wurde. Zum Zeitpunkt des Baus war diese Korrosionsart unbekannt. Zugleich zeigt nach heutiger Kenntnis der verwendete Spannstahl eine hohe Gefährdung für diese Korrosionsform. Die Überprüfung und Nachjustierung der Beurteilungsmethodik von Brücken mit ähnlicher Konstruktion und Bauzeit sind notwendig.

Einsturzursache hauptsächlich Spannungsrisskorrosion
In seinem Schreiben an Oberbürgermeister Dirk Hilbert betont Prof. Steffen Marx, dass sein Büro einer sehr großen Breite denkbarer Ursachen für den Einsturz der Carolabrücke nachgeht. Wörtlich heißt es: „Mittlerweile lässt sich die Hauptschadensursache sehr klar eingrenzen. Der Brückeneinsturz ist mit hoher Gewissheit auf ein Versagen des großen Kragarms über dem Pfeiler D zurückzuführen. Das Versagen des Querschnitts wurde sehr wahrscheinlich hauptsächlich durch so genannte Spannungsrisskorrosion der Spannglieder verursacht, welche bereits beim Bau der Brücke initiiert wurde und die sich dann über viele Jahre im Inneren der Brücke unsichtbar von außen und weitgehend unabhängig von oberflächlichen Schadensbildern vollzog. Die Spannungsrisskorrosion bei Spannstahl war zum Zeitpunkt des Baus unbekannt. Der verwendete Spannstahl zeigt jedoch nach heutiger Kenntnis eine außerordentlich hohe Gefährdung für diese Korrosionsform. Die einzige Möglichkeit, diesen Schädigungsprozess zu entdecken und sicher beurteilen zu können, ist die sogenannte Schallemissionsmessung. Deswegen wurde nach dem Einsturz von Brückenzug C eine Messanlage im noch stehenden Brückenzug A installiert. Eine Installation in Brückenzug B ist zeitnah geplant."

Zu den Chloridwerten und dem Zustand der Bewehrungsstähle schreibt der Professor der Technischen Universität Dresden einordnend: „Es ist zutreffend, dass an einzelnen Messstellen zum Teil stark erhöhte Chloridwerte gemessen wurden, welche die zulässigen Werte deutlich überschreiten. An den betroffenen Stellen wurden konzentrierte Schäden an der Betonstahlbewehrung festgestellt, die auf chloridinduzierte Korrosion zurückzuführen sind. Aus den Schäden an der Betonstahlbewehrung ist keine Aussage über den Zustand des für die Tragfähigkeit maßgebenden Spannstahls möglich. Diese Aussage wurde im Gutachten gar nicht getroffen. Die Spannbewehrung wurde nicht untersucht.“ 

Die in einem Zeitungsartikel genannte „Gelenkdurchbiegung” war nicht kritisch. Sie war bekannt, intensiv untersucht und wurde in der jüngeren Vergangenheit messtechnisch dauerüberwacht. Ebenso sei das Bauwerk fortlaufend bewertet und gepflegt worden. Die Spannungsrisskorrosion war damit jedoch nicht zu erkennen. Vor dem Hintergrund zieht Prof. Steffen Marx Lehren, die über die Carolabrücke weit hinausreichen: „Der Einsturz ohne Vorankündigung muss zu einer Überprüfung und Nachjustierung der Beurteilungsmethodik von Brücken mit ähnlicher Konstruktion und Bauzeit führen.“

Das Büro des Sachverständigen ist mit der Untersuchung der Ursachen des Einsturzes des Zuges C beauftragt. Im Rahmen dieser Ermittlung untersuchen die Experten alle möglichen Arbeitshypothesen und Ansätze. Die gutachterlichen Untersuchungen laufen derzeit auf Hochtouren, benötigen aber für einen Zwischenbericht noch bis Dezember.

Der Abbruch der ersten fünf Meter des in der Elbe waagerecht liegenden Teils am Altstädter Ufer erfolgte in der letzten Woche. Aktuell wird die Ufermauer für die weiteren Arbeiten abgebrochen. Aufgrund neuer Untersuchungen ist eine weitere Anpassung des Abbruchkonzeptes der in der Elbe liegenden Teile des Zuges C der Carolabrücke notwendig. In Fließrichtung der Elbe haben sich unter dem Brückenteil in der Elbe Auskolkungen (Auswaschungen) gebildet. Damit ist das Brückenteil nicht mehr stabil genug, um befahren zu werden. Auch wird angenommen, dass das Brückenteil beim Absturz beschädigt wurde und damit nicht mehr genug Stabilität für eine ursprünglich geplante Befahrung hat. 

Der neue Ansatz für den Abbruch sieht nun vor, neben dem Brückenzug C flussabwärts einen Damm als Baustraße aus großen Steinen aufzuschütten. Die Ufermauern werden dafür abgebrochen, um von dort aus eine Baustraße neben dem heruntergefallenen Teil zu errichten. Schüttmaterial dafür wird nächste Woche angeliefert. Auf der Baustraße kann dann ein Bagger eingesetzt werden. Dafür muss immer erst ein drei bis vier Meter langes Stück des Kragarmes (1) der Brücke abgebrochen werden. Dann kann in diesem Abschnitt der Damm aufgeschüttet werden. Dies wird schrittweise und immer abwechselnd ausgeführt. Ist der Damm fertig, wird rückwärts „vor Kopf", also von der Neustädter Seite aus in Richtung Altstädter Seite der Zug C abgebrochen. Auch hier werden abwechselnd immer etwa fünf Meter des Zuges C abgebrochen und der Damm zurückgebaut.
Die zwei schrägen Teile des Zuges C werden danach von der Neustädter Seite aus in Angriff genommen. Auch dafür ist eine extra Baustraße nötig. Diese Arbeiten werden erst im Januar 2025 beginnen können, weil die SachsenEnergie den Bereich weiter für die Verlegung der neuen Fernwärmeleitungen benötigt.