Inspirierend, ehrlich, ratlos: EXPO REAL 2025 feiert den Zweckoptimismus

Inspirierend, ehrlich, ratlos: EXPO REAL 2025 feiert den Zweckoptimismus

Inspirierend, ehrlich, ratlos: EXPO REAL 2025 feiert den Zweckoptimismus

Mehr Menschen, weniger Stände, dafür mehr Glauben an das große Comeback: Die EXPO REAL 2025 war eine Messe zwischen Selbstvergewisserung und Selbsttäuschung. Wer wollte, fand Aufbruchstimmung – wer konnte, sprach von Realismus. Dazwischen: die immergleichen Floskeln, ein bisschen Hoffnung und ganz viel Loungemobiliar.

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Zwischen den dicht belagerten Ständen von Hamburg, München und dem Ruhrgebiet schoben sich die Besucher durch die Gänge, als ginge es um den letzten Aperol im Areal. Die neue Messegeometrie funktioniert: Wo Transaktionen fehlen, sorgt Stau für Dynamik. Und doch: Die Stimmung war fast na ja – gemessen an den Vorjahren jedenfalls. „Die Expo Real hat in diesem Jahr angenehm überrascht. Auch wenn die Transaktionsvolumina noch nicht wieder das historische Niveau erreicht haben, sehen wir erste Anzeichen für eine Rückkehr dieser Dynamik. Das Investoreninteresse stimmt zuversichtlich“, sagt Rachel Shone, Managing Director EMEA Real Estate bei Principal Asset Management. Optimismus mit Sicherheitsgurt – das neue Erfolgsrezept der Branche.

Selbst die ewige Klage über das große Jammern wurde leiser geführt. Man sprach jetzt „konstruktiv“, „lösungsorientiert“, und wenn jemand die „guten alten Zeiten“ erwähnte, dann nur im Flüsterton. „Die Talsohle ist erreicht, es gibt auf niedrigem Niveau wieder einige Deals, aber der Weg zur vollständigen Erholung ist noch lang“, bilanziert Dr. Patrick Adenauer von German American Realty. Das klingt, als sei man aus dem Keller gekommen, um festzustellen, dass der Aufzug noch nicht fährt. Je nach Gesprächspartner spielt ESG entweder die Hauptrolle oder gar keine. KI und Nachhaltigkeit prägen das neue Selbstverständnis – oder eben nicht. Es hängt davon ab, ob man Investor oder Entwickler ist, Optimist oder Realist, Verkäufer oder schon längst draußen. „Nachhaltigkeit scheint in der aktuellen Marktsituation an Bedeutung zu verlieren. Auf der EXPO REAL zeigt sich jedoch, wie wichtig dieses Thema und eine kompetente Herangehensweise sind, um Immobilienwerte langfristig zu sichern“, mahnt Dr. Sebastian Scharpf von der AIF Management GmbH. Die Frage lautet: was denn nun? Im Hintergrund wird der ESG-Rucksack geschnürt und dann beim Erklimmen des Berges vergessen? So ist er wieder da, der unverwüstliche Optimismus. Mal verhalten, mal laut, mal verkleidet als Realismus – aber immer verfügbar. Er füllt das Vakuum zwischen Zins, Baukosten und Realität zuverlässig.

Das Wort „inspirierend“ wurde in München inflationär gebraucht, meist dort, wo eigentlich Ratlosigkeit herrschte. „Inspirierend, ehrlich, konstruktiv“ – so klang das neue Mantra einer Branche, die sich selbst zuversichtlich therapierte. Wie die Gebrauchsanweisung eines homöopathischen Beruhigungsmittels: sanft, wirkungsarm, aber tröstlich. „Der Markt kommt langsam in Bewegung, in den letzten zwölf Monaten sahen wir kontinuierlich auch im Premium-/Trophy-Segment interessante Angebote auf den Markt kommen – insbesondere in den Anlageklassen Office und Residential. Käufer und Verkäufer finden zunehmend zusammen und unsere aktuellen Mandate erlauben es uns, speziell auch in diesem Bereich sehr wettbewerbsfähig aufzutreten“, sagt Boris Schran von Peakside Capital Advisors. Bewegung also. Wohin, bleibt Nebensache. Hauptsache, sie lässt sich verkünden.

Ein bisschen greifbarer wurde es beim Geld. „Auffällig war in diesem Jahr die hohe Präsenz ausländischer Versicherungen, die gezielt nach Senior Loans suchen – mit Beleihungsausläufen von 50 bis 60 Prozent, Margen zwischen 200 und 250 Basispunkten und Ticketgrößen von 50 Millionen Euro an aufwärts“, berichtet Curth-C. Flatow von der FAP Group. Übersetzt: Es gibt wieder Kapital, aber nicht für jeden. Auch die Politik wollte die Aufbruchsstimmung nicht stören. Bundesbauministerin Verena Hubertz erklärte beim Rundgang: „Wir müssen Bauen wieder ins Zentrum rücken. Alle sind sich auch einig, egal auf welcher Ebene man mit Menschen spricht, ob mit dem Bürgermeister oder der jungen Familie: Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum. Die EXPO REAL ist natürlich eine Institution, hier trifft sich die ganze Branche. Vor allem beeindrucken mich die vielen innovativen Lösungen, die hier vorgestellt werden.“ Ein Satz, der klingt, als stünde er schon im Regierungsarchiv: unter dem Stichwort Verwendung für alle Messen.

„Während auf vielen Panels noch über die Herausforderungen der letzten Jahre gesprochen wurde, haben wir auf der EXPO REAL vor allem eines gesehen: Aufbruchstimmung. Die Immobilienbranche ist bereit für Innovation, und sie braucht sie dringender denn je. Die EXPO REAL hat bewiesen, dass sie mehr ist als eine Messe: Sie ist der Puls der Branche“, sagt Christina Mauer, CEO von einwert. Der Puls schlägt leise, aber gleichmäßig. Vielleicht auch, weil niemand wagt, auf ihn zu hören. Denn während vorne über Innovation gesprochen wird, stauen sich hinten die Risiken. „Die große Welle an Non-Performing Loans im Bürosegment bleibt aus, aber hinter den Fassaden stauen sich die Probleme“, warnt Restrukturierungsberater Jan Düdden gegenüber der Immobilien Zeitung. Eine nüchterne Erinnerung daran, dass Ruhe selten Entspannung bedeutet.

„Das hier und heute ist die neue Wahrheit“, sagt Mark Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien. „Und in dieser neuen Wahrheit gilt es, Geschäft zu generieren. Konkret, lösungsorientiert und nach vorne gerichtet – fast wie in den guten alten Zeiten.“ Es ist das Credo einer Branche, die gelernt hat, Realismus zu verkaufen – als Fortschritt. Die EXPO REAL 2025 war der Beweis: Die Immobilienwirtschaft kann Krise. Sie inszeniert sie als Transformation, verpackt sie in Panel-Titel und gießt sie in Lounges mit Latte-Art. Wo früher Wachstum herrschte, herrscht jetzt Erzählkunst. Und das, immerhin, macht sie meisterhaft.

Die nächste EXPO REAL findet vom 5. bis 7. Oktober 2026 in München statt.