Bau-Turbo oder defekt für den Maschinenraum?

Bau-Turbo oder defekt für den Maschinenraum?

Bau-Turbo oder defekt für den Maschinenraum?
Quelle: Bru-nO / Pixabay

Die neue Bundesregierung hat verschiedene Änderungen für die Immobilienbranche auf den Weg gebracht. Ein Schritt in die richtige Richtung, Kritik gibt es trotzdem. IMMOBILIEN AKTUELL hat die wichtigsten Argumente zusammen gestellt. 

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„Die Kommunen stehen jetzt aber auch in der Verantwortung, die gewonnenen Freiräume wirtschaftlich angemessen und gesellschaftlich sinnvoll in Wohnraum umzusetzen“, sagt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Damit thematisiert er genau das, was den Bau-Turbo direkt zu einem lauen Lüftchen machen könnte. Oder wie Dirk Salewski, Präsident des BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), betont: „Politischen Willen in den Gemeinden vorausgesetzt, kann dabei etwas Gutes herauskommen. Diesen politischen Willen sehen wir aber nicht in allen Gemeinden, vor allem nicht in manchen Großstädten. Das ist der Hemmschuh: Wenn eine Kommune nicht bauen will, ändert das kein Bau-Turbo.“

Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) signalisierte gegenüber der Immobilien Zeitung, dass das Land stehe bereit. Die Flächen für mehr Wohnraum gebe es. Das Gesetz helfe, unnötige Schleifen in Planung und Genehmigung zu nehmen. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, versichert, dass die Städte „Bauen schneller ermöglichen“ – vor allem in Großstädten. Die Möglichkeit vom bisherigen Planungsrecht abweichen zu können findet seine Zustimmung, allerdings nur, wenn dieses Instrument „nur mit Zustimmung der Gemeinde eingesetzt“ werde. Um weitere Einschränkungen vorzulegen: „Es wird sich zeigen, ob die Zustimmungsfrist von zwei Monaten bei allen Vorhaben und an jedem Standort angemessen ist. Die Regelung des § 246e beschleunigt vor allem Vorhaben an Standorten, wo sich Bauwillige und Stadt schon verständigt haben, was, wie und in welcher Frist gebaut werden soll und wie hoch beispielsweise der Anteil von gefördertem Wohnungsbau sein soll. Wir begrüßen sehr, dass nunmehr im Gesetz klargestellt werden soll, dass diese Eckpunkte zwischen Bauwilligen und der Stadt in einem städtebaulichen Vertrag vereinbart werden können. Damit sich der neue Paragraf 246e für die Praxis gut eignet, kommt es noch auf Details an. Dazu werden wir unsere Expertise jetzt im Gesetzgebungsverfahren einbringen."

Die Sorge, dass die Auflagen für Bauherren steigen könnten, teilt Immobilien-Anwalt Mathias Hellriegel nicht, sagte er gegenüber der Immobilien Zeitung. Seine Klienten hätten kein Problem mit kooperativen Baulandmodellen. „Wenn Investoren schnelleres Baurecht wollen, müssen sie sich auch in die Pflicht begeben.“ Er sieht auch keine Gefahr aufziehen, dass die Qualität der Projekte leide: „Die Planungskultur wird ja nicht über Bord geworfen, Vorhabenträger müssen Gemeinden vielmehr mehr denn je von ihren Plänen überzeugen, um in den Genuss von den leichteren Regeln zu kommen.“
Der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) begrüßt den Bau-Turbo ausdrücklich als längst überfälligen Schritt. „Gerade für serielle Bauweisen bietet der Gesetzentwurf Erleichterungen und dringend benötigte Planungssicherheit“, so HDH-Hauptgeschäftsführer Denny Ohnesorge. Er lobt zudem die Flexibilisierung von Nachverdichtungen und Umnutzungen im urbanen Raum – etwa wenn Büroräume in Wohnungen umgewandelt werden sollen.

Immobilienexperte Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft gab gegenüber ZEIT Online zu Protokoll, dass das Ansinnen der Regierung ein „wichtiges Puzzleteil“ sei, aber nicht zu hohe Erwartungen daran geknüpft sein sollten. ZIA-Präsidentin Iris Schöberl erkennt die Bemühungen der Regierung an, fordert aber direkt einen Bau-Turbo 2. „Es gibt nach wie vor einen erheblichen Spielraum für weitere Entlastungen: Absenkung der Baustandards, Verbesserung der Finanzierungsbedingungen durch Überarbeitung der Programme der KfW und steuerliche Anreizmodelle sowie die Senkung der Grunderwerbssteuer. Dies alles sind zusätzliche, wirksame Instrumente, um den Bau von Wohnungen deutlich zu beschleunigen.“

Der Bau-Turbo auf der einen und die Bemühungen der Regierung die Verlängerung und Verschärfung der Mietpreisbremse durchzusetzen, vergleicht Dirk Wohltorf, Präsident des Immobilienverband Deutschland IVD, so: „Wer gleichzeitig aufs Gaspedal tritt und auf die Bremse, kommt nicht nur nicht voran, sondern macht das gesamte Getriebe kaputt. Genau das passiert mit der Wohnungsbau-Politik der Bundesregierung. Auf der einen Seite verspricht der Bau-Turbo mehr Tempo beim Wohnungsbau. Auf der anderen Seite streuen die Bauministerin und die Justizministerin mit ihrer geplanten Mietpreisbremse Sand ins Investitionsgetriebe.“ Er fordert auch eine höhere Bedeutung hinsichtlich des Erwerbes von Wohneigentum.