"Unternehmen investieren deutlich stärker in Arbeitsumfelder"

"Unternehmen investieren deutlich stärker in Arbeitsumfelder"

"Unternehmen investieren deutlich stärker in Arbeitsumfelder"
Quellen: Peter Weihs & Nigel Wright

Alexander Schweizer ist bei Nigel Wright für das Team am Standort Düsseldorf verantwortlich und rekrutiert hauptsächlich Positionen auf Senior Management und Executive Ebene. Ein Einblick in die derzeitige Standort- und Recruiting-Situation in der Immobilienbranche. 

Agentur

IMMOBILIEN AKTUELL (IA): Welche Standortfaktoren sind für Unternehmen der Konsumgüterindustrie aktuell entscheidend bei der Wahl neuer Unternehmensstandorte?

AS: Standortentscheidungen sind heute nicht mehr nur eine Frage von Logistik und Kosten, sondern eng mit der Personalstrategie verbunden. Logistik- und Produktionsstandorte müssen geografisch sinnvoll und kosteneffizient sein – häufig in strukturschwächeren Regionen. Für Funktionen wie Marketing, HR oder Management dagegen ist die Nähe zu Ballungszentren entscheidend, um Talente zu gewinnen.

IA: Worin unterscheidet sich die Wahl von Logistik- und Produktionsstandorten von der Entscheidung für zentrale Unternehmensfunktionen?

AS: Logistik und Produktion orientieren sich primär an Kosten. Für zentrale Funktionen sind dagegen Cluster-Effekte entscheidend – also die Nähe zu Hochschulen, Forschungseinrichtungen und spezialisierten Zulieferern. Hinzu kommt die Mitarbeiterperspektive: Lebensqualität, Wohnraum und Mobilität beeinflussen die Attraktivität eines Arbeitgebers unmittelbar. Viele Unternehmen wählen daher Hybridmodelle mit einem Headquarter in urbaner Lage und dezentralen Produktions- und Logistikstandorten. Förderprogramme und steuerliche Vorteile fließen ebenfalls in die Entscheidung ein.

IA: Wie verändert der Fachkräftemangel die Anforderungen an Gewerbeimmobilien – etwa in Bezug auf Arbeitsplatzgestaltung oder Lage?

AS: Unternehmen investieren deutlich stärker in hochwertige Arbeitsumfelder: helle Räume, Aufenthaltsbereiche und eine angenehme Atmosphäre. Beschäftigte wollen in der Regel nicht länger als 30 Minuten pendeln, weshalb die Erreichbarkeit von Standorten entscheidend wird. Gleichzeitig gewinnen flexible Grundrisse an Bedeutung, um auf Wachstum und neue Arbeitsweisen reagieren zu können. Auch Faktoren wie Luftqualität, Akustik oder Tageslicht zählen zunehmend. Zudem spielt die Mobilitätsinfrastruktur – Fahrradstellplätze, E-Ladestationen, ÖPNV – eine wichtige Rolle. In der Logistik reagieren Unternehmen mit Automatisierung oder der Auslagerung an spezialisierte Dienstleister. Immobilien werden damit Teil der Personalstrategie und nicht mehr nur Kostenfaktor.

IA: Welche Entwicklungen könnten langfristig Einfluss auf die Nachfrage nach Logistik- oder Produktionsflächen haben?

AS: Standortstrategien werden kleinteiliger. Neben großen Einheiten setzen viele Unternehmen auf kleinere Produktions- und Logistikeinheiten abseits der Metropolen – was die Koordination erschwert und die Personalgewinnung anspruchsvoller macht. Gleichzeitig steigt durch Nearshoring und Reshoring der Bedarf an Produktionsflächen in Europa. Im Logistikbereich wächst die Nachfrage nach urbanen Micro-Hubs für die letzte Meile. Multifunktionale Immobilien, die Lager, Showroom und Verwaltung kombinieren, werden gefragter, ebenso technologisch aufgerüstete Flächen mit IoT- und KI-Anbindung. Für Entwickler und Investoren eröffnet das neue Chancen – von regional verteilten Einheiten bis zu vernetzten, multifunktionalen Gebäuden.

IA: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei der Immobilienwahl?

AS: Eine zentrale. Regionale Standorte verkürzen Transportwege, reduzieren Emissionen und senken Kosten. Unternehmen bevorzugen Immobilien mit ESG-Zertifikaten wie DGNB, LEED oder BREEAM. Energieeffizienz – Photovoltaik, Wärmerückgewinnung, Begrünung – wird Standard, ebenso nachhaltige Bauweisen mit Holz oder Recyclingmaterialien. Für jüngere Generationen ist das Thema ein starkes Argument bei der Arbeitgeberwahl. Nachhaltige Immobilien zahlen damit direkt auf das Employer Branding ein und sichern Investoren langfristig stabile Nachfrage.