Endspurt im Dresdner Residenzschloss

Endspurt im Dresdner Residenzschloss

Endspurt im Dresdner Residenzschloss
Quelle: Architekturbüro Anwand

Der Endspurt im jahrzehntelangen Wiederaufbau des Dresdner Residenzschlosses hat begonnen. Im Zentrum der aktuellen Bauarbeiten steht die ehemalige Schlosskapelle, die unter Federführung des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) zu einem multifunktionalen Veranstaltungsraum ausgebaut wird.

Agentur

Sachsens Finanzminister Christian Piwarz unterstreicht die historische Dimension des Projektes: „Viele Generationen arbeiten seit Jahrzehnten am Wiederaufbau des Dresdner Residenzschlosses. Jetzt läuten wir den Endspurt ein.“ Bereits ab Oktober dieses Jahres soll in der Schlosskapelle wieder Musik erklingen.

Schlosskapelle: Handwerkliche Pionierleistung in zwei Etappen

Der Ausbau der Schlosskapelle erfolgt in zwei Etappen. Die erste wurde bereits von 2010 bis 2013 abgeschlossen: der aufwendige Einbau des spätgotischen Schlingrippengewölbes. Nach vier Jahrhunderten Stillstand gelang es Fachleuten, das historische Gewölbe mit traditionellen Techniken vollständig neu zu errichten – mit handgestrichenen Ziegeln und doppelt gekrümmten Sandsteinrippen, nach mündlich überliefertem Wissen und gestützt durch digitale Modellierung. Eine handwerkliche Glanzleistung von internationaler Einzigartigkeit. Aktuell läuft die zweite Bauphase: die Rekonstruktion architektonischer Elemente und der Ausbau zu einem modernen Veranstaltungsraum für 270 Personen. Dabei entstehen unter anderem die Orgelempore und Musikeremporen an der Ostseite sowie zwei übereinanderliegende Emporen im Westen. Die Bogenarchitektur an Nord- und Südseite wird aus Naturstein rekonstruiert. Alle Oberflächen – Sandstein, Putz, Gewölbe – bleiben unbehandelt sichtbar.

Zurzeit entsteht die frühbarocke Musikerempore auf Basis einer Stahl-Holzkonstruktion, während gleichzeitig kleine Brüstungen in den Seitennischen eingebaut werden, die sowohl gestalterisch als auch funktional zur Belüftung beitragen. Parallel laufen Natursteinarbeiten an der oberen Westempore. Beleuchtung und Akustik entsprechen künftig höchsten technischen Standards. Die Fertigstellung ist für Oktober 2025 geplant. Bund und Freistaat investieren insgesamt 8,4 Millionen Euro, darunter 3,75 Millionen Euro aus Bundesmitteln.

Propositionssaal und Großer Ballsaal: Historismus detailgetreu rekonstruiert

Parallel zur Schlosskapelle werden im Nordflügel seit Anfang 2023 auch der Propositionssaal und der Große Ballsaal wiederhergestellt. Nach dem Entfernen der Baugerüste sind die beeindruckenden Raumdimensionen erstmals wieder erfahrbar. Beide Säle gehörten zur barocken Zimmerflucht und wurden im 19. Jahrhundert umfassend architektonisch überarbeitet. Diese Gestaltung im Stil des Historismus bildet die Grundlage der aktuellen Rekonstruktion.

Für die Präsentation von Exponaten der Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) erhalten beide Räume moderne Vitrinen, die gesamte Technik wird dezent in den Fußboden integriert. Das charakteristische Versailler Tafelparkett aus Eiche wird originalgetreu verlegt. Im Großen Ballsaal werden die stark beschädigten Originalfragmente aus dem 19. Jahrhundert in die aufwendig rekonstruierte Stuckdecke und Wandgestaltung eingebettet. Auf eine vollständige Rekonstruktion des Bildprogramms und eine Vergoldung wird bewusst verzichtet. Der Propositionssaal erhält seine hölzerne Raumstruktur aus Wand-, Decken- und Bodenverkleidung zurück. Die historische Decke besteht aus 30 großen und 56 kleinen Holzkassetten, die durch Lasurmalerei optisch als Eichenholz ausgeführt wurden. Auch hier wird auf illustrative Dekore verzichtet – zugunsten einer schlichten, materialsichtigen Raumwirkung.

Die Übergabe der beiden Säle ist für Anfang 2026 vorgesehen. Die Investitionen belaufen sich auf rund 21 Millionen Euro, davon 4,6 Millionen Euro Bundesmittel. Unter dem Titel „Masken und Kronen“ entstehen hier Präsentationen zur Festkultur des Barock und zur Machtinszenierung am sächsischen Hof.

Ausblick: Schlosshof und Ostflügel schließen das Jahrhundertprojekt ab

Mit dem Abschluss der Maßnahmen im Nordflügel beginnt im Jahr 2026 die Umgestaltung des Großen Schlosshofes. Der Platz wird nach Jahrzehnten der Nutzung als Baustelleneinrichtung unterirdisch neu erschlossen und mit historischen Sandsteinplatten belegt. Der bereits 2023 fertiggestellte Altan wird dann erstmals seine volle gestalterische Wirkung entfalten – mit seinen biblischen Fresken und kunstvoller Renaissance-Bildhauerei eines der bedeutendsten Werke seiner Art nördlich der Alpen.

Als letztes großes Kapitel steht der Ausbau des Ostflügels bevor, in dem eine neue Dauerausstellung zur Geschichte des Schlosses entstehen soll. Während die SKD derzeit das Ausstellungskonzept erarbeitet, beginnt der SIB mit der baulichen Planung. Insgesamt belaufen sich die Investitionen in den Wiederaufbau des Dresdner Residenzschlosses bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2027 auf rund 407 Millionen Euro – getragen von Bund und Land.