Baukrise, Büroboom und Bildungslücke – worüber Augsburg gerade spricht

Baukrise, Büroboom und Bildungslücke – worüber Augsburg gerade spricht

Baukrise, Büroboom und Bildungslücke – worüber Augsburg gerade spricht

Die elfte Auflage des A³ Immobilienkongresses hat deutlich gemacht: Während in vielen Regionen der Republik die Immobilienbranche über Stillstand klagt, bewegt sich in Augsburg einiges – wenn auch nicht alles reibungslos.

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Im Mittelpunkt des ganztägigen Kongresses – ausgerichtet von der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH – stehen die drängenden Herausforderungen des Wohnungsbaus, neue Perspektiven für Projektentwicklungen, ein nüchterner Blick auf den Büromarkt und ein bemerkenswerter Appell aus dem Bildungsbereich. Augsburg wächst. Und mit dem Wachstum steigt der Druck auf dem Wohnungsmarkt. Baureferent Steffen Kercher kann dafür gute Zahlen ankündigen: Bis 2026 wird Baurecht für rund 1.400 Wohneinheiten geschafft, in den Folgejahren rechnet er mit etwa 3.500 Wohneinheiten. „Wir haben in Augsburg sehr interessante Flächen, die sich umnutzen lassen. Ich gehe davon aus, dass wir trotz Wachstum nicht auf die grüne Wiese gehen müssen.“ Doch Baurecht allein reicht nicht. „Als Stadt nützt es uns nichts, es nützt uns nur die fertig gestellte Wohnung.“

Ein prominentes Beispiel für die Stadtentwicklung in Bayern stellt Steffen Keucher vor: das Zeuna-Stärker-Gelände im Stadtteil Oberhausen. Auf der Industriebrache entstehen bis zu 680 Wohnungen, etwa ein Drittel davon gefördert. Geplant sind zwei Kindertagesstätten, ein Nachbarschaftszentrum, hochwertige Architektur – und eine neue Promenade. Baurecht besteht seit April 2025, die Umsetzung liegt also in Reichweite. Auf der Homepage der Stadt heißt es dazu: „An diesem Standort soll ein neues, urbanes Stadtquartier primär für Wohnen mit ergänzenden Nutzungen (unter anderem Kreativquartier, Kindertagesstätten, Schulbedarfsflächen), sowie mit qualitativ hochwertigen öffentlichen und halböffentlichen Freiräumen (beispielsweise Hettenbachpromenade, Quartiersplatz) entstehen.“

„Macht keinen Sinn auf Kommunen einzuprügeln“

In seiner Keynote wirbt der Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke für Tempo, einfachere Förderprogramme und aktive Kommunen: „Es nützen alle Bemühungen nichts, wenn die Kommunen nicht mitmachen. Wir müssen sie an die Hand nehmen, damit sie sehen, dass sich der Bauturbo lohnt.“ Auch Gabriele Seidenspinner von Haus & Grund Augsburg ist sich sicher: „Es macht keinen Sinn, immer die Kommunen zu prügeln. Hier ist die Bundesregierung gefragt – auch um Motivation in die Runde zu bringen.“

Stephan Stracke sieht für die Immobilienbranche einen „ganz leichten Hoffnungsschimmer“, mahnt aber: „Von einer echten Trendwende sind wir noch entfernt.“ Die Zahlen untermauern das: Nach einem kräftigen Anstieg der Baugenehmigungen im Jahr 2023 ist deren Zahl 2024 wieder um 12,3 Prozent gesunken – auf 1.497 Einheiten. Benötigt werden laut Stadt rund 1.960 Wohnungen – jährlich bis 2040.

