Sein einjähriges Bestehen feierte die von Alexander Pauls gegründete PAULS Development & Consulting GmbH im Oktober 2024. Der Projektentwickler und ehemalige Restrukturierungsberater saniert Unternehmen und Projekte, die in Schieflage geraten sind.
IMMOBILIEN AKTUELL (IA): einer schwierigen Marktphase haben Sie sich für die Selbständigkeit entschieden. Wie kam es dazu?
Alexander Pauls (AP): Aufgrund der Entwicklungen bei meinem früheren Arbeitgeber, war es für mich an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen und das habe ich auch getan. Bevor ich Projektentwickler wurde, war ich als Sanierungs- und Restrukturierungsberater tätig. Scherzhaft habe ich in den letzten Jahren immer gesagt, dass ich in der nächsten Immobilienkrise in meinen alten Job zurückkehre, denn dort herrscht dann Hochkonjunktur. Bei der Entscheidung für die Selbstständigkeit lag es nahe, die Kompetenzen aus der Sanierung und der Projektentwicklung miteinander zu verknüpfen. Aus dem ursprünglichen Scherz wurde also Realität. Offensichtlich bin ich jedoch nicht der Einzige, der diesen Weg einschlägt. Man hat den Eindruck, dass auf einmal jeder Projektentwickler Sanierungsexperte ist. Allerdings haben die wenigsten tatsächliche praktische Erfahrung in diesem Bereich.
IA: Wie erklären Sie sich, dass Krisenlagen nur gewisse Unternehmen betreffen und sich andere scheinbar ordentlich durch die anspruchsvolle Marktlage manövrieren?
AP: Die „alten“ Projektkalkulationen gehen bei allen Projektentwicklern gleichermaßen nicht mehr auf und sind defizitär. Die Frage stellt sich nur, wie robust die Gesamtstruktur eines Unternehmens aufgestellt ist, sodass die Verluste verkraftet und die Overheadkosten weiter getragen werden können. Und hier gibt es große Unterschiede, denn Unternehmen mit verwandten oder gar branchenfremden Services und Produkten sowie eigenkapitalstarke Kapitalgeber wie Family Offices haben bessere Möglichkeiten, die Verluste aus der Projektentwicklung zu kompensieren. Wer sich also zur Risikodiversifizierung breit aufgestellt hat, zählt heute zu den Gewinnern. Im Übrigens muss mit dem weit verbreiteten Irrglauben aufgeräumt werden, dass die hohen Grundstückskaufpreise, die durch den zweifelsohne zuletzt überhitzen Markt entstanden sind, die Hauptursache der Krise sind. Dies ist zwar einer der Gründe, jedoch haben die stark gestiegenen Baukosten und das Einbrechen der Verkaufsfaktoren einen viel erheblicheren Einfluss auf die Developer-Rechnungen. Es gibt viele Kalkulationen, bei denen das Grundstück mit null Euro angesetzt werden könnte und dennoch kein positives Ergebnis zu erzielen wäre. Dies ist das eigentliche und weitaus dramatischere Thema, denn es zeigt, dass es ein ernsthaftes Problem im System gibt.
IA: Man sollte meinen, Insolvenzen müssten von allen Beteiligten eigentlich vermieden werden. Dennoch hat man den Eindruck, dass gewisse Stakeholder Projektentwickler an die Wand laufen lassen…
AP: Der Fokus der Stakeholder liegt in der Regel auf den Projekten und nicht auf den Projektentwicklern. Und bei den Projekten wird in den letzten Monaten zunehmend abgewogen, ob man die Projektgesellschaft in die Insolvenz gehen lässt oder versucht, diese insolvenzfrei zu halten. Denn es zeigt sich, dass eine Insolvenz meist kostenintensiver ist als eine insolvenzfreie Lösung und die üblichen Vorteile einer Insolvenz, z.B. sich von Personal oder unliebsamen Verträgen zu lösen, bei den Projektgesellschaften meist keine Rolle spielen. Der Projektentwickler, also die Holdingstruktur über den Projektgesellschaften, ist für die Stakeholder meist von sekundärer Bedeutung. Wenn dieser seine eigenen Overheadkosten nicht tragen kann, zeigt die Praxis, dass er meist in die Insolvenz geht. Und auch in der Insolvenz eines Projektentwicklers verlaufen die Dinge oft anders als in anderen Branchen. Denn in anderen Branchen sieht man sehr häufig „übertragende Sanierungen“, d.h. den Verkauf des Unternehmens aus der Insolvenz heraus, wohingegen bei Projektentwicklern in den meisten Fällen die Zerschlagung des Unternehmens erfolgt.
