Kaufhaussegment treibt den Retailmarkt zu gutem Ergebnis

Kaufhaussegment treibt den Retailmarkt zu gutem Ergebnis

Kaufhaussegment treibt den Retailmarkt zu gutem Ergebnis
Quelle: Felix-Mittermeier / Pixabay

Fast jeder fünfte Quadratmeter des Flächenumsatzes in Innenstadtlagen entfällt auf ehemalige Galeria-Objekte, so eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.

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Auf dem innerstädtischen Einzelhandelsmarkt hat sich die gute Vermietungsdynamik der ersten Jahreshälfte auch im dritten Quartal weiter fortgesetzt. Die fortschreitenden Konsolidierungsprozesse sorgen nach wie vor für ein lebhaftes Marktgeschehen. So mieten viele prominente Akteure zwar teils sehr große Flagshipstores in absoluten Premiumlagen an, dünnen das Filialnetz aber insgesamt deutlich aus. Zu nennen sind hierbei unter anderem die internationalen Großkonzerne Inditex und TK Maxx, aber auch deutsche Unternehmen wie C&A und Thalia, wobei sich gerade der Marktführer im stationären Buchhandel aktuell in den besten Lagen der größten Städte neu aufstellt. Gleichzeitig gibt es zunehmend Einzelhändler, die den Markteintritt in Deutschland wieder vermehrt suchen (beispielsweise Arc’teryx und Nordic Nest) oder ihre zielgerichteten Expansionspläne erneut vorantreiben. In diesem Zusammenhang zeigen sich unter anderem Uniqlo oder die Bestseller Gruppe – mit ihren im stationären Handel noch jungen Konzepten wie Only and Sons und JJXX, aber auch mit etablierten Marken wie Only – sehr aktiv. Ermöglicht wurde das gute Resultat vor allem durch zahlreiche Nachvermietungen in ehemaligen Galeria-Karstadt-Kaufhof-Immobilien. Diese und weitere wichtige Trends und Treiber hat BNP Paribas Real Estate basierend auf den Vermietungen und Eröffnungen in Innenstadtlagen herausgearbeitet.

Insgesamt konnte in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres ein Vermietungsvolumen von rund 363.000 Quadratmetern in den zentralen Lagen deutscher Innenstädte verzeichnet werden. Damit liegt die Zwischenbilanz Ende des dritten Quartals rund fünf Prozent über dem durchschnittlichen Wert der vergangenen fünf Jahre. Berücksichtigt man die Vermietungen und Eröffnungen innerhalb des neuen Westfield-Shoppingcenters im Hamburger Überseequartier, würde sich das Resultat sogar im Bereich von rund 400.000 Quadratmetern einordnen.

Als wesentlicher Umsatztreiber des sehr guten Ergebnisses ist in erster Linie die hohe Nachvermietungsdynamik in ehemaligen Galeria-Kaufhäusern zu nennen: Mit rund 66.000 Quadratmetern und einem Anteil von fast zwanzig Prozent am Gesamtumsatz bewegt sich diese Sparte aktuell auf einem Rekordniveau. Vor dem Hintergrund, dass die Vergleichswerte zwischen den Jahren 2020 und 2024 bei rund 30.000 Quadratmetern und einem Marktanteil von durchschnittlich sieben Prozent lagen, wird die große Bedeutung dieses Segments für die aktuelle Bilanz noch einmal deutlich. Beachtlich ist auch die große Anzahl von fast vierzig Mietvertragsabschlüssen, die in das Flächenvolumen eingeflossen sind. Gegenüber den Vorjahren hat zudem ein Umdenken stattgefunden, was sich in mehreren Beobachtungen widerspiegelt: „Zum einen wurden Kooperationen geschlossen, wie beispielsweise mit Decathlon, um Flächen nicht einfach nur nachzuvermieten und kurzfristige Interimsnutzer zu gewinnen, sondern Mieter zu platzieren, die langfristige Verträge erfüllen können und die Wahrnehmung des Objekts innerhalb der Einkaufsstraße stärken.

Zum anderen hat sich das Vermietungsgeschehen in Kaufhäusern im laufenden Jahr insgesamt stärker kleinteilig entwickelt. In vielen Fällen wurde darauf geachtet, mehrere Einzelhandelsnutzer für eine ehemalige Kaufhausfläche zu gewinnen, statt eine mehrgeschossige Fläche ausschließlich an einen einzigen Mieter zu vergeben“, erläutert Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Leiter des Bereichs Einzelhandelsimmobilien. In