„Brandenburg ist weit mehr als nur der Speck für Berlin“

„Brandenburg ist weit mehr als nur der Speck für Berlin“

„Brandenburg ist weit mehr als nur der Speck für Berlin“
Unter dem Titel "Wie wirken große Unternehmen als Lokomotive für Mittelstand und KMU?" stand eine der Diskussionen. Quelle: Ivette Wagner

Der Wirtschafts- und Standortkongress SO25 setzte ein starkes Zeichen: Brandenburg-Südost definiert sich neu. Zwischen Flughafen BER, Tesla und mittelständischen Betrieben entsteht ein eigenständiger Raum mit enormem Potenzial. Besonders die Immobilienwirtschaft steht im Mittelpunkt – denn sie schafft die Hüllen für Wohnen, Arbeiten und Innovation.

 

Agentur

Lange galt der Begriff „Speckgürtel“ als schnelle Beschreibung für das Umland Berlins. Doch dieser Begriff greift zu kurz. „Wir sollten den Begriff Speckgürtel direkt über Bord werfen. Brandenburg ist weit mehr als nur der Speck für Berlin“, stellte Journalist und Keynote-Speaker Nikolaus Bernau beim Kongress SO25 klar. Die Region entwickelt sich zu einem eigenständigen Wirtschafts- und Lebensraum, der mehr ist als eine Ergänzung der Hauptstadt. Die Landkreise Dahme-Spreewald, Oder-Spree und Teltow-Fläming haben mit SO25 ein neues Format geschaffen, das dem Rechnung trägt und Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft zusammenführt. Die Botschaft: Vernetzung ist der Schlüssel für eine gemeinsame Entwicklung.

Wachstumstreiber BER und Tesla

Kaum eine Region in Deutschland erlebt derzeit solch eine Dynamik wie Brandenburg-Südost. Der Flughafen BER ist längst mehr als nur ein Verkehrsknotenpunkt. Er ist Arbeitgeber für rund 20.000 Menschen. „Die Effekte eines Flughafen-Betriebes für die Gegend drum herum sind mehr als relevant“, so Aletta von Massenbach, CEO der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH. „Allerdings limitieren uns die Rahmenbedingungen. Das ist sehr bitter, vor allem da wir intern alles machen, was wir tun können.“

Genauso prägend ist der Einfluss der Tesla Gigafactory. Mit 11.000 Beschäftigten ist sie der größte Ausbildungsbetrieb der Region und zieht ein Ökosystem aus Zulieferern, Start-ups und Forschungseinrichtungen an. „Im Idealfall schaffen wir hier ein E-Mobil-Hub und für erneuerbare Energien, dann wachsen wir gemeinsam weiter“, erklärt André Thierig, Werksleiter Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg. Diese beiden Giganten wirken als Lokomotiven für Mittelstand und Gewerbe.

Wohnraumbedarf und Infrastruktur

Immobilien sind dabei eine verbindende Infrastruktur – von Werkshallen über Büros bis zu Wohnquartieren. Besonders die Gemeinde Schönefeld verdeutlicht die Wucht der Entwicklung. Bürgermeister Christian Hentschel spricht von der „spannendsten Kommune Deutschlands“. Allein hier entstehen mittelfristig 6.900 Wohnungen für über 20.000 Menschen. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei nur 39,7 Jahren – ein klarer Indikator für eine junge, wachsende Region.

Doch der Zuzug fordert seinen Preis: Investitionen von über 441 Millionen Euro in Infrastruktur sind notwendig, von Schulen bis zum Verkehr. Schnelligkeit ist gefragt. „Wir müssen beim Ausbau der Infrastruktur deutlich schneller werden“, mahnte Sven Herzberger, Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald.

Gewerbeimmobilien zwischen Chance und Herausforderung

Im Panel zur Immobilienwirtschaft wurden die Gegensätze deutlich. Rund um den Flughafen BER liegt die Leerstandsquote für Büros bei 18,3 Prozent, die Spitzenmiete bei 21 Euro pro Quadratmeter. Während Berlin mit hohen Mieten kämpft, bietet die Region Chancen für preisbewusste Nutzer. „Wir sehen viele Incentives bei Mietverhandlungen“, erklärt Anja Schuhmann von Jones Lang LaSalle.

Auch der Logistikmarkt ist in Bewegung: Fast eine Million Quadratmeter sind im Bau oder stehen leer. Gleichzeitig wächst die Nachfrage, befeuert durch E-Commerce, Nearshoring und die Nähe zu den Berliner Absatzmärkten. Die Herausforderung liegt darin, die Flächen klug zu vermarkten und langfristig wertschöpfend zu entwickeln.

Wohnen bleibt Engpass

Parallel zur Gewerbeentwicklung zeigt sich ein klarer Nachfrageüberhang im Wohnbereich. Während Büroflächen noch in ausreichender Zahl vorhanden sind, fehlen Wohnungen für die schnell wachsende Bevölkerung. „Wir haben noch ein paar Schätze, die wir heben können“, sagt Michaela Wiezorek, Bürgermeisterin von Königs Wusterhausen. Und meint das nicht nur auf den Wohnungsmarkt bezogen.

Für Entwickler eröffnen sich hier Chancen – vorausgesetzt, die Planungsprozesse werden beschleunigt. Überregulierung und Schwerfälligkeit drohen wie fast überall in Deutschland, die Dynamik auszubremsen.

Kooperation als Erfolgsfaktor

Ein zentrales Thema des Kongresses ist die Zusammenarbeit. „Wir haben hier eine Vernetzung von Wirtschaftsförderungen, wir nehmen uns nichts weg, wir arbeiten zusammen“, betonte Dr. Steffen Kammradt, Sprecher der Geschäftsführung WFBB Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH. Für mittelständische Unternehmen bleibt die Immobilienfrage ebenfalls entscheidend. Produktions- und Büroflächen sind Standortfaktoren, die über Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum entscheiden. „Der Mittelstand sorgt für Identität. Wir vergessen auch nicht, dass wir soziale Verantwortung haben“, betont Lars Lehmann vom Beton- und Fertigteilwerk Klaus Köhler. Frank Steffen, Landrat des Landkreis Oder-Spree, formuliert dazu: „Wenn alle es wollen, dann funktioniert es auch.“