Zwei aktuelle RICS-Studien zeigen: Weltweit bleibt die Immobilien- und Baukonjunktur angesichts geopolitischer Spannungen und hoher Finanzierungskosten unter Druck. Doch Europa, insbesondere Deutschland, verzeichnet erste Anzeichen einer Stabilisierung – getragen von Infrastrukturprojekten, steigender Nutzernachfrage und verbesserten Kapitalwerterwartungen.
Die internationalen Immobilien- und Baumärkte bewegen sich weiterhin in einem fragilen Umfeld. Handelskonflikte, geopolitische Unsicherheiten und ein angespanntes Zinsumfeld belasten sowohl Investoren als auch Projektentwickler. Vor diesem Hintergrund haben die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) ihren Global Commercial Property Monitor (GCPM) sowie den Global Construction Monitor (GCM) für das zweite Quartal 2025 veröffentlicht. Die Ergebnisse zeichnen ein differenziertes Bild: Während die globale Gesamtdynamik schwach bleibt, zeigen sich in Europa und vor allem in Deutschland klare Erholungstendenzen.
Immobilienmarkt: Nachfrage stabil, Kapitalwerterwartungen drehen ins Positive
Laut GCPM bleibt die globale Nutzernachfrage im zweiten Quartal erstaunlich robust. Der Nettosaldo liegt mit +5 Prozent nur leicht über den Vorquartalen, doch angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten werten die Analysten dies als Stabilitätssignal. Besonders Industrieimmobilien (+10 Prozent) und Büros (+6 Prozent) zeigen positive Trends, während der Einzelhandel mit –1 Prozent schwach bleibt. Rechenzentren gelten weiterhin als renditestärkste Assetklasse der kommenden zwölf Monate.
Europa hebt sich mit einer positiven Entwicklung ab. Knapp die Hälfte der Befragten sieht die Märkte inzwischen in einer frühen Aufschwungphase – ein deutlicher Anstieg gegenüber den Vorquartalen. Der regionale Commercial Property Sentiment Index (CPSI) verbesserte sich von –6 auf –4. Für Deutschland ergibt sich ein besonders interessantes Bild: Der CPSI stieg von –17 auf –12 und liegt damit so wenig negativ wie seit 2022 nicht mehr. Die Mieterstimmung verbesserte sich deutlich von –21 auf –11, die Kapitalwerterwartungen drehten mit –2 Prozent erstmals seit Jahren ins Positive.
Vor allem Büroimmobilien zeigen eine Trendwende: Die Nutzernachfrage stieg von –18 auf –2 Prozent, die Mietprognosen für die kommenden zwölf Monate von –8 auf +6 Prozent. Auch Industrieimmobilien legten spürbar zu (+14 Prozent Kapitalwerterwartung). Selbst der lange schwache Einzelhandel erholte sich von –31 auf –13 Prozent bei den Mieterwartungen. Parallel dazu verbesserten sich die Kreditkonditionen markant und erreichten mit +25 Prozent den besten Wert seit 2015.
„Die deutsche Immobilienwirtschaft ist weiterhin in einer herausfordernden Phase – der Markt ist noch nicht vollständig durch die Krise hindurch“, sagt Jens Böhnlein MRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland. „Doch die deutliche Verbesserung der Kapitalwerterwartungen und die zunehmende Spreizung zwischen Core- und Non-Core-Assets zeigen, dass sich Chancen eröffnen.“
Bauwirtschaft: Europa legt zu, Deutschland an der Spitze bei Infrastruktur
Auch die Ergebnisse des Global Construction Monitor verdeutlichen den zweigeteilten Trend: Global verliert die Bautätigkeit an Dynamik, der Construction Sentiment Index (CSI) sinkt auf +5 und erreicht damit den niedrigsten Wert seit 2022. Besonders in der Region APAC trübt sich das Bild weiter ein, belastet von China und Hongkong.
Europa dagegen setzt den positiven Trend fort. Der CSI stieg auf +15, den höchsten Wert seit über drei Jahren. Spanien und Deutschland führen mit einem Wert von +33 die Rangliste an. Besonders stark zeigt sich der Infrastrukturbereich: Mit einem Nettosaldo von +30 Prozent bleibt er die treibende Kraft. Energie-, Transport- sowie Informations- und Kommunikationstechnologieprojekte sichern hier Wachstum.
Für Deutschland fällt die Bilanz differenziert aus. Zwar sank der Baustimmungsindex leicht von +38 auf +33, doch der Ausblick für die kommenden zwölf Monate hellt sich auf. Die Erwartungen für den Wohnungsbau stiegen von +55 auf +60 Prozent, für den Gewerbebau von +50 auf +75 Prozent. Im europäischen Vergleich ist Deutschland zudem Spitzenreiter im Infrastruktursektor: Mit einem Optimismuswert von +86 Prozent liegt es deutlich vor anderen Ländern.
„Europa erholt sich weiter und überzeugt mit dem zweiten Anstieg des Construction Sentiment Index in Folge“, betont Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorsitzende des RICS European World Regional Board. „Spanien und Deutschland führen den Index an. Während der Infrastrukturbereich klare Impulse liefert, zeigt sich auch im privaten Wohnungsbau eine Aufhellung.“
Herausforderungen bleiben bestehen
Trotz der positiven Signale stehen die Märkte weiterhin vor strukturellen Problemen. Zwei Drittel der Befragten nennen Finanzierungsbedingungen als größte Hürde für die Bauaktivität, hinzu kommen steigende Materialkosten und ein akuter Fachkräftemangel. Besonders Handwerksberufe und Projektmanager sind schwer verfügbar. Parallel dazu belasten notleidende Kredite weiterhin das Finanzierungsumfeld.
Dennoch deuten die beiden RICS-Studien darauf hin, dass Europa – und vor allem Deutschland – eine vorsichtige Stabilisierung einleitet. Infrastrukturinvestitionen, eine verbesserte Mieternachfrage und optimistischere Erwartungen bei Kapitalwerten könnten die Basis für eine allmähliche Erholung bilden. Der Markt bleibt allerdings anfällig: Ein nachhaltiger Aufschwung setzt stabile politische Rahmenbedingungen und verlässliche Finanzierungswege voraus.