„Es ist in Berlin einfacher einen Job zu finden als eine Wohnung“

„Es ist in Berlin einfacher einen Job zu finden als eine Wohnung“

„Es ist in Berlin einfacher einen Job zu finden als eine Wohnung“

Der Berliner Immobilientag war weniger Stimmungsbarometer als Brennglas. Die Runde legte offen, wo Berlin steht: zwischen politischem Willen, administrativen Engpässen, einer bevorstehenden Wahl und einem Markt, der längst nicht mehr überall funktioniert.

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Im Kern drehte sich die Diskussion um drei Themen: Zeit, Kapazitäten und Konsequenzen. Saidah Bojens, Niederlassungsleitung Berlin und Sachsen bei Instone Real Estate Development, brachte es auf den Punkt: „Zeit ist der zentrale Hebel für uns, denn sie hat wirtschaftlich eine enorme Bedeutung. Also müssen die Zeitschienen sehr solide geplant werden.“ Sie beschrieb Bezirke, in denen die Besetzung offener Stellen tatsächlich Prozesse beschleunigt, und andere, in denen selbst der Wille hin zum Bauturbo nicht da ist. Gespräche würden derzeit starten mit der Feststellung: ‚Das müssten wir vor der Wahl noch hinbekommen.‘ Allein schon daran wird klar, wie sehr sich die Senatswahl 2026 in den Fokus schiebt. „Wir haben sehr viel Skepsis im Markt, noch mehr davon können wir eigentlich nicht gebrauchen“, so Saidah Bojens.

„Es ist in Berlin einfacher einen Job zu finden als eine Wohnung. Das ist ein standortschädlicher Umstand“, sagte Sebastian Blecke, COO der GSG Berlin. Das Thema Wohnen ist der Brennpunkt in der Hauptstadt, die schon so viele Zyklen erlebt habe. Die GSG ist ein Traditionsunternehmen, stellte beispielsweise in diesem Jahr die Neubauten FRAMEZ & Julius fertig, hat an rund 40 Standorten insgesamt etwa eine Million Quadratmeter Gewerbeflächen. „Wir kommen aus einer Zeit, in der es keine Incentives gab und haben momentan ein sehr indifferentes Bild in unserem Portfolio“, so Sebastian Blecke. Erstaunlich: Außerhalb des S-Bahn-Ringes sei nahezu alles vermietet, im Zentrum werde es immer schwieriger, die Unterschiede zwischen den Lagen seien heute gravierender. Und zwischen den Bezirken ebenso: manche bekennen sich ausdrücklich zum Bauturbo, andere lassen ihn „nicht zur politischen Agenda passen“.

Parallel dazu ging es um die Frage, was Regulierung und administrative Realität mit der Branche machen. Sascha Nöske, CEO der STRATEGIS AG, kritisierte die Überfrachtung der Prozesse: „Wir haben uns maximal verzettelt in Deutschland mit den ganzen Regularien und Vorschriften.“ Einen schnellen Abbau hält er kaum für möglich. Gleichzeitig werde die Branche von einer massiven Nachfrage getrieben: Im aktuellen Vermietungsjahr wurden in seinem Unternehmen bislang rund 35.000 Anfragen verzeichnet. Der Großteil stammt über ImmoScout, gefolgt von der eigenen Website www.strategis.de. Der damit verbundene Workload umfasst etwa 300.000 Aktivitäten, von der E-Mail über Besichtigungen bis zum Vertragsabschluss. Insgesamt wurden mehr als 27.000 Quadratmeter Wohnfläche vermietet und eine Jahresnettokaltmiete von rund 7.600.000 Euro erzielt. Dazu komme eine gesetzliche und gesellschaftliche Erwartungshaltung, die nur mit echten Spitzenleistungen zu erfüllen sei. Sein Befund: Ansätze für Beschleunigung seien vorhanden, doch Berlin arbeite „mit einem Bauturbo, der einen Bremsschirm“ habe.

Auch Olaf Claessen, Geschäftsführung von Montibus Asset Management, beschrieb eine Branche, die ihren Alltag neu justieren muss. Flächen zu vermieten reiche nicht mehr, Asset Manager müssten zunehmend operative Herausforderungen lösen. Noch gebe es keinen dramatischen Leerstand, aber die Arbeitsweise im Management sei eine völlig andere als vor wenigen Jahren. David Fischer, Geschäftsführung WvM Berlin, ordnete das geplante Schnell-Bauen-Gesetz ein: ein Anfang, aber keinesfalls der große Wurf. Er spüre klaren Willen in Teilen der Verwaltung, doch bleibe das Problem der begrenzten Kapazitäten ungelöst. Der Bauturbo funktioniere nur, wenn die Strukturen mithalten können – kein ‚Ramboprodukt‘, sondern ein Instrument, das tägliches Arbeiten voraussetzt.

An den strukturellen Potenzialen der Stadt ließ Thomas Heidelberger, Geschäftsführung der REIC-Gruppe, keinen Zweifel: „Berlin verfügt über ausreichend Bauland.“ Tegel, Pankow, Wannsee – Flächen, die längst als Entwicklungsstandorte ausgerufen wurden. Dass dort dennoch kaum gebaut werde, liege nicht an fehlenden Möglichkeiten. Gesetze änderten wenig, wenn die personellen Ressourcen unverändert blieben. Zudem erwartet er Druck auf Bestandsunternehmen: Banken würden ESG weiter verschärfen, 2026 könnten vermehrt Insolvenzen auftreten.

Lars Stillmann, Niederlassungsleiter Berlin bei Ten Brinke, ergänzte die Marktperspektive: stabilisiert, aber auf niedrigem Niveau. Vor allem die Grundstückspreise sind bei den Projektentwicklern immer wieder ein Thema. „Viele Grundstücke sind vor Jahren zu teuer gekauft worden. Nun wollen Eigentümer und auch die Finanzierer keine Preisabschläge hinnehmen. Also werden sie nicht verkauft.“  Gleichzeitig sinke die Anzahl der Bauunternehmen, wodurch trotz geringerer Nachfrage keine signifikanten Preisreduktionen entstünden. Beim Gebäudetyp E sieht er große Zurückhaltung bei Investoren, auch wegen der Unsicherheit in der Bewertung.

Damit schließt sich der Kreis: Zeit als knappste Ressource, Bezirke als entscheidender Faktor, eine Branche, die zwischen Willen und Wirklichkeit arbeitet. Ein Berlin, das enorme Potenziale hat, aber im operativen Alltag immer wieder an denselben Engpässen scheitert.