IA: Und was passiert dann mit den Projekten?
AP: Die Kapitalgeber halten sich zunächst in der Wartestellung und wollen Abschreibungen unbedingt vermeiden. Allerdings sind diese in zunehmenden Fällen unvermeidbar geworden und werden auch im nächsten Jahr die Kapitalgeber beschäftigen. Viele Probleme wurden vorerst durch die Prolongation der Darlehen und das Einstellen der Arbeiten gelöst, in der Hoffnung, dass sich der Markt bald wieder erholt. Die Finanzierer warten also auf einen wieder anlaufenden Markt, während der Markt auf eine Preiskorrektur bei den Projekten, also auf die Abschreibung, wartet. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Ich denke jedoch, dass wir im Jahr 2025 wieder mehr Bewegung sehen werden. Viele Projekte werden in den Verkauf gehen, weil es regulatorisch nicht mehr anders möglich ist, und andere Projekte werden aktiver fortgeführt werden. Begrüßenswert wäre auch, wenn sich die Kommunen stärker engagieren würden, sowohl bei städtebaulichen Landmarks als auch durch direkte Investitionen. Allerdings scheuen sie sich oft oder sind durch ihre Vorschriften gehemmt, abgesehen von der kommunalen Einkaufstour für innerstädtische Kaufhäuser.
IA: Kann man die Entscheidung „werfe gutes Geld dem Schlechten hinterher“ an irgendwelchen wiederkehrenden Kriterien festmachen?
AP: Zunächst ist dies natürlich immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit und der Einschätzung der Marktentwicklung. Aber es gibt in der Tat Situationen, in denen es für den Kapitalgeber sinnvoller ist, noch einmal Geld zu investieren, als bei anderen. Ein Beispiel hierfür sind Projekte, die sich im Bebauungsplanverfahren befinden. Sofern die Laufzeit nicht mehr allzu lang ist, kann man dort mit relativ überschaubaren Investitionen einen überdurchschnittlich hohen Mehrwert schaffen und hat beim Verkauf eine höhere Chance auf eine vollständige Rückführung des Kapitals. Ein weiteres Beispiel sind Projekte, die sich mitten im Bauprozess befinden. Hier ist nicht der zu erzielende Mehrerlös der Antrieb, sondern die Vermeidung noch größerer Verluste. Denn wenn eine Baustelle einmal monatelang stillsteht und der Bauunternehmer abspringt, verliert die bereits erbrachte Leistung massiv an Wert. Dies liegt an zurückzubauenden Bauteilen sowie an kaum zu bewältigenden Gewährleistungsschnittstellen, die den Preis im Verkauf stark belasten.
IA: Wie gehen Sie mit Konstellationen um, in denen die Holding in schwierige Fahrwasser geraten ist, einzelne Projektgesellschaften sich jedoch weiterhin als rentabel erweisen oder zumindest insolvenzfrei gehalten werden sollen?
AP: Hier empfiehlt sich ein Treuhand-Modell für die Projektgesellschaft in Kombination mit einer Interim-Geschäftsführung. Wir haben hierzu eine Kooperation mit einer anerkannten Wirtschaftskanzlei und einem erfahrenen Treuhänder geschlossen. Unsere Partner fungieren hierbei als Treuhänder während wir die operative Führung der Projektgesellschaft und gerne auch die Ausführung des Projekts übernehmen. Der Vorteil für die Kapitalgeber besteht darin, dass sie durch uns als neutrale Dritte sowohl Transparenz als auch die Kontrolle über ihre Sicherheit – das Projekt – erhalten. Insgesamt besteht unser Bestreben darin, Projekte nach Möglichkeit zu Ende zu führen – zum Wohle von Städten, Nutzern und Investoren.