Catella Research: Spreizung zwischen Neuvertrags- und Bestandsmieten

Catella Research: Spreizung zwischen Neuvertrags- und Bestandsmieten

Catella Research: Spreizung zwischen Neuvertrags- und Bestandsmieten
Dublin führt die Rangliste mit 45,00 Euro je Quadratmeter klar an und liegt damit deutlich vor London. Quelle: patricklfc93/Pixabay

Die Wohnungsknappheit in Europa wird zur strukturellen Marktstörung. Im dritten Quartal 2025 zeigt der neue Catella Residential Market Overview, wie weit sich Neuvertragsmieten und Bestandsmieten voneinander entfernen. Die Europäische Kommission warnt vor Millionen fehlender bezahlbarer Wohnungen. Besonders deutlich wird: Der Kostendruck entsteht vor allem beim Wohnungswechsel, während Bestandsmieten vergleichsweise stabil bleiben. Mietwachstum treibt die Kaufpreise, Renditen geben in vielen Metropolen nach und ein verstärkter Lock in Effekt bremst die Mobilität der Haushalte in ganz Europa.

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Die im Bericht ausgewerteten 59 Städte in 16 Ländern zeigen erhebliche Unterschiede zwischen Neuvertragsmieten und Bestandsmieten. Über alle Städte hinweg beträgt die ungewichtete Durchschnittsmiete im dritten Quartal 20,43 Euro je Quadratmeter im Monat. Das entspricht einem Anstieg von 2,1 Prozent gegenüber dem ersten Quartal und 4,5 Prozent im Jahresvergleich. Besonders ausgeprägt ist der Druck in Irland. Dublin führt die Rangliste mit 45,00 Euro je Quadratmeter klar an und liegt damit deutlich vor London mit 39,50 Euro je Quadratmeter sowie Zürich mit 33,60 Euro je Quadratmeter. In deutlich erschwinglicheren Märkten wie Leipzig mit 10,30 Euro je Quadratmeter oder Lüttich mit 11,10 Euro je Quadratmeter bleiben die Wohnkosten weiterhin erheblich unter dem Durchschnitt.

Auch die Kaufpreise für Eigentumswohnungen steigen im Mittel weiter. Der ungewichtete europäische Durchschnitt liegt nun bei 5.795 Euro je Quadratmeter. Das entspricht einem Plus von 1,7 Prozent in den vergangenen sechs Monaten und 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Spitzenrenditen verharren im Durchschnitt bei 4,57 Prozent. Die höheren Mieten wirken als maßgeblicher Treiber für die ebenfalls steigenden Kaufpreise.

Dr. Lars Vandrei, Head of Research bei Catella Investment Management Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sagt: „Die Wohnungsknappheit ist kein punktuelles Phänomen mehr, sondern eine strukturelle Marktstörung. Die Spreizung zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten zeigt, dass Kostendruck vor allem beim Wohnungswechsel entsteht und nicht im Bestand. Dadurch entstehen Fehlanreize, die zu einer ineffizienten Nutzung des Wohnungsangebots und zu wirtschaftlichem Schaden führen können.“

Die acht größten deutschen Städte entwickeln sich im Mietmarkt verhaltener. Neuvertragsmieten zeigen dort über alle Wohnungstypen hinweg nur geringe Bewegungen. In Berlin mit 17,00 Euro je Quadratmeter, Hamburg mit 16,90 Euro je Quadratmeter, München mit 24,00 Euro je Quadratmeter und Köln mit 15,10 Euro je Quadratmeter sind die Durchschnittsmieten leicht gesunken. Diese Entwicklung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass in der aktuellen Datengrundlage der Anteil an neu errichteten Wohnungen gesunken ist und damit ein stärkerer Anteil günstigerer Bestandsmieten in die Durchschnittswerte einfließt.

Während die Kaufpreise in München und Stuttgart statistisch leicht rückläufig sind, steigen sie in Köln mit plus 5,3 Prozent und in Düsseldorf mit plus 7,6 Prozent deutlich an. Die Spitzenrenditen sind in allen acht größten deutschen Städten weiter zurückgegangen. Berlin und München liegen bei 3,90 Prozent und damit am unteren Ende der Spanne. Leipzig erzielt mit 5,00 Prozent die höchsten Renditen.

Sonderanalyse: Mobilität unter Druck

Ein Schwerpunkt der Studie liegt auf der Gegenüberstellung von Marktmieten, tatsächlich gezahlten Mieten und allgemeinen Lebenshaltungskosten. In den vergangenen fünf Jahren sind die Verbraucherpreise in der Europäischen Union jährlich um 4,8 Prozent gestiegen. Die tatsächlich gezahlten Mieten legten im selben Zeitraum jedoch nur um 2,6 Prozent pro Jahr zu. Lediglich Irland, Portugal und Polen verzeichnen höhere Zuwächse bei den tatsächlich gezahlten Mieten. Zusammen mit Spanien zählen diese Länder zu den Märkten mit besonders starkem Mietwachstum. In den Niederlanden sind die neu vereinbarten Marktmieten mit 2,5 Prozent jährlich sogar langsamer gestiegen als die tatsächlich gezahlten Mieten.

Petra Blazkova, Head of Group Research and Strategy bei Catella, erläutert: „Europaweit sind die Wohnraummieten in Irland mit einem jährlichen Plus von 12,3 Prozent in den vergangenen fünf Jahren am stärksten gestiegen. Die irische Wirtschaft und ihr Wohnungsmarkt haben trotz ihrer stärkeren Konjunkturabhängigkeit vom Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union profitiert. Das eigentliche Problem liegt jedoch im deutlichen Auseinanderdriften von Marktmieten und Bestandsmieten. Neuabschlüsse sind in vielen europäischen Märkten doppelt so stark gestiegen wie Bestandsmieten.“

Der daraus resultierende Lock in Effekt ist eine zentrale Folge. Haushalte ziehen seltener um, weil sie die deutlich höheren Mieten bei einem Wohnungswechsel wirtschaftlich nicht tragen können oder nicht tragen wollen. Das schränkt die Arbeitsmobilität ein, wenn zum Beispiel ein Wechsel von Berlin nach Hamburg für eine neue berufliche Position finanziell unerschwinglich wird. Auch im innerstädtischen Markt bleiben Menschen häufiger in Wohnungen, die zu klein oder nicht mehr passend sind. Das verschärft die Fehlverteilung des vorhandenen Wohnraums und führt zu steigender Überbelegung.