Berlin: Immobilienwirtschaft zieht gemischte 100-Tage-Bilanz für Bundesregierung

Berlin: Immobilienwirtschaft zieht gemischte 100-Tage-Bilanz für Bundesregierung

Berlin: Immobilienwirtschaft zieht gemischte 100-Tage-Bilanz für Bundesregierung
Quelle: ilikesnow/Pixabay

Nach 100 Tagen im Amt bewertet die deutsche Immobilienwirtschaft die Arbeit der Bundesregierung mit gemischten Noten. Während einige der angestoßenen Reformen als wichtiges Signal für die Branche gesehen werden, herrscht Skepsis, ob die angekündigten Maßnahmen tatsächlich zu spürbaren Verbesserungen am Markt führen.

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Der Immobilienverband Deutschland (IVD) kritisiert die bisherige Wohnungspolitik als unzureichend. Zwar sei das Thema auf die politische Agenda gesetzt worden, tatsächlich umgesetzt worden sei jedoch nur die Verlängerung der Mietpreisbremse. Die Bautätigkeit liegt weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau und deutlich unter dem Bedarf von jährlich rund 320.000 Wohnungen. „Anstatt die Richtung auf mehr Wohnungsbau zu markieren, dominieren Regulierungsideen“, so IVD-Präsident Dirk Wohltorf. Die Diskussion über eine Einschränkung der Neubauausnahme bei der Mietpreisbremse habe zu einem Vertrauensverlust bei Investoren geführt.

Als mögliches Instrument zur Beschleunigung sieht der Verband den im Bundestag beratenen Bauturbo – jedoch nur, wenn Kommunen die neuen Spielräume konsequent nutzen. Ohne aktives Handeln vor Ort drohe das Gesetz zu verpuffen. Der IVD fordert verlässliche Förderbedingungen, insbesondere für private Bauherren, die mehr als 60 Prozent der genehmigten Neubauten stellen. Eine befristete Rückkehr zur EH55-Förderung könne laut Verband bis zu 51.000 zusätzliche Wohneinheiten aktivieren. Eigenkapitalersetzende Bürgschaften seien für viele Familien entscheidend, um Wohneigentum zu erwerben. „Jetzt ist der Moment, den Rückenwind für Investitionen zu erzeugen – sonst bleibt der Wohnungsbau im Gegenwind stecken“, mahnt Dirk Wohltorf.

Kritik: Fehlende steuerliche Entlastungen und Regulierungslast

Aus Sicht vieler Marktteilnehmer bleibt die Bundesregierung auch bei steuerpolitischen Themen hinter den Erwartungen zurück. Ulrich Creydt, Geschäftsführer der Ypsilon GmbH Steuerberatungsgesellschaft, lobt zwar die geplante stufenweise Reduktion des Körperschaftsteuersatzes. Er bemängelt jedoch das Ausbleiben eines größeren Wurfes, der mehr Menschen in Eigentum bringt, die Wirtschaft ankurbelt und das Steuerrecht vereinfacht. Francesco Fedele, CEO der BF.capital GmbH, sieht darüber hinaus Handlungsbedarf: „Einige Ansätze sind vielversprechend, wie die steuerliche Entlastung von Unternehmen, die unter anderem dazu beitragen sollen, die Wirtschaft anzukurbeln. Auch viele Unternehmen wollen am Standort Deutschland viele Milliarden Euro investieren, wenn man ihren Versprechen nach einem Treffen mit Bundeskanzler Friedrich Merz Mitte Juli glauben darf. Auch die geplanten Ausgaben für Rüstung und Infrastruktur werden vermutlich die Konjunktur unterstützen.“ Höhere Staatsverschuldung und die Zölle der USA könnten zu Eintrübungen führen – für die die Regierung nichts kann. Sehr wohl aber für die Wohnungspolitik. Dazu gehören die Pläne zur Verschärfung von Indexmietklauseln und zur Vermietung von möblierten Wohnungen. „Auch die Ankündigung der Regierung, die Mittel für energetische Sanierungen um ein Fünftel zu kürzen, trägt zu einer weiteren Verunsicherung bei. Dabei braucht der Immobilienmarkt Verlässlichkeit und Planbarkeit“, so Francesco Fedele.

Nach der Sommerpause werde es für die Umsetzung sehr konkret. „Damit der Bauturbo seine PS auf die Straße bringen kann, ist jedoch die engere Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, Bauherrn, Bauwirtschaft, Investoren und Kommunen notwendig. Dazu gehören neben der Baubranche, die dringend angepasste Rahmenbedingungen benötigt, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, auch die Kommunen“, Petra Müller von Periskop Development. Letztere würden sich aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels schwertun. „Eine Vereinfachung und Beschleunigung dieser Prozesse im Zuge einer längst überfälligen Novellierung des Baugesetzbuchs würde gemeinsam mit dem Bauturbo einen enorm positiven Effekt auf die Bautätigkeit in diesem Land haben."