Rico Kallies, Geschäftsführer von Bonava Deutschland, findet klare Worte für die Politik und erläutert, wie das Unternehmen selbst Veränderungen vorantreibt, um in der aktuellen Situation voranzukommen.
Rico Kallies ist seit Herbst 2025 Geschäftsführer von Bonava Deutschland. Seit fast drei Jahrzehnten im Unternehmen, kennt er die Branche von der Pike auf – von der Projektentwicklung bis zur Regionalleitung. Seine Einschätzung zur Lage des deutschen Wohnungsmarktes fällt klar aus: „Wohnen ist die einzige Assetklasse, der es aktuell gut geht.“ Trotz Zinswende, Baukostensteigerungen und Energiepreisrisiken blickt Bonava optimistisch in die Zukunft. „Wir sehen einen anhaltend hohen Bedarf bei gleichzeitig begrenztem Angebot. Diese Schere sorgt dafür, dass sich der Wohnungsbau langfristig trägt, wenn man bereit ist, effizient zu arbeiten und neue Wege zu gehen.“
An der politischen Umsetzung übt Rico Kallies deutliche Kritik: „Im Koalitionsvertrag wurde viel angekündigt, doch passiert ist bislang wenig. Der Gebäudetyp E ist ein guter Ansatz, doch nur ein Beispiel dafür, wo sich nichts bewegt, weil es Rechtssicherheit braucht und Genehmigungswillen.“ Der selbsternannte Bauturbo werde kurzfristig nicht helfen. „Die Bundesregierung ist mit großen Erwartungen gestartet, aber seitdem fehlt der Fortschritt. Das spürt man deutlich, auch in der Stimmung der Branche.“
Während die Politik stockt, versucht Bonava, die eigenen Stellschrauben zu justieren. „Wir helfen uns selbst: arbeiten effizienter, verschlanken Strukturen und agieren agiler. Das ist die Voraussetzung, um in diesem Umfeld bestehen zu können.“ Besonders im Ein- und Zweifamilienhausmarkt, der als besonders zinssensibel gilt, hat sich die Zahlungsbereitschaft der Käufer verändert. „Kunden kaufen heute Zimmer, keine Quadratmeter mehr“, sagt Rico Kallies. „Früher waren drei Zimmer mit 80 Quadratmetern üblich, heute reichen oft 70. Die Menschen machen Abstriche bei der Fläche oder Ausstattung, um sich den Kauf leisten zu können.“ Diese Entwicklung sieht er als Chance: „Wenn wir die Flächen effizienter planen, bleibt der Preis im bezahlbaren Rahmen. Der größte Hebel ist die Reduzierung der Fläche – und darin liegt eine der wichtigsten Antworten auf die aktuelle Marktlage.“
Gestiegenes Interesse bei institutionellen Investoren
2024 war für Bonava ein Jahr der Stabilisierung. Rund 1.400 Wohneinheiten wurden an Einzelkunden und institutionelle Investoren verkauft, verteilt auf fünf Regionen mit etwa 40 laufenden Projekten. „Wir sehen deutlich mehr Bewegung im Investorengeschäft“, so Rico Kallies. „Investoren kommen zurück – deutlich dynamischer als im Vorjahr.“ Geförderter Wohnraum spielt bei Bonava auch weiterhin eine Rolle, das Unternehmen bleibt aber auch im freien Segment aktiv. „Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind für uns selbstverständlich, ESG-Normen werden umgesetzt, müssen aber bezahlbar bleiben.“
Auch in der Grundstücksakquise ist Bewegung. „Wir sind wieder aktiver, kaufen seit etwa einem Jahr gezielt in guten Wohnlagen – etwa in Köln, Berlin-Buch oder Hoppegarten sowie in Wiesloch bei Heidelberg oder Ludwigsburg bei Stuttgart. Auch die Konkurrenz kehrt langsam zurück, und der Wettbewerb um Flächen nimmt wieder zu.“ Gleichzeitig setzt Bonava stärker auf zentrale Lagen, um kürzere Wege und eine gute Anbindung zu schaffen. Die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Individualität bleibt dabei entscheidend. „Seit 30 Jahren mit planen wir modular und bauen seriell. Der Kunde hat trotzdem Gestaltungsspielraum, aber in einem klar definierten Rahmen. Hochwertige Ausstattung ist möglich, aber an der Hülle ändert sich nichts. Das ist der Kompromiss zwischen Effizienz und Individualität.“
Dass viele Bauträger ihre Pipeline zurückgefahren haben, sieht Rico Kallies als temporäre Phase. „Die Branche hat sich sortiert, und jetzt kehrt wieder Bewegung ein. Wir finden wieder Grundstücke, Projekte werden fortgeführt, der Markt stabilisiert sich.“ Für Bonava steht längst fest: Wandel lässt sich nicht abwarten, er muss gestaltet werden. „Wir werden als Branche nicht darauf warten können, dass die Politik Tempo macht. Deshalb treiben wir Veränderungen selbst voran – durch effiziente Prozesse, verlässliche Übergaben und pragmatische Planung. Das ist unser eigener Bauturbo.“ Zudem haben Kunden wie auch Verwaltungen in den vergangenen Jahren Vertrauen aufgebaut: „Wir haben während der Pandemie und auch in der Hochzinsphase bis heute weiter gebaut, haben pünktlich übergeben. Auch das hilft uns jetzt.“


