Extremwetterlagen bedrohen Immobilienwerte

Extremwetterlagen bedrohen Immobilienwerte

Extremwetterlagen bedrohen Immobilienwerte
Quelle: dimitrisvetsikas1969 / Pixabay

Die Klimarisiken in deutschen Städten nehmen spürbar zu: Starkregen, Hagel, Überschwemmungen, Hitze, Trockenheit und Waldbrände sind keine Ausnahmeerscheinung mehr, sondern treten bundesweit mittlerweile regelmäßig auf – bei steigender Intensität. Das bekommen nicht nur Menschen zu spüren, so hat es auch Auswirkungen auf Immobilien. In der aktuellen Analyse „Klimarisiken in deutschen Städten“ untersucht JLL die Veränderungen der Risiken in deutschen Großstädten bis 2050.

IMMOBILÉROS - Der Podcast für die Immobilienbranche

Unter der Prämisse des schlechtesten Klimaszenarios (SSP5 8.5) wird im deutschen Städtevergleich vor allem Frankfurt am Main vom Klimawandel hinsichtlich der Zunahme von Unwettern (Hagel) betroffen sein, in München und Stuttgart werden die Hitzewellen zunehmen, während es in Köln und Düsseldorf künftig kaum noch frostig werden dürfte. Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany, analysiert: „Im internationalen Vergleich erscheinen die Klimagefahren in deutschen Städten überschaubar, doch gerade Städte mit ihrer dichten Bebauung, ihrem hohem Versiegelungsgrad und ihrer stark frequentierten Infrastruktur sind auch hierzulande besonderen Risiken wie Hochwasser und Hitze ausgesetzt. Unternehmen und Investoren müssen mehr denn je regionale Unterschiede hinsichtlich der klimatischen Veränderungen berücksichtigen. Die zunehmenden Extremwetterereignisse erhöhen die Risiken und Kosten für Immobilien, einschließlich höherer Wartungs- und Versicherungskosten sowie Betriebsunterbrechungen.“

Mithilfe speziell dafür entwickelter Modelle lassen sich mittlerweile Klimaszenarien bis 2050 entwickeln, die auf Städte und Regionen heruntergebrochen werden können. Die JLL-Analyse untersucht anhand global vergleichbarer Parameter, wie sich die Klimarisikobewertung für ausgewählte deutsche Städte in den nächsten rund 25 Jahren entwickeln wird. Im Fokus stehen Berechnungen für Veränderungen von Extremwettereignissen wie Hochwasser, Wind, Hitze, Hagel, Trockenheit, Waldbrände, Niederschlag und Kälte.

Generell gilt: „Die größte Gefahr geht von zunehmender Hitze aus. Zugleich steigt die Gefahr von Hagel und längeren Phasen von Trockenheit“, sagt Helge Scheunemann. Auch Hochwasser, das in diesem Jahr bereits in Süddeutschland verheerende Schäden angerichtet hat, wird noch häufiger auftreten – unter anderem ausgelöst durch Starkregen, der vor allem in München, Dresden und Leipzig erwartet wird.

Auf die Immobilienwirtschaft wirkt sich diese Veränderung unmittelbar aus: „Die Kaufpreise sinken nach Klimaereignissen in der Regel, besonders an Standorten, die nicht an extreme Wetterbedingungen gewöhnt sind. Im Laufe der Zeit können wiederholte Ereignisse zu erheblichen Abwertungen und einem Rückgang der Nachfrage führen“, warnt Helge Scheunemann. Selbst Gebäude nach dem neuesten Standard werden auf das veränderte Klima anpasst werden müssen, um ihre Attraktivität und ihren Wert zu erhalten.

Bislang werden die Klimarisiken jedoch von vielen Unternehmen in den meisten Branchen vernachlässigt. Nach Daten des US-Finanzdienstleisters S&P Global verfügt nur jedes fünfte Unternehmen über einen Plan zur Anpassung an die physischen Risiken des Klimawandels. Immobilienunternehmen schneiden etwas besser ab: Hier sind immerhin 26,5 Prozent auf die physischen Risiken vorbereitet. Laut dem Global Risk Report 2023 des Weltwirtschaftsforums „ist das Scheitern der Anpassung an den Klimawandel das zweitgrößte Risiko für Unternehmen im nächsten Jahrzehnt“.

Der Umgang mit dem Klimawandel scheint oft paradox: Während der Bericht „Decarbonizing the Built Environment“ von JLL ergab, dass 78 Prozent der Investoren und 83 Prozent der Mieter das Klimarisiko auch als finanzielles Risiko ansehen, ergab eine Studie von PwC aus dem Jahr 2023, dass nur 23 Prozent der Führungskräfte für klimatische Schäden in den nächsten zwölf bis 18 Monaten vorgesorgt haben. „Unternehmen verweisen häufig auf Kosten und fehlende Daten als Hindernisse für Klimarisikostrategien. Darüber hinaus behindere das Fehlen angemessener Richtlinien, fehlende Standardisierung und mangelnde Kenntnisse die Erstellung und Umsetzung von Strategien zur Risikominderung“, sagt Helge Scheunemann. „Die Zusammenarbeit zwischen Regierungen auf allen Ebenen, Eigentümern, Kreditgebern, Versicherern und Kreditratingagenturen ist entscheidend, um Investitionen in die Widerstandsfähigkeit voranzutreiben. Vor allem bei Versicherungsgesellschaften steht das Monitoring von Klimaschäden bereits seit Jahren im Fokus.“

„Selbst mit engagiertem Klimaschutz kann der Klimawandel nicht mehr verhindert, sondern nur noch begrenzt werden. Es ist daher wichtig, sich rechtzeitig an die Klimaveränderungen anzupassen, um die Widerstandsfähigkeit von Gesellschaft, Wirtschaft und Ökosystemen zu erhöhen und Schäden so weit wie möglich zu minimieren. Klimaschutzmaßnahmen und Anpassungsstrategien sollten dabei Hand in Hand gehen“, stellt Helge Scheunemann fest. Deshalb ist eine klimaresiliente Infrastruktur in Städten und Gebäuden entscheidend, um ihre langfristige Werthaltigkeit und Funktionalität zu sichern. Auch globale Studien belegen, dass sich Investitionen in klimaresistente Maßnahmen langfristig auszahlen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie mit ihrem nächsten Mietvertrag wesentliche Fortschritte bei der Verwirklichung ihrer Ziele vorweisen können – doch das ist herausfordernd, denn die Nachfrage nach nachhaltigen Flächen übersteigt das Angebot um ein Vielfaches. „Außerhalb der Gebäude kommt es auf weniger Versiegelung, also weniger Asphalt- und Betonflächen und dafür mehr Begrünung auf Dächern, Fassaden und Straßen an. Zugleich sollten mehr reflektierende Baumaterialien, insbesondere auf Dächern, verwendet werden“, schlägt Helge Scheunemann vor.