Beim City Talk im Omniturm wurde über Stadtentwicklung zwischen Bankentürmen, Rechenzentren und Wohnraumbedarf diskutiert. Die Veranstaltung von Sevgi Metzger – im Omniturm, in den Räumen von Hogan Lovells, moderiert von Professor Thomas Beyerle, machte deutlich, wie vielschichtig die Zukunftsfragen der Stadt Frankfurt am Main sind – zwischen politischem Willen, planerischer Realität und ökonomischem Druck.
Dr. Nils Kößler, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion in Frankfurt am Main, brachte gleich zu Beginn auf den Punkt, woran Stadtentwicklung häufig scheitert: an endlosen Verfahren und fehlender Entscheidungskraft. „Derzeit laufen in Frankfurt rund 40 Bebauungsplan-Verfahren. Irgendwann müssen die Prozesse auch mal abgeschlossen werden, es muss einen Output geben. Sonst funktioniert Stadtentwicklung nicht“, sagte Dr. Nils Kößler. Geschwindigkeit sei dabei kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit: „Tempo statt Debatte heißt nicht, dass wir Diskussionen nicht zulassen wollen. Wir haben uns aber an einen sehr großen Zeitbedarf gewöhnt.“
Für Dr. Nils Kößler ist klar, dass Wohnraumschaffung nur funktioniert, wenn Bestand und Neubau zusammen gedacht werden. „Wohnraum zu schaffen muss funktionieren, Bestand neben Neubau“, betonte er. Frankfurt habe noch freie Flächen, „was nicht bedeutet, dass wir die Stadt zupflastern wollen.“ Revitalisierung des Bestandes sei ein entscheidender Baustein: „Kleinvieh macht auch Mist – das ist die aktuelle Übersetzung für Revitalisierung des Bestandes.“ Gleichzeitig warnte er davor, sich auf der eigenen Attraktivität auszuruhen. „Die Konkurrenz schläft nicht. Wir müssen verhindern, dass Frankfurt nicht mehr als erster Stadtname fällt, wenn es um einen Standort geht.“
Jan Zak, Geschäftsführer der ikl GmbH, Lehrbeauftragter an der Hochschule Karlsruhe und DGNB-Experte, lenkte den Blick auf die Dimension des Klimaschutzes im Gebäudebestand. „Ist Klimaschutz noch zeitgemäß?“, fragte Jan Zack provokant und verglich die aktuelle Lage mit einem Messi-Haushalt: „Wir wissen nicht mehr, wo wir im Chaos sind, wissen nicht mehr, wo wir anfangen sollen.“ Etwa 20 Millionen Gebäude müssten in eine klimaneutrale Zukunft geführt werden – sozial gerecht und technisch machbar. „Die Masse ist das Problem. Wir wissen derzeit nicht, wo wir stehen, müssen das auf Daten bringen, um einen Plan entwickeln zu können.“
Auch Olaf Cunitz, ehemaliger Bürgermeister und Planungsdezernent der Stadt Frankfurt am Main, betonte, dass große Projekte trotz Flächenknappheit notwendig bleiben. „Die Frage ist, wie lange es sich Frankfurt noch leisten kann, dass Projekte Jahre liegen, ohne dass etwas passiert.“ Wenn die Stadt keinen Wohnungsbau zulasse, werde er anderswo stattfinden, „ob das nachhaltig ist, würde ich in Frage stellen“.
Zugleich forderte Olaf Cunitz mehr Realismus in der Debatte um soziale Durchmischung: „Soziale Durchmischung wird als Monstranz vor sich hergetragen, dabei wird zu wenig hinterfragt, was tatsächlich Wirkung erzielt.“ Für ihn braucht Stadtentwicklung wieder mehr Mut: „Wir müssen uns fragen, ob wir nicht mit vielen Dingen zu langsam sind. Es kann nicht das Ziel sein, es immer allen recht zu machen.“ Dem schloss sich Dr. Nils Kößler an. „Wir versuchen uns gegen jeden und alles abzusichern. Dabei müssen wir viel mehr Experimente wagen. Dabei kann es nicht nur um Besitzstandswahrung gehen.“
Ein weiterer Aspekt der Diskussion war der zunehmende Flächendruck durch Rechenzentren. Dr. Nils Kößler stellte klar: „Wohnen, Gewerbe und Rechenzentren stehen alle miteinander in Konkurrenz um Flächen. Und Initiatoren von Rechenzentren sind die, die momentan am meisten zahlen.“ Louis Luxen von RheinEnergie wies auf strukturelle Gegebenheiten hin: „In Frankfurt wird es – wie auch an anderen Standorten –künftig viele Einzellösungen geben, weil die Stadtstruktur das so vorgibt. Es gibt zu viele Eigentümer in den einzelnen Stadtbezirken und Strom ist dort ja auch schon vorhanden.“ Große Datacenter würden weiterhin außerhalb der Innenstädte entstehen. Frankfurt bleibe dennoch „das Rückgrat der digitalen Infrastruktur Europas“, so Marko Kröner, Geschäftsführer der ikl GmbH. Entscheidend sei es, diesen Standortvorteil langfristig zu sichern.
Mit Blick auf den Gebäudebestand sprach Eva Welzenbach, Geschäftsführerin von Advenis Deutschland, über die praktischen Hürden bei der Umnutzung von Bürotürmen zu Wohnungen. „Bereits an den technischen und baurechtlichen Themen scheitern wir schon, da haben wir noch nicht mal über Finanzen gesprochen“, sagte Eva Welzenbach. Sie berichtete von eigenen Erfahrungen in Projekten, etwa bei der Umwidmung einer Schule in Bremen, und kritisierte die Haltung vieler Städte: „Es gibt Städte, die wollen kein Wohnen genehmigen, weil sie lieber Gewerbesteuer kassieren wollen. Dabei begreifen sie aber nicht, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann.“


