Das anteilige Transaktionsvolumen ist im Vergleich zu Core- und Core-Plus-Investments von 24 Prozent im Jahr 2022 auf 32 Prozent im Jahr 2024 gestiegen. HIH Invest Real Estate, die Barton Group sowie Hauck Aufhäuser Lampe verfolgen in diesem Segment verschiedene Strategien.
Value Add kommt: Das gilt auch für Büroimmobilien, die seit 2024 ein Comeback erleben und nach Preiskorrekturen aktuell mit einem Anteil von über 30 Prozent am Transaktionsvolumen wieder die beliebteste Nutzungsklasse darstellen. Es folgen Logistik- und Einzelhandelsimmobilien. „Seit der Zinswende 2023 beobachten wir einen relativen Bedeutungsgewinn von Value-Add-Investments im Vergleich zu Core- und Core-Plus-Investments“, sagt Michael R. Baumann, Head of Capital Markets Germany bei Colliers. Über die Hälfte aller aktuellen Deals bewegen sich mittlerweile in dieser Risikoklasse. Dabei sei ein klarer Trend erkennbar: weg von den klassischen A-Städten hin zu mittelgroßen und dynamisch wachsenden Standorten. Wohnimmobilien bleiben unter Druck, ziehen jedoch Kapital an, das sich auf stabile Cashflows und sozialpolitisch tragfähige Investments fokussiert. Für Michael R. Baumann die Assetklasse mit dem größten Potenzial.
Lars Bothe, Head of Value Add Investments bei HIH Invest Real Estate, sieht gerade in der Vielfalt des Marktes Potenzial: „Noch vor zehn Jahren war Value Add für viele kein Thema – heute nutzen wir gezielt die Marktphase, um mit internationalem Geld neue Kapitalquellen zu erschließen.“ Waren früher Büroimmobilien im Fokus, setzt HIH verstärkt auf Projekte in den Bereichen Wohnen, Logistik und Mixed Use. Im Residential-Segment sind das zwei Bereiche: „Großvolumige Projektentwicklungen bieten spannende Opportunitäten mit einem starken Blick auf Core. Wir können sehr gut einschätzen, was funktioniert, Liquiditätslücken der Projektentwickler nutzen mit einem gut verzinsten Risiko. Im Bestand sind es eher Objekte älteren Baujahres, oft von Eigentümern, die nicht investieren wollen.“
Zudem bringe die HIH Asset-Management-Kompetenz, Marktkenntnis und ein institutionelles Netzwerk ein – etwa in Kooperation mit internationalen Partnern wie der Partners Group oder dem internationalen Private-Equity-Investor Nrep (Nordic Real Estate Partners). „Dabei entstehen beispielsweise wie beim CityHub Leipzig zukunftsfähige und flexible Logistik-Assets, wo wir mit der Partners Group ein ehemals monostrukturiertes Versandzentrum vollständig repositionieren und um zwei Neubauten erweitern. Daneben verfolgen wir Opportunitäten im Entwicklungsbereich, wo wir gerade ein Projekt im Ruhrgebiet erwerben konnten“, so Lars Bothe. In Summe versteht er den Value-Add-Ansatz der HIH Invest als antizyklische Positionierung mit mittel- bis langfristigem Horizont.
Dominik Barton, CEO der Barton Group, ist seit über 35 Jahren im Geschäft – und hat den Fokus auf die sogenannten Schwarmstädte und prosperierenden B- und C-Lagen gelegt. In Dormagen oder Schwarzbeck findet sein Team regelmäßig undermanagte Immobilien, die durch aktives Management und Neuaufstellung wieder wirtschaftlich tragfähig werden. Derzeit sei die Zurückhaltung bei Anlegern zwar spürbar, aber die große Unsicherheit des vergangenen Jahres habe sich etwas gelegt. „Zu der Verunsicherung tragen unserer Einschätzung nach die geopolitischen und derzeitigen konjunkturellen Entwicklungen bei. In den kommenden Monaten erwarten wir aber eine gewisse Stabilisierung mit einhergehender positiver Weiterentwicklung der Marktlage und damit eine bessere Planbarkeit für Investoren. Gerade im Bereich Wohnen sehen wir in Deutschland einen gewissen konstanten Nachfrageaufschwung, sowohl auf der Vermietungsebene als auch auf der Transaktionsseite. Die Zeiten, in denen Immobilien angekauft und ‚gehalten‘ werden, bis sie zu einem Vielfachen des Kaufpreises wieder veräußert werden können, sind vorbei und werden nicht so bald wiederkehren. Immobilienwerte können nur gehoben werden, wenn ‚handwerklich‘ saubere Arbeit geleistet wird.“ Renditen von vier Prozent plus seien nicht immer realistisch. „Aber wer auf der Risikoleiter weiter nach oben klettert und Projekte voll durchentwickelt, kann attraktive Renditen erzielen.“ Die Strategie der Barton Group bleibt dabei konstant: 15 Prozent Neubau, 75 Prozent Bestandsinvestitionen – mit Fokus auf Substanz und Entwicklungsperspektive.
Eine andere Perspektive bringt Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei Hauck Aufhäuser Lampe, ein. Die traditionsreiche Privatbank hat seit 2019 einen eigenen Asset Management-Arm aufgebaut, um aktives Immobilienmanagement selbst umzusetzen – auch im Value Add-Bereich. „Mit unserem Ansatz einer ‚Managed-to-Core‘-Strategie im Bereich Lebensmitteleinzelhandel verfolgen wir das Ziel, risikoadjustierte Renditen zu erwirtschaften, ohne dabei auf Substanz oder ESG-Konformität zu verzichten.“ Besonders im Einzelhandelssegment konnten beispielsweise ehemalige Real-Märkte erfolgreich repositioniert werden – von reinen SB-Warenhäusern zu modernen Vollversorgern oder Mixed-Use-Konzepten. „Diese Immobilien sind nicht hochkomplex, aber sie bieten ein enormes Wertschöpfungspotenzial“, erklärt Patrick Brinker. Auch ESG-Kriterien lassen sich hier mit überschaubarem Aufwand integrieren. Zudem setzt Hauck Aufhäuser Lampe mit einem neuen Fonds auf Gesundheitsimmobilien mit Value Add-Komponenten – darunter Ärztehäuser und Gesundheitszentren. 20 Prozent des Fondsvolumens wird in Value-Add-Objekte investiert „Wir sehen zunehmend Opportunitäten im Bestand, aber auch bei Revitalisierungen und Neubauentwicklungen, die wir in unsere Strategie integrieren“, so Patrick Brinker. „Wir streben Cash-on-Cash-Renditen von über 4,75 Prozent an. Dabei geht es nicht nur um Performance, sondern auch um Widerstandsfähigkeit – und um Investitionen mit gesellschaftlichem Mehrwert, etwa durch eine bessere ambulante Gesundheitsversorgung.“
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