Büroflächen mit Licht und Schatten

Während der Wohnungsneubau ins Stocken gerät, tut sich auf dem Büromarkt in Augsburg einiges – allerdings nicht nur zum Guten. Laut Oliver Rohr von der bulwiengesa AG München ist „es am Büromarkt in Deutschland immer noch sehr bewölkt“. Für Augsburg erwartet er kurzfristig ein hohes Fertigstellungsvolumen, gleichzeitig steigt der Leerstand. Zwar seien keine signifikanten Verwerfungen zu beobachten, doch neue Büroflächen würden „nicht sofort absorbiert“. Immerhin: Die Nachfrage der öffentlichen Hand sei weiterhin hoch, während sich die Privatwirtschaft zurückhaltender zeige. Ein kurzer Exkurz zu den Einzelhandelsmieten in der bayerischen Stadt zeigt: Sie haben eine Bodenbildung erreicht. Mit etwa 18 Euro pro Quadratmeter und einer Leerstandsquote von rund vier Prozent steht der Markt vergleichsweise stabil da. Neue Gastronomiekonzepte sorgen für Dynamik.

Impulse für Projektentwicklungen

Ein weiteres Thema des Kongresses: Wie können neue Projektentwicklungen unter erschwerten Rahmenbedingungen überhaupt noch realisiert werden? David S. Christmann brachte es auf den Punkt: „Wir hatten alle die Hoffnung auf Lichtblicke in diesem Jahr, das hat sich bisher nicht eingestellt. Wir werden noch etwas Geduld brauchen. Momentan kaufen wir uns Zeit bei den finanzierenden Instituten, generieren Ideen, wie wir schneller und effizienter bauen können.“ Einen Ansatzpunkt sieht er im Holzbau – vorgefertigt, zeitsparend und effizient.

Transparenz und Vernetzung als Schlüssel

Stephan Deurer von Ecooffice, seit über vier Jahrzehnten im Immobilienmarkt aktiv, hebt die Rolle des Kongresses hervor: „Wir können Menschen und Investoren nur für Augsburg und die Region begeistern, wenn wir den Markt nach außen tragen. Dafür ist dieser Kongress eine ganz wichtige Säule, denn hier sind viele überregionale Player zu Gast. Transparenz ist enorm wichtig. Deshalb erstellen wir jedes Jahr einen Marktbericht, um genau das sicherzustellen.“

Bildung mit Milliardenbedarf

Einen bemerkenswerten Impuls liefert Mario Höll vom St. Ulrichswerk: „Das Thema Schulen hat noch nicht die nötige Aufmerksamkeit. Wir haben in den letzten Jahren im Bistum Augsburg 20 Schulen ertüchtigt, das ist ein Investment von mehr als 180 Millionen Euro.“ Der Sanierungsbedarf in Bayern betrage über zehn Milliarden Euro, allein in Augsburg etwa zwei Milliarden. Ein Thema, das angesichts der demografischen Entwicklung nicht länger am Rand behandelt werden könne, so Ulrich Höll.

Oliver Rohr hatte seine ganz eigene Zusammenfassung: „Der Wohnungsmangel bleibt jetzt erst einmal. Ich glaube an die Stadt, die Rahmendaten sehen gut aus. Bleiben Sie optimistisch, schlechter wird es nicht mehr werden.“

A³ Immobilien Award prämiert wegweisende Wohnkonzepte

Der A³ Immobilien Award wurde zum zweiten Mal verliehen – im Rahmen des A³ Immobilienkongresses – an Projekte, die mit innovativen und nachhaltigen Lösungen dem Thema bezahlbarer Wohnraum begegnen. In der Hauptkategorie überzeugte das Projekt Wir inHAUSer von cs-architektur und Nagels Architects: eine umfassende Sanierung und Aufstockung einer Wohnsiedlung aus den 1980er-Jahren in Salzburg mit Fokus auf ökologische Innovation, soziale Begleitung und ressourcenschonende Verdichtung. Die Jury lobte das Vorhaben als „Blaupause für die Zukunft“. Mit dem Nachwuchspreis wurde Rebekka Wandt geehrt. Ihre Masterarbeit Walk the Line entwickelt ein Stadtentwicklungskonzept für Kleinstädte entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Im Fokus: neue Wohnformen, nachhaltige Mobilität und gesellschaftlicher Zusammenhalt im ländlichen Raum. Die Preisgelder stifteten die Peter Wagner Immobilien AG (Hauptpreis) und das Büro SONNTAG (Nachwuchspreis).