Berlin: Neues Hochhausleitbild 2025 setzt klarere Regeln und mehr Tempo für Wohnhochhäuser

Berlin: Neues Hochhausleitbild 2025 setzt klarere Regeln und mehr Tempo für Wohnhochhäuser

Berlin: Neues Hochhausleitbild 2025 setzt klarere Regeln und mehr Tempo für Wohnhochhäuser
Der Estrel Tower wird eine Höhe von 176 Metern haben, hier die Spitze des Hochhauses. Quelle: Estrel

Berlin hat sein Hochhausleitbild überarbeitet. Der neue Rahmen soll Verfahren beschleunigen, Anforderungen präzisieren und vor allem den Bau von Wohnhochhäusern erleichtern. Senator Christian Gaebler verbindet damit eine klare Erwartung: Hochhäuser sollen zur Lösung der Wohnungsfrage beitragen und zugleich städtebauliche Qualität sichern.

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Das neue Hochhausleitbild 2025 ist mehr als eine technische Fortschreibung. Es ist der Versuch, einen planerischen Rahmen zu schaffen, der den Bau von Wohnhochhäusern in einer wachsenden Stadt nicht länger ausbremst. Grundlage war ein umfassender Evaluationsprozess in den Jahren zweitausendvierundzwanzig und zweitausendfünfundzwanzig, in dem Bezirke, Projektentwickler, Verbände und das Baukollegium Berlin eingebunden waren. Ziel war es, Schwachstellen des bisherigen Leitbilds offenzulegen und dort nachzujustieren, wo Planungsprozesse zu langwierig und Anforderungen zu wenig präzise waren.

Christian Gaebler bringt die politische Erwartungshaltung auf den Punkt: „Hochhäuser können einen Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage in Berlin leisten. Gerade der flächenschonende Umgang mit Grund und Boden ist in ökologisch und ökonomisch herausfordernden Zeiten das Gebot der Stunde. Hochhäuser sollten als Bebauungstypologie dort geplant werden, wo es städtebaulich sinnvoll ist.“ Dieser Ansatz prägt die Überarbeitung ebenso wie der Anspruch, Verfahren verbindlicher und verlässlicher zu gestalten. Allerdings ist nach wie vor umstritten, ob Hochhäuser tatsächlich ein Pflaster in der Wohnungsnot-Wunde sein können. Planungs- und Baukosten sind noch höher als im normalen Geschossbau. Viele Projekte in Berlin befinden sich seit Jahren in einer Schleife, Baubgeinn ungewiss. Wesentlich für die Wohnungsfrage sind laut Senat nun Vereinfachungen: Der Planungsgrundsatz Mehrwert wird ergänzt. Mietpreis- und belegungsgebundener Wohnraum gilt künftig ausdrücklich als vollwertiger Mehrwert im Sinne des Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung. Damit wird erstmals klargestellt, dass soziale Wohnraumanteile im Hochhaus nicht nur möglich, sondern planerisch gewollt sind. Auch hier stellt sich wieder die Frage der Kosten. 

Zentrale Neuerung ist nun die Straffung des Planungsprozesses. Aus vier Phasen werden künftig drei, mit klaren Rollen und zeitlichen Leitplanken. In der ersten Phase bleibt die Beratung durch das Baukollegium obligatorisch. Sie fließt in die gesamtstädtische Betrachtung zur Standortwahl ein und bindet früh die Denkmalbehörden ein. Für den Hochhausleitbildprozess angestrebte Verfahrensdauer: maximal drei Jahre bis zur Festsetzung eines Bebauungsplans. Genau diese Verdichtung soll Planbarkeit schaffen, ohne die in Berlin üblichen Qualitätsanforderungen aufzuweichen. Auch die Kriterien der gesamtstädtischen Betrachtung wurden geschärft. Bei der Standortwahl spielen Lage im Stadtgefüge, Sichtachsen, bestehende Hochhausstandorte und die Einbindung in übergeordnete Planwerke eine zentrale Rolle. Auf der Mikroebene rückt stärker in den Fokus, ob die vorhandene Struktur ein Hochhaus verträgt: Gebäudehöhen, Erschließung, Zentrenstruktur, Nahversorgung, Freiraumqualität und historische Kontexte sind hierfür maßgeblich. Der Grundsatz der Multifunktionalität wurde ebenfalls weiterentwickelt. Bei Wohnhochhäusern über sechzig Meter kann auf ergänzende Nutzungen oberhalb des Erdgeschosses verzichtet werden, sofern das Berliner Modell Anwendung findet. Damit entfällt ein früheres Hemmnis, das Hochhäuser oft verteuerte und für reine Wohnnutzung unattraktiv machte. Für das Erdgeschoss bleibt die Offenheit verpflichtend. Beim Dachgeschoss hingegen besteht nun mehr Flexibilität: Es kann als gemeinschaftlich nutzbarer Raum dienen, muss es aber nicht, wenn dies begründet wird. Gleichzeitig wird die Qualitätskontrolle am Übergang zur Realisierungsphase gestärkt. Sie kann durch das Baukollegium, eine Wettbewerbsjury oder die Senatsbaudirektion erfolgen – entscheidend ist, dass die im Wettbewerb erreichte Baukultur verbindlich gesichert wird.

Ein weiterer Baustein ist die verpflichtende Nachhaltigkeitszertifizierung. Künftig müssen Hochhäuser mindestens die Stufe Gold der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen oder eine vergleichbare Auszeichnung erreichen. Das Zertifikat ist vor Bauantragstellung vorzulegen. Dieser Schritt verdeutlicht, dass Beschleunigung nicht als Absenkung von Standards gedacht ist, sondern als klarer Rahmen für Qualität und Klimaschutz. Neu ist der Bezug zum Bauturbo des Bundes. Die seit Oktober 2025 geltenden Regelungen ermöglichen es, Baurecht für Wohnhochhäuser schneller zu schaffen, teilweise sogar ohne neuen Bebauungsplan. Das Hochhausleitbild zählt hierbei ausdrücklich zu den relevanten öffentlichen Belangen. Berlin kann seine Zustimmung künftig davon abhängig machen, dass die Vorgaben des Leitbildes eingehalten werden.

Ab Januar 2026 gilt das neue Leitbild für alle Hochhausvorhaben, bei denen bis dahin keine förmlichen Beteiligungsschritte nach Baugesetzbuch erfolgt sind. Damit soll es unmittelbar Wirkung für die künftigen Wohnhochhausprojekte der Stadt entfalten. Für Christian Gaebler ist dieser Rahmen zentral: „Das Neue Hochhausleitbild 2025 bildet dafür den Rahmen und stellt sicher, dass Hochhäuser nicht nur mit einer hohen städtebaulichen und architektonischen Qualität entstehen, sondern auch einen Mehrwert für die Menschen in Berlin bieten.“