Bei der crenet Jahreskonferenz stehen die aktuellen Veränderungen und Herausforderungen im Mittelpunkt. Mit dem Frankfurter Westside steht ein Beispiel-Projekt im Mittelpunkt.
Vier Achsen, 70 Gebäude, 1,3 Milliarden Euro Investitionsvolumen – was sich liest wie die Vision einer Metropole, ist eines der ambitioniertsten Quartiersprojekte Deutschlands: FRANKFURT WESTSIDE. Auf dem ehemaligen Clariant-Areal im Westen Frankfurts entsteht unter der Leitung der BEOS AG, einer Tochter von Swiss Life Asset Managers, ein neuer Stadtbaustein mit industrieller Geschichte und zukunftsweisender Funktionalität. Diese außergewöhnliche Entwicklung stellte einen Programmpunkt bei der Jahreskonferenz von crenet dar.
Dort, wo früher Industrieproduktion das Bild prägte, wächst nun ein Stadtquartier heran, das Produktion, Technologie, Innovation und Kreativwirtschaft miteinander vernetzt. Der Maßstab – über 70 Hektar, das entspricht rund 102 Fußballfeldern – wird nicht versteckt, sondern bewusst in Szene gesetzt. FRANKFURT WESTSIDE ist im besten Sinne „brutal unterwegs im städtischen Gefüge“, wie es Mathias Strauch, stellvertretender Niederlassungsleiter Rhein-Main bei der BEOS AG, formuliert. Die Entwicklung des Brownfield-Areals begann 2020 mit dem Pre-Development. Die Rückbauarbeiten werden in diesem Jahr abgeschlossen sein, der Baustart ist für 2026 vorgesehen. Die vollständige Umsetzung des neuen Stadtquartiers soll im Zeitraum 2035 bis 2040 erfolgen.
Was das FRANKFURT WESTSIDE besonders macht: Es soll weder ein Rechenzentrum noch ein Logistikpark werden. Das Areal steht für den Anspruch, urbane Produktionsformen mit technologischer Entwicklung, kreativwirtschaftlicher Nutzung und innovativen Konzepten zu verbinden. Diese vier Nutzungsachsen sind nicht isoliert, sondern stehen in direktem Bezug zueinander – räumlich, funktional und ideell. Im Zentrum des Projektes steht die Transformation eines ehemaligen Industrieparks in einen neuen Arbeits- und Lebensraum für 4.000 bis 6.000 Beschäftigte. Über 70 Gebäude sind geplant, die sich flexibel an unterschiedliche Nutzerbedarfe anpassen lassen. Schon jetzt hat das Quartier ein DGNB-Vorzertifikat auf Platin-Niveau erhalten – ein Beleg für die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele des Projektes. Genutzt wird das Gelände auch heute schon: Seit drei Jahren finden auf dem Areal Zwischennutzungen wie Konzerte und Filmvorführungen statt – ein Vorgeschmack auf das, was dieses neue Quartier leisten kann: Verbindung schaffen zwischen Stadt und Industriegeschichte, zwischen Vision und konkretem Nutzen.
Transformation ist nicht das Problem
Damit passte das FRANKFURT WESTSIDE zum Titel der Jahreskonferenz von crenet: „Transformation ist nicht das Problem – es ist die Lösung!“ Hendrik Staiger, Vorstandsvorsitzender des crenet e.?V., wies auf die zunehmende Dynamik und Komplexität gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen hin und appellierte, diese nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen. „Wir stehen vor einem tiefgreifenden Wandel. Geschwindigkeit und Zuspitzung nehmen zu – umso wichtiger ist es, dass wir gemeinsam Lösungen entwickeln.“ Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheiten plädierte Hendrik Staiger für ein stärkeres Miteinander statt eines Gegeneinanders: „Nur im Schulterschluss – interdisziplinär, sachlich und unideologisch – können wir Betriebsimmobilien zukunftsfähig gestalten.“
Frankfurt als eine Stadt der Transformation – mit vielen Perspektiven zur Entwicklung urbaner Räume. Die Spannungen zwischen wirtschaftlichem Wachstum, gesellschaftlicher Akzeptanz und planerischer Realität auch hier der relevante Dreiklang. Bernhard Grieb, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH, beschrieb den Druck, unter dem besonders kleine und mittlere Unternehmen stehen: „Es gibt heute kaum noch ein Thema ohne Widerstand – egal ob es um Flächennutzung, Genehmigungen oder Investitionen geht. Es sind einfach viele Herausforderungen, wir sind in einer Dauer-Transformation.“ Dies machte er am Beispiel Online-Handel deutlich sowie an Nachfolgeregelungen in kleinen & mittelständischen Betrieben oder an der Problematik fehlender Arbeitskräfte.
Stefan Kornmann, Stadtplaner und Partner bei AS+P Albert Speer + Partner, zeichnete ein Bild von Frankfurt als Labor der Transformation. Vom Flughafen über den Stadtraum Main bis hin zur Entwicklung eines Hochhausleitbildes: „In Frankfurt haben wir stadtplanerisch fast alles durchgespielt, was Transformation bedeuten kann.“ Die Skyline sei dabei mehr als Symbol – sie ermögliche städtebauliche Verdichtung, Nachhaltigkeit und Resilienz. Doch Stefan Kornmann erinnerte auch an die strukturelle Trägheit: „Die meisten Gebäude stehen schon seit Jahrzehnten. Veränderung in Städten dauert – besonders, wenn es um monolithische Areale mit Monofunktionen geht.“ Carsten Schneider, VP & Managing Director Germany bei CyrusOne, ist Experte für Rechenzentren, hat mit 3,4 Milliarden Euro drei solcher Projekte im Raum Frankfurt zu betreuen. Er beschrieb, wie physikalische Grenzen bei der Gleichzeitigkeit digitaler Prozesse in Rechenzentren zum planerischen Faktor werden – und stellte klar: „Frankfurt hat einen der besten Internetknoten weltweit.“
Der Inbegriff von Transformation ist immer noch Künstliche Intelligenz. „Sie ist kein Gesetzesentwurf, der durch Bundestag oder Kongress muss. Sie ist eure Entscheidung.“: Mit dieser klaren Botschaft eröffnete Michael Aechtler seine Keynote, die ein Appell an Selbstverantwortung, Neugier und Mut zur Veränderung war. Die Zukunft, so der CEO & Founder der Gamechangerz, werde nicht einfach „kommen“. Sie werde von jenen gestaltet, die bereit sind, ihr Ego loszulassen und sich auf Neues einzulassen. „Bring dein Ego zum Schweigen – und deine Macht wird wachsen.“ Was nach Kalenderspruch klingt, ist in der KI-Revolution bitterer Ernst. Denn viele der Denkmodelle, auf die wir uns bisher verlassen haben, scheinen plötzlich schlicht – und erschreckend ineffizient.
James O’Brien, Informatikprofessor an der renommierten UC Berkeley und eine der lauteste Stimmen zum Thema, formulierte es drastisch: „Wir erleben gerade, dass Jobs und Ausbildung keinen Wert mehr haben.“ Eine Aussage, die Jensen Huang, der CEO von Nvidia, in Teilen relativierte – und die doch schwer wiegt. Sam Altman, Chef von OpenAI, betont: „Ein großer Teil der Jobs wird potenziell ersetzt werden.“ Gleichzeitig entstehen völlig neue Berufsbilder – so etwas wie der KI-Dirigent, Super-Produktmanager oder Purpose-Coach. Roboter erhalten eigene Verhaltensregeln. Und LLMs (Large Language Models) wie GPT-4o, Claude AI, Gemini, Deepseek oder Meta LLaMA liefern sich ein tägliches Wettrennen um den Titel „intelligenteste KI der Welt“.
Einen Unterschied machte Michael Aechtler dennoch deutlich: Künstliche Intelligenz kann die Welt noch nicht wahrnehmen – zumindest nicht wie Menschen. Doch in einem anderen Punkt schlägt sie uns bereits: in der Empathie. „KI ist in manchen Bereichen emphatischer als Menschen.“ Sei es als Lebensorganisator, mentale Stütze oder sogar als Therapiemodell – die Rolle von KI als persönlicher Begleiter wächst. Die Verheißung der KI-Ära ist allerdings ihre Zumutung: „Jeder von euch wird alles können“, kündigt Michael Aechtler an. Die Werkzeuge sind da, die Barrieren niedrig. Die Frage ist nur: Wer nutzt sie? Der Fokus verschiebt sich radikal – weg von Status, hin zu Handlung. „Niemanden interessiert mehr, wer du bist – sondern was du tust“, fasste er das zusammen. Die KI-Transformation ist kein abgeschlossenes Produkt, sondern ein endloser Trail-and-Error-Prozess, so der Experte. Es gibt keine Masterpläne, keine fertigen Antworten. Es gibt nur Bewegung. Und den klaren Auftrag: Gestalten – oder gestaltet werden.
crenet e.V. ist ein interdisziplinäres Netzwerk für alle, die Verantwortung für Betriebsimmobilien tragen – mit dem Anspruch, Impulse zu geben, Wissen zu teilen und nachhaltige Werte zu schaffen. Im Mittelpunkt steht der Austausch: von Erfahrungen, Strategien und Erfolgen rund um zukunftsfähige Unternehmensimmobilien.