Der Arbeitskräftemangel auf der einen, der Wohnungsmangel auf der anderen Seite: Zwei Herausforderungen, die sich für Unternehmen zunehmend zur existenziellen Belastungsprobe entwickeln. Eine Lösung gewinnt in diesem Zusammenhang an Dynamik: Mitarbeiter- oder auch Werkswohnungen. Core Solutions, die Ypsilon Group und die Freiburger Stadtbau beschäftigen sich mit diesem Thema.
„Wir erleben derzeit eine Renaissance des Mitarbeiterwohnens – lange war das Thema kaum präsent, jetzt wird es von Unternehmen zunehmend wiederentdeckt“, sagt Michael Schäfer, Geschäftsführer der Ypsilon Group. Gemeinsam mit seinem Kollegen Ulrich Creydt berät er Unternehmen, die in den Wohnungsmarkt einsteigen wollen – sei es als Investoren oder als Nutzer. Dabei geht es längst nicht nur um Akademiker oder mobile Wissensarbeiter. „Im Fokus stehen ortsgebundene Mitarbeitende, etwa in Industrie, Pflege, Handwerk oder im Einzelhandel“, so Michael Schäfer. Gerade diese Zielgruppen sind auf bezahlbaren Wohnraum in Arbeitsplatznähe angewiesen. Doch geeignete Flächen und Objekte fehlen, insbesondere in Wachstumsregionen.
Die Ypsilon Group beleuchtet in ihrer Arbeit nicht nur ökonomische und bauliche Aspekte, sondern insbesondere steuerliche Fragen. „Oft sind die Vorteile von Mitarbeiterwohnungen weder auf Unternehmens- noch auf Arbeitnehmerseite ausreichend bekannt“, so Ulrich Creydt. Dabei gebe es unter bestimmten Voraussetzungen steuerliche Begünstigungen – beispielsweise wenn die Miete unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Gleichzeitig sei die Rechtslage komplex. Michael Schäfer fordert hier mehr Klarheit und politische Unterstützung: „Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie einfach verständliche und stabile Regelungen schafft, die Mitarbeiterwohnmodelle nicht erschweren, sondern gezielt fördern.“
Corporate Living Freiburg: Kommunale Wohnungswirtschaft als Lösungsanbieter
Wie kommunale Wohnungsunternehmen ihren Beitrag zur Fachkräftebindung leisten können, zeigt das Beispiel Freiburg. Die Freiburger Stadtbau GmbH hat mit dem Modell Corporate Living Freiburg eine Plattform geschaffen, die gezielt auf die Bedarfe von Arbeitgebern eingeht. „Wir ermöglichen es Unternehmen, über uns Wohnraum für ihre Mitarbeiter zu sichern, ohne selbst zum Vermieter werden zu müssen“, erklärt Dr. Matthias Müller, Kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtbau. Das Unternehmen realisiert derzeit mehrere Mehrfamilienhäuser, deren Wohneinheiten als Eigentumswohnungen an Unternehmen veräußert werden. Diese vermieten die Wohnungen anschließend an ihre Beschäftigten. Ergänzend zum schlüsselfertigen Wohnraum bietet die Freiburger Stadtbau ein umfassendes Servicepaket an, das unter anderem die Mietverwaltung und Hausmeisterleistungen einschließt. Aktuell befinden sich zwei Neubauprojekte im Vertrieb: 60 Eigentumswohnungen im „Carré Uffhauser Straße“ sowie 40 Einheiten im Quartier „Im Metzgergrün“ an der Bissierstraße. Zudem entsteht im Nordwesten der Stadt ein weiteres Wohnprojekt mit rund 89 Apartments, das künftig Platz für 145 Auszubildende bieten soll. „Wir beobachten, dass Unternehmen gezielt Wohnangebote als Teil attraktiver Gehaltsmodelle einsetzen, um Mitarbeiter zu gewinnen oder zu binden“, sagt Matthias Müller. Das sorge nicht nur für kürzere Arbeitswege und weniger Fluktuation, sondern verbessere auch das Arbeitgeberimage. „Wohnraum wird zum strategischen Erfolgsfaktor.“
Freiburg zählt zu den besonders betroffenen Städten – nicht nur aufgrund des anhaltenden Zuzugs, sondern auch wegen begrenzter Flächenreserven. Eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer unter Freiburger Unternehmen habe ergeben, dass über 55 Prozent der Befragten den Wohnungsmangel als erhebliches Standortrisiko sehen. „Er war der drittgrößte Risikofaktor überhaupt“, so Matthias Müller. Über die Hälfte der Unternehmen habe sich grundsätzlich bereit gezeigt, selbst in Wohnraum zu investieren. Mit dem Programm Corporate Living will die Stadtbau eine Brücke schlagen zwischen Wohnraumschaffung und Fachkräftebindung. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft verwaltet aktuell rund 10.000 Wohnungen, davon 1.000 Eigentumswohnungen. Zwischen 2021 und 2023 wurden 2.500 neue Wohneinheiten geschaffen – ein Viertel davon als Eigentumswohnungen, etwa 1.000 im geförderten Segment. Das Investitionsvolumen lag bei 750 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens liegt bei knapp 40 Prozent.
Finanzierungsmodelle: Immobilienleasing und Co.
Dass auch alternative Finanzierungsformen eine Rolle spielen können, erläutert Klaus Busch, Geschäftsführer von CoRE Solutions. Das Unternehmen setzt auf Immobilienleasingmodelle – mit wachsender Nachfrage. „Wir legen großen Wert auf die Bonität unserer Partner“, betont er. Gerade in Zeiten schwieriger Kreditvergabe könnten Leasingkonstruktionen Unternehmen den Zugang zu Wohnimmobilienprojekten erleichtern.
Die Vorteile solcher Modelle liegen laut Klaus Busch in der Flexibilität und der Risikostreuung: „Wir agieren über Projektentwicklungsgesellschaften, können Beteiligungsverhältnisse individuell strukturieren und bringen Erfahrung mit granulierter Risikosteuerung mit.“ Eine Herausforderung sei aktuell der Zugang zu Fremdkapital. Zwar sei die Bankfinanzierung die günstigste Kapitalquelle, aber angesichts gestiegener Anforderungen „nicht immer einfach zu bekommen“. In schwächeren Lagen – etwa in B-, C- oder D-Städten – steige die Eigenkapitalquote erheblich, was die Projekte teurer mache. Umso wichtiger sei ein stimmiges Gesamtpaket aus Standort, Bonität und Nutzungskonzept. „Mitarbeiterwohnungen rechnen sich – wenn man sie strategisch durchdenkt und passende Partner an der Seite hat“, fasst Klaus Busch zusammen. Auch Quersubventionierungen über Eigentumswohnungen seien ein gangbarer Weg. Grundsätzlich eignet sich Immobilienleasing ab einem Immobilienwert von etwa zehn Millionen Euro, für Mittelständler ab einem Jahresumsatz von etwa 100 Millionen Euro. „Immobilienleasing ist ein kreatives Instrument zur Realisierung von Mitarbeiterwohnen, besonders für Unternehmen ohne eigene Immobilienexpertise.“
Nach aktuellen Hochrechnungen des Institutes der deutschen Wirtschaft (IW Köln) existieren in Deutschland derzeit etwa 675.000 Wohnungen, die Unternehmen bereitstellen. Angesichts des bundesweiten Wohnungsbestandes von rund 43 Millionen entspricht das einem Anteil von lediglich 1,6 Prozent.
Hier geht es zum Podcast mit Core Solutions zum Thema Immobilienleasing