Finanzierung von Projektentwicklungen: „Kostenplanungen müssen neu justiert werden“

Finanzierung von Projektentwicklungen: „Kostenplanungen müssen neu justiert werden“

Finanzierung von Projektentwicklungen: „Kostenplanungen müssen neu justiert werden“
Markus Kreuter analysiert die Kalkulationen von Projektentwicklungen. Copyright: Robert Lehmann

Markus Kreuter, Geschäftsführer von zinsbaustein.de, verantwortet als Finanzierungsexperte die Projektakquise und -analyse von gewerblichen Immobilienfinanzierungen und analysiert für uns die Kalkulationen von Projektentwicklungen, definiert Kostenblöcke und preist die neuen Marktbedingungen ein. 

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Hohe Inflationsraten, steigende Zinsen, Energiekrise – viele Immobilienvorhaben waren und sind seit einigen Monaten mit einer komplett veränderten Lage konfrontiert. Verunsicherung hat sich entsprechend breit gemacht. Ablesbar ist dies etwa am Rückgang der Immobilienfinanzierungen. So verzeichnet der Verband der Pfandbriefbanken (vdp) im ersten Quartal 2023 einen Rückgang von 45 Prozent der bei ihm angeschlossenen Kapitalgeber im Bereich der Gewerbeimmobilienfinanzierungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Doch während manche Projektentwickler Vorhaben abgebrochen haben, konnten andere ihre Projekte weiter erfolgreich realisieren. Was sind die Gründe für den Erfolg trotz des schwierigeren Umfeldes? Ein ganz wesentlicher Faktor ist die Kalkulation: Die Qualität der Kostenplanung ist entscheidend für den finanziellen Erfolg eines Immobilienprojektes. Es gilt hier insbesondere, die verschiedenen Faktoren zu berücksichtigen, die auf die Gesamtkosten einwirken.

Kalkulation der wichtigen Kostenblöcke notwendig

Bei der Kalkulation eines Projektes ist es von großer Bedeutung, zunächst die Gesamtinvestitionskosten (GIK) zu bestimmen. Diese umfassen alle Kosten, die für die Herstellung berücksichtigt werden müssen. Zu den wichtigen Kostenblöcken gehören der Grundstückserwerb mit den dazugehörigen Nebenkosten (circa 20 bis 35 Prozent der Gesamtkosten), die Herstellungskosten des Gebäudes einschließlich der technischen Anlagen (circa 30 bis 40 Prozent), die Vertriebskosten (ungefähr fünf bis zehn Prozent) und die Finanzierungskosten (etwa acht bis 15 Prozent). Bei dieser Kalkulation wird die Eigenkapitalverzinsung nicht berücksichtigt, da sie durch den Projektgewinn entsteht.

Die Anteile der einzelnen Kostenblöcke können variieren, zum Beispiel abhängig davon, ob das Grundstück in einem teuren innerstädtischen Ballungszentrum oder in ländlichen Gebieten erworben wird. Ebenso hängt der Anteil der Finanzierungskosten von den verwendeten Finanzierungsmitteln und der Gesamtverschuldung des Projektes ab. Wenn beispielsweise Mezzanine-Finanzierungen eingesetzt werden, steigt dieser Kostenanteil, da der Projektentwickler bereit ist, höhere Zinsen zu akzeptieren, um weniger Eigenkapital einzusetzen.

Festpreissicherheit sorgt für Kostensicherheit

Die Vereinbarung eines Festpreises trägt dazu bei, dass die Kosten besser planbar und vor unvorhergesehenen Steigerungen geschützt sind. Vorausschauende Projektentwickler streben bei den wesentlichen Ausgaben entsprechend nach maximaler Sicherheit und bevorzugen Festpreise. Beim Grundstück ist dies in der Regel unkompliziert, da der Preis in den meisten Fällen feststeht und nur in Sonderfällen im Nachhinein angepasst wird. In der Vergangenheit waren die Baukosten ein zentrales Thema, da die Rohstoffpreise zeitweise stark angestiegen sind. Hinzu kamen gestiegene Lohnkosten. Allerdings hat sich die Situation in diesem Bereich zwischenzeitlich deutlich beruhigt, und eine höhere Kalkulationssicherheit ist wieder gegeben.

Der Anstieg der Bankzinsen hat insgesamt nur geringe Auswirkungen auf die Gesamtkosten. Auch wenn sich die Zinssätze mitunter vervierfacht haben, erhöht sich der Anteil der Zinsposition an den GIK bei klassischer Finanzierungsstruktur meist nur von etwa fünf auf acht Prozent. Ein Projekt wird dadurch materiell nicht gefährdet, und zum jetzigen Zeitpunkt sind die Zinsanstiege in den Kalkulationen der Entwickler wieder berücksichtigt. Die Herausforderungen für Projektentwickler betreffen derzeit hauptsächlich Projekte, die zu einem Zeitpunkt gestartet wurden, als noch niedrige Zinsen und niedrige Kostenansätze galten – also insbesondere vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs. In solchen Fällen bestand und besteht die Gefahr, dass Grundstücke zu teuer angekauft wurden, Baukosten gestiegen sind und die Erwartungen an den Verkaufserlös massiv reduziert werden mussten.

Projektentwickler, die im Sommer 2023 ein neues Projekt kalkulieren, können die Verwerfungen der Märkte der letzten 18 Monate weitgehend verarbeiten. Kosten und Verkaufsszenarien wurden an die aktuellen Gegebenheiten angepasst. Derzeit wird nicht mehr mit großen Ausschlägen bei den wesentlichen Kostenpositionen gerechnet, und auch der Verkauf kann wieder besser kalkuliert werden. Dies wird sich im Zeitverlauf noch weiter verbessern. Es ist und bleibt daher wichtig, die aktuellen Entwicklungen in der Branche zu berücksichtigen und angemessene Puffer einzuplanen. Projekte müssen vorausschauend kalkuliert sein und Reserven enthalten, um unvorhergesehene Kostensteigerungen abzufedern. Realistische Verkaufsszenarien und eine umsichtige Finanzierungsstrategie sind ebenfalls von großer Bedeutung.

Verknappung des Angebotes als Chance

Die Zukunft von Immobilienprojekten ist auf dieser Basis durchaus vielversprechend. Aktuell sind viele neue Projektentwicklungen am Markt, die solide kalkuliert sind, Reserven enthalten und realistische Verkaufsszenarien berücksichtigen. Für viele Projektentwickler dürfte jetzt ein guter Zeitpunkt sein, um neue Projekte zu starten. Aufgrund der vielen nicht begonnenen Projekte wird es eine Verknappung des Angebotes geben, was mit der Perspektive eines Fertigstellungstermins in 18 bis 24 Monaten zusätzliche Chancen für gut geplante und kalkulierte Projekte eröffnet.

Eine solide Kalkulation sollte aber nicht nur in turbulenten Zeiten oberstes Gebot sein. Dass manche Player vom Immobilienmarkt verschwunden sind, die dieses Gebot zu wenig berücksichtigt oder die von der Upwards-only-Preisentwicklung profitiert haben, ist daher nicht verwunderlich und macht den Markt resilienter. Von erfolgreichen, weil gut kalkulierten Projekten profitieren schließlich auch Investoren. Denn gerade, wenn etwa Banken als Immobilienfinanzierer weiterhin zurückhaltend sind, eröffnen sich durch Investments in Immobilienfinanzierungen gute Renditemöglichkeiten, durch die eine positive Nettorendite jenseits der Inflationsrate möglich ist. 

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