Die Greyfield Group gehört seit Jahren zu den Verfechtern von Bauen im Bestand und sensibilisierte immer wieder für dieses Thema. In ihrer Analyse zeigt das Unternehmen nun, dass Bestandsmaßnahmen stabiler sind.
„Flexible Büroflächen und die Nutzung der bestehenden Bausubstanz – ohne Abriss, dafür ressourcenschonend und umweltfreundlich. Genau so stellen wir uns nachhaltige Stadtentwicklung vor.“: Dieses Zitat stammt von Dr. Christian Scharpf, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München, gesprochen bei der Grundsteinlegung des Projektes „landN – Das Netzwerkhaus“. Das ist eine Revitalisierung eines bestehenden Bürogebäudes mitten in der Münchner Isarvorstadt. Bis Ende 2026 sollen dort eine „Assembly Hall für Events, ein Atrium mit Kreativ-Café zum Austausch sowie begrünte Dachterrassen mit Blick bis zur Bavaria“ entstehen, in Kombination mit 4.300 Quadratmetern Büro- und Gastronomieflächen.
„Eine neue räumliche Qualität
Laut dem Europace Hauspreisindex (EPX) verzeichnete nur das Segment der bestehenden Ein- und Zweifamilienhäuser den stärksten Preisanstieg, wenn auch nur 0,26 Prozent. Bestandswohnungen verteuerten sich im Vergleich zum Vormonat minimal und stiegen um 0,05 Prozent. Vielleicht sind diese Zahlen zu gering, doch zeichnen sie einen Trend ab, der im Gefühl schon lange da ist, sich aber immer weiter verfestigt: Bestand ist der neue Neubau. Sonar Development holte sich erst kürzlich die Baugenehmigungen für die Umwandlung zweier leerstehender Bürogebäude in Eschborn in 200 Wohnungen ab. CBRE analysierte für den Bereich des Modernen Wohnen – Studentisches Wohnen, Co-/Micro Living, Services Apartments –, dass im Gegensatz zu den Boomjahren 2021 und 2022 zuletzt überwiegend ältere Bestandsobjekte in diesem Asset gehandelt wurden. Die Modemarke NEW YORKER lässt sein Headquarter in Braunschweig nicht komplett neu bauen, sondern kombiniert Neubau und Bestand. Das Hamburger Architekturbüro Hadi Teherani steuerte den Entwurf zu dieser Transformation zu einem Campus bei. „Die Verbindung von Bestand und Neubau schafft eine neue räumliche Qualität, die sowohl die Unternehmenskultur stärkt als auch die Arbeit im Büro attraktiv macht“, so Sebastian Appl, Partner und Head of Architecture bei Hadi Teherani Architects.
Bestand: „Stabilitätsanker der Branche“
Der Beispiele gebe es noch zahlreiche. Fakt ist: Der Greyfield-Index zeigt, dass alle drei Minuten eine Baugenehmigung in Deutschland erteilt wird, davon jede zweite im Bestand. „Er erweist sich als deutlich krisenresistenter als der Neubau. Während die Genehmigungszahlen für Neubauprojekte stark eingebrochen sind, bleiben die Zahlen im Bestand weitestgehend stabil. Das macht das Bauen im Bestand zum Stabilitätsanker der Branche“, so Timm Sassen, Gründer und CEO der Greyfield Group. Der Greyfield-Index, der Genehmigungen und Fertigstellungen im Neubau und im Bestand miteinander ins Verhältnis setzt, hinterlegt das mit Zahlen: Nach Hochrechnungen werden im Jahr 2025 rund 182.000 Bauaktivitäten im Neubau registriert – ein Rückgang um 22 Prozent gegenüber 2024 (234.000). Dem stehen 136.000 Maßnahmen im Bestand gegenüber. Zwar ist auch hier ein leichter Rückgang zu verzeichnen (minus 6 Prozent gegenüber 145.000 im Vorjahr), doch die Zahlen bleiben insgesamt deutlich stabiler. Auf den Tag heruntergerechnet bedeutet das: In Deutschland werden rund 450 Baugenehmigungen erteilt – fast jede zweite davon betrifft inzwischen den Bestand.
Besonders ausgeprägt ist die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen. Hier halten sich Neubau- und Bestandsmaßnahmen inzwischen die Waage. In Metropolen wie Bochum, Essen oder Düsseldorf überwiegt bereits die Transformation bestehender Gebäude – ein klares Signal, dass Investitionen verstärkt in Umbau und Revitalisierung fließen. Bundesweit dominiert zwar noch der Neubau, doch laut Greyfield-Index könnte sich das Verhältnis bis 2028 zugunsten des Bestands verschieben. „Die Zukunft des Bauens liegt im Bestand. Ressourcenknappheit, Klimaschutz und veränderte gesellschaftliche Bedürfnisse machen es notwendig, vorhandene Gebäude zu transformieren, statt neue Flächen zu versiegeln“, so Tim Sassen.