Die Entwicklungsgesellschaft FAY Projects ist seit sechs Jahrzehnten im Markt – und doch gerade in einer Phase des Umbruchs. Geschäftsführer Ingo Lindner erklärt, warum Wandel in dieser Branche keine Reaktion auf Krisen ist, sondern Überlebensprinzip.
„Wir arbeiten in einem Markt, der sich ständig verändert. Das war immer schon so“, sagt Ingo Lindner, Geschäftsführer von FAY Projects. „Wenn ich starr immer denselben Ansatz verfolge, bin ich nach fünf Jahren tot.“ Die aktuelle Verschiebung vieler Entwickler in Richtung Wohnen sieht er daher nicht als Fluchtreflex, sondern als logische Erweiterung. „Wir waren dem Wohnungsbau nie fremd, haben früher schon Quartiere entwickelt. Jetzt stellen wir uns breiter auf und nehmen Wohnen stärker mit dazu.“ Doch solche strategischen Neuausrichtungen brauchen Zeit. „Nichts davon ist in ein paar Wochen erledigt. Prozesse dauern heute länger, sei es wegen Finanzierung, Genehmigungen oder wegen der Entscheidungswege bei institutionellen Partnern.“
Enge Margen, lange Vorläufe, neue Modelle
Institutionelle Investoren, so Ingo Lindner, suchten stabile Cashflows, doch gerade der Mietwohnungsbau ist durch enge Margen und hohe Baukosten oft schwer kalkulierbar. Hier kommt die Erfahrung von FAY Projects ins Spiel: „Wir sind es gewohnt, auch komplexe Strukturen zu managen. Investoren wissen, dass sie bei uns auf Stabilität setzen können und dass wir Projekte nicht spekulativ, sondern planbar entwickeln.“
Im vergangenen Jahr positionierte sich FAY Projects als Service Developer für die Übernahme von Projekten, die in Schieflage geraten sind. „Da gibt es zwei grundsätzliche Varianten“, so Ingo Lindner. „Entweder steigen wir ab Null ein – also als Partner, weil ein Unternehmen das Know-how oder die Strukturen nicht hat. Oder wir werden von Banken angesprochen, wenn ein Projekt gerettet werden soll.“ Das könne sehr unterschiedliche Ursachen haben: falsches Timing, externe Schocks wie Pandemie oder Krieg, manchmal schlicht ein Betreiber, der sich übernommen hat. „Wenn jemand bis zuletzt versucht, alles schönzureden, und dann mit offenen Rechnungen dasteht, muss jemand kommen, der die Strippen wieder aufnimmt. Das ist dann oft unsere Rolle.“
Doch ein Geschäftsmodell, das sich mit Problemfällen befasst, funktioniert nicht im Schnellverfahren. „Wir führen dazu sehr viele Gespräche. Aber auch hier zeigt sich, wie lang die Vorläufe sind.“ Ingo Lindner sieht dennoch klaren Bedarf. „Es gibt viele lohnende Ansätze. Die Theorie, dass ein Jahr Projektanbahnung normal ist, trifft zu.“ Das hänge auch mit den langwierigen Gesprächen mit Banken zusammen. „Die haben ein anderes Zeitverständnis als andere Menschen.“
Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Refurbishment-Bereich. „Da geht es oft um Bestandshalter, deren Gebäude energetisch problematisch sind. Die Mieter laufen weg, die Eigentümer wissen nicht, was sie tun sollen und genau da können wir einsteigen, gemeinsam mit externen Partnern, und Empfehlungen aussprechen.“ Projekte in Schieflage seien hingegen überwiegend Neubauten, häufig sogar solche, die noch gar nicht begonnen wurden. „Wir springen da nicht kurzfristig rein und wieder raus. Das ist kein tragendes Geschäftsmodell, sondern etwas, das wir langfristig begleiten wollen.“ Für das FAY-Geschäftsportfolio soll dieser Bereich mittelfristig 20 Prozent beitragen.
Vom Glücksfall zum Realismus
In dem Leipziger Office-Projekt MITZSCH hat FAY Projects Ende September die letzte Übergabe einer Mietfläche abgeschlossen – ein Projekt, das zu großen Teilen während der Pandemie realisiert wurde als spekulativer Neubau. „Das war Glück und Kraftanstrengung zugleich. Wir waren fast die einzige Option am Markt, weil es in der Innenstadt nichts Vergleichbares gab“, sagt Ingo Lindner. „So etwas würden wir in dieser Lage nicht noch einmal machen, aber innerstädtisch, mit etwa 10.000 Quadratmetern, ja, das schon.“
Spekulative Entwicklungen ohne Mieter hält Ingo Lindner für ein Auslaufmodell. „Das geht schon mit den Banken los. Früher bekam man Finanzierungen auch ohne Vorvermietung. Heute ist das ausgeschlossen. Unter 40 Prozent Vorvermietung wird es kaum mehr realistisch sein.“ Künftig will FAY daher Projekte nur noch umsetzen, wenn ein Investor von Anfang an eingebunden ist oder ein Ankermieter an Bord. „In den nächsten fünf Jahren sehe ich kein Szenario für spekulative Entwicklungen.“
ESG zwischen Anspruch und Risiko
Auch das Thema Nachhaltigkeit sieht Ingo Lindner ambivalent: „ESG wird gern als Hebel für Wertsteigerung verkauft, aber es kann genauso schnell zum Projektrisiko werden. Wenn Zertifizierungen, Reportingpflichten oder technische Auflagen die Kosten unverhältnismäßig erhöhen, kippt die Wirtschaftlichkeit.“
Zwischen Entwickler und Restrukturierer
Wohin führt die aktuelle Situation? „Wir werden in fünf Jahren kein reiner Entwickler mehr sein“, sagt Ingo Lindner. „Wir werden Projektentwickler bleiben, aber auch Problemlöser und Restrukturierer für andere.“ Dass FAY Projects dafür prädestiniert ist, zeigt der Blick auf die Unternehmensgeschichte: Seit der Jahrtausendwende hat die Gesellschaft mehr als 37 Gewerbeprojekte mit über 500.000 Quadratmetern Mietfläche realisiert, darunter zertifizierte Vorzeigeprojekte wie ²BAC in Berlin-Brandenburg, HAUS POSTPLATZ in Dresden oder das Europe Plaza in Stuttgart. „Wir bauen nicht, um Rekorde zu brechen“, sagt Ingo Lindner, „sondern um Substanz zu schaffen.“


