Hybrides Arbeiten hat die DNA des Büromarktes verändert. Für Dr. Christoph Schneider, CEO von IWG Deutschland, ist „Space as a Service“ längst mehr als ein Immobilienkonzept: Es ist ein Produktivitäts- und Nachhaltigkeitsmodell. Während Investoren noch über Bewertungslogiken diskutieren, arbeitet IWG in Deutschland weiter an dem Ausbau des Hub-and-Spoke-Netzwerkes.
Das Büro der Zukunft liegt nicht mehr zwangsläufig in der Innenstadt. Es liegt dort, wo Menschen leben. Dr. Christoph Schneider beschreibt diesen Paradigmenwechsel so: „Unsere Kunden kaufen heute kein Büro mehr, sie kaufen ein Netzwerk.“ Denn das Konzept der IWG – mit Marken wie Regus, Spaces, HQ oder Signature – basiert auf dezentraler Produktivität. Mitarbeitende sollen arbeiten, wo sie am meisten leisten können.
Der Wandel ist messbar: IWG hat sein globales Netzwerk 2024 um 899 Standorte erweitert, in Europa allein um 191. Weltweit betreibt die Gruppe über 4.000 Center, das Ziel sind 30.000 Standorte. „Wir wachsen dort, wo Menschen sind, nicht dort, wo sie früher gearbeitet haben“, so Christoph Schneider. „Ich beschreibe das immer so, dass wir bei jeder Milchkanne ein Projekt haben wollen. Natürlich kann man sich darüber streiten, wie viele Milchkannen es in Deutschland braucht.“ Das Prinzip ist aber einfach: Jede Region soll Zugang zu professioneller Arbeitsinfrastruktur erhalten. Dabei ist es wichtig, dass die Menschen sehr kurze Wege haben, am besten direkt neben oder gegenüber ihrer Wohnung.
Hybrides Arbeiten als Effizienzmotor
Eine Studie von IWG und ARUP zeigt, dass Unternehmen ihre Produktivität durch hybride Arbeitsmodelle mit wohnortnahen Arbeitsplätzen um bis zu elf Prozent steigern können. Mitarbeiter sparen durch wegfallende lange Pendelzeiten bis zu 170 Stunden jährlich. Zwei Drittel berichten, dass sie in einem wohnortnahen professionellen Arbeitsumfeld konzentrierter und mit weniger Ablenkung arbeiten. Auch die Fluktuation sinkt – um bis zu zwanzig Prozent. „Zuhause arbeiten will niemand dauerhaft, aber niemand will mehr täglich pendeln“, sagt Christoph Schneider. Das Prinzip: Nähe statt Präsenzpflicht.
Unternehmen profitieren doppelt: Sie senken ihre Immobilienkosten um bis zu 55 Prozent, reduzieren CO2-Emissionen um bis zu 87 Prozent und schaffen gleichzeitig resilientere Teams. So wird aus der Arbeitsplatzstrategie ein ESG-Instrument. Die Dezentralisierung von Büroflächen, insbesondere in Mittelstädten, kann das Bruttoinlandsprodukt lokaler Wirtschaftsräume um bis zu sechs Prozent steigern.
Neue Rollen für Eigentümer und Betreiber
Gewerbliche oder andere Immobilienleerstände, die vielen Eigentümern derzeit Sorgen bereiten, sind für IWG eine Chance. „Wir können fast jedes Gebäude in einen flexiblen Arbeitsplatz verwandeln“, so Christoph Schneider. Das Modell funktioniert wie ein intelligentes Ticket-System im Luftfahrtbereich: einzelne Arbeitsplätze statt Vollcharter, mit flexiblen Preismodellen, also etwa höheren Tarifen zu Peak-Zeiten, die das System wirtschaftlich noch besser steuerbar machen.
Dabei wandelt sich die Beziehung zwischen Vermieter und Betreiber. „Wir sind keine klassischen Mieter, sondern Partner auf Augenhöhe“, betont Christoph Schneider. IWG arbeitet überwiegend mit Managementverträgen – aktuell 95 Prozent aller neuen Standorte – und teilt sich mit Eigentümern die Erträge. So entstehen risikoarme Geschäftsmodelle, die auf kurzfristige Marktschwankungen reagieren können.
Kleine Städte als neue Wachstumsmärkte
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Expansion in Klein- und Mittelstädten. Während Frankfurt am Main ein gutes Dutzend Center zählt, entstehen rundum neue Standorte – von Wiesbaden bis Waldorf, von Lörrach bis Villingen-Schwenningen. Dabei ist die Modernität der einzelnen Center unterschiedlich, nicht aber die Ausstattung. Das Kleinstadtkonzept richtet sich an alle Nutzergruppen: vom globalen Bluechip über Start-ups bis hin zu Einzelnutzern. Denn die hybride Arbeitswelt kennt keine einheitlichen Flächen mehr. „Wir bieten vornehmlich funktionale Arbeitsplatzlösungen mit top Ausstattung und Wlan sowie Gemeinschaftsflächen, um sich zu vernetzen.”
Künstliche Intelligenz als Effizienzfaktor
Parallel zur physischen Expansion treibt IWG die digitale Transformation voran. Eine aktuelle Studie zeigt, dass 78 Prozent der Mitarbeitenden durch den Einsatz von KI täglich fast eine Stunde Zeit sparen – fast ein zusätzlicher Arbeitstag pro Woche. Besonders die Generation Z wird zum Beschleuniger: 59 Prozent der Jüngeren schulen ältere Kollegen im Umgang mit KI. „Das verändert die Zusammenarbeit und die Lernkultur in hybriden Teams“, sagt Christoph Schneider.
KI wird zunehmend zur Schnittstelle zwischen Arbeitsplatz und Nutzerverhalten. Sie hilft, Flächenauslastungen zu steuern, Energiekosten zu senken und Arbeitsroutinen zu optimieren. „Wir müssen als Branche vom Endnutzer her denken, nicht von der Immobilie. Reißbrettlösungen funktionieren nicht mehr, nur adaptive Strukturen, die sich laufend anpassen.“
Ein Markt in Bewegung
IWG will 2026 die Marke von 200 Centern in Deutschland überschreiten. Der Markt wächst dynamisch, doch die Logik verändert sich: Von Quadratmetern zu Netzwerken, von Mietverträgen zu Plattformmodellen. "Wir wissen, wie Menschen in Zukunft arbeiten werden: flexibel, lokal und vernetzt.“ So wird „Space as a Service“ zum Kern einer neuen Arbeitsökonomie. Eine, in der Produktivität, Nachhaltigkeit und menschliche Nähe keine Gegensätze sind, sondern Teil desselben Systems.


