Hospitality: „In Deutschland tätigen wir derzeit keine Ankäufe“

Hospitality: „In Deutschland tätigen wir derzeit keine Ankäufe“

Hospitality: „In Deutschland tätigen wir derzeit keine Ankäufe“
Covivio erweiterte auch 2024 sein Hotelportfolio und übernahm ein Vier-Sterne-Hotel mit 429 Zimmern auf den Kanarischen Inseln. Quelle: Covivio

Der Hotelmarkt in Deutschland hat sich seit der Pandemie tiefgreifend verändert. Während Geschäftsreisende und Messebesucher lange Zeit die Säulen der Branche waren, verlagert sich der Fokus zunehmend auf Freizeitdestinationen. Sebastian Koch, Head of Hotels & Hospitality Management Germany bei Covivio, beschreibt diese Entwicklung als Weiterentwicklung und zugleich als Chance für neue Betreiberkonzepte, Markenstrategien und nachhaltige Investitionen.

Agentur

„Vor Corona waren Businesshotels die gefragtesten Objekte“, sagt Sebastian Koch, Head of Hotels & Hospitality Management Germany bei Covivio. „Leisure-Standorte wurden weniger geschätzt, weil sie als volatiler galten.“ Diese Perspektive hat sich umgekehrt. Heute sind Ferienregionen, Küstenstädte und Seenlandschaften oftmals ausgebucht, während Businesshotels in manchen Lagen noch immer hinter den Erwartungen zurückbleiben. Für Covivio, eines der führenden europäischen Immobilienunternehmen mit einem Hotelanteil von rund 20 Prozent am Gesamtportfolio, bedeutet das: Anpassung, Diversifizierung und konsequente Fokussierung auf langfristige Wertentwicklung.

Freizeit zieht, Business stagniert

Covivio betreibt europaweit rund 300 Hotels in zwölf Ländern. In Deutschland umfasst das Portfolio Häuser vom urbanen Standort wie Offenbach bis zu touristischen Destinationen am Bodensee oder in Lübeck – Standorte also, die von einem wachsenden Freizeitanteil profitieren. Sebastian Koch bestätigt: „Wir sehen, dass insbesondere Regionen mit touristischer Prägung stabil laufen oder wachsen. Der Freizeitmarkt hat sich schneller erholt und verlässlicher entwickelt als die reine Stadthotellerie.“

Während Covivio in Deutschland derzeit keine Ankäufe tätigt, investiert das Unternehmen im europäischen Ausland weiter – vor allem in Südeuropa. Spanien, Portugal und Italien stehen hoch im Kurs. „Wir haben Ende letzten Jahres ein Vier-Sterne-Haus auf Teneriffa übernommen. Es ist kein klassisches Stadthotel, sondern ein Resort mit starker Nachfrage. Solche Destinationen bieten uns ein besseres Gleichgewicht zwischen saisonaler Auslastung und Ertragssicherheit“, so Sebastian Koch.

Markenvielfalt als Herausforderung

Ein Trend, der die Branche zusätzlich prägt, ist die wachsende Markenvielfalt. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass große Ketten neue Submarken launchen: Boutique-Konzepte, Lifestyle-Hybride, Extended-Stay-Angebote. „Jeder versucht, sich abzuheben, jeder will eine eigene Geschichte erzählen“, so Sebastian Koch. „Aber nicht jede Marke wird sich langfristig durchsetzen. Einige werden wieder verschwinden, andere werden übernommen. Es ist eine Phase der Bereinigung.“

Für Investoren und Eigentümer bedeutet das: genau hinsehen. Eine starke Marke kann die Stabilität eines Pachtvertrages sichern, aber zu viel Differenzierung erhöht die Komplexität. Covivio beobachtet den Markt daher strategisch und setzt zunehmend auch auf eigene Betriebskompetenz. Mit der Tochtergesellschaft WIZIU betreibt das Unternehmen mittlerweile 24 Hotels selbst, eine bewusste Entscheidung, um Flexibilität und Kontrolle zu behalten.

Betreiberverträge im Wandel

Ein zentrales Thema bleibt die Vertragsstruktur. Während in Deutschland nach wie vor klassische Pachtverträge dominieren, arbeitet Covivio international mit einer Vielzahl von Modellen – von Franchise- über Management- bis zu hybriden Strukturen. „In Frankreich etwa sind Franchiseverträge weit verbreitet. In Deutschland setzen wir überwiegend auf Pachtverträge mit langen Laufzeiten. Nur ein Hotel Portfolio von aktuell sieben Häusern betreiben wir hier im Managementmodell“, sagt Sebastian Koch.

Die Inflation hat auch im Hotelmarkt Spuren hinterlassen. Doch im Gegensatz zu anderen Assetklassen werden Indexmieten aktuell vorsichtiger gehandhabt. „Wer heute als Mieter Mietverträge unterschreibt, akzeptiert in der Regel keine hundertprozentige Indexierung mehr. Die Betreiber achten stärker auf Kostenstabilität. Gleichzeitig ist der ADR gestiegen, was gewisse Kostensteigerungen kompensiert.“

Personalmangel und steigende Betriebskosten bleiben jedoch drängende Probleme. Viele Betreiber kämpfen mit höheren Lohnniveaus, Energiekosten und Materialpreisen. Diese Belastungen wirken sich auf Verhandlungen aus und verändern das Risikoprofil der Eigentümer. „Wir hören häufig von steigenden Kosten, aber auch von einem hohen Innovationsdruck. Betreiber müssen effizienter werden, digitale Tools einsetzen, die Energieversorgung modernisieren. Für uns als Eigentümer ist entscheidend, dass beide Seiten langfristig denken. Kurzfristige Mietnachlässe lösen das strukturelle Problem nicht.“

Unterschiedliche Erholung in Europa

Covivio zählt zu den größten Hotelinvestoren Europas und kann Märkte im direkten Vergleich analysieren. Sebastian Koch sieht deutliche Unterschiede: „Frankreich hat sich nach der Pandemie schneller erholt, Deutschland dagegen etwas langsamer. Dafür hielt die Erholung hierzulande länger an.“ Auch Mittel- und Osteuropa zeigen Dynamik. In Prag und Budapest steigen die Auslastungen wieder deutlich, die Erträge liegen über Vor-Corona-Niveau.

Transaktionen sind allerdings in allen Märkten rückläufig. Nur vereinzelt wechseln Hotels den Eigentümer, oft im Zuge einer Portfoliobereinigung. Covivio selbst verkaufte 2024 sechs Häuser, 2025 bislang eines. „Wir prüfen sehr genau, ob ein Ankauf oder Verkauf Sinn ergibt“, sagt Sebastian Koch. „Entscheidend sind Standortqualität, Betriebskonzept, ESG-Perspektive und natürlich die Wirtschaftlichkeit. Wir kaufen nicht, um Volumen zu erhöhen, sondern um das Portfolio strategisch zu stärken.“

Nachhaltigkeit als Schlüssel zum Werterhalt

Die ESG-Transformation spielt in der Hotellerie eine zunehmend zentrale Rolle. Energieeffizienz, CO2-Reduktion und nachhaltige Betriebskonzepte sind längst keine Kür mehr, sondern Pflicht – sowohl regulatorisch als auch marktgetrieben. Die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks pro Zimmer bis 2030 um 66 Prozent und bis 2050 um 90 Prozent ist ein zentrales Anliegen. „Wir versuchen, in allen Häusern schrittweise aus fossilen Energien auszusteigen“, erklärt Sebastian Koch. „Wo möglich, stellen wir als eine Möglichkeit zum Beispiel von Gas auf hocheffiziente Wärmepumpen um. Für jedes Hotel erstellen wir eine detaillierte Analyse, um zu bestimmen, wo wir auf dem CREM-Pfad stehen und welche Maßnahmen erforderlich sind. Das reicht von Fensterdämmung bis zum Austausch technischer Anlagen.“

Die größte Herausforderung sieht Sebastian Koch darin, Nachhaltigkeit nicht oberflächlich, sondern substanziell umzusetzen. „Es geht nicht um kosmetische Reparaturen, sondern um echte Effizienzsteigerungen. Ein Hotel ist ein komplexes Gebäude mit Küche, Wäscherei, Lüftung, Klimaanlage, jede Komponente muss mitgedacht werden. Nur so lassen sich die Ziele erreichen.“

Trotz der Herausforderungen bleibt der Hotelmarkt für Covivio ein zentrales Segment. Der Anteil von zurzeit rund 20 Prozent am Gesamtportfolio soll ausgebaut werden. „Wir glauben an die Zukunft der Hotellerie“, betont Sebastian Koch. „Reisen, Arbeiten und Wohnen verschmelzen zunehmend. Die Gäste erwarten flexible Konzepte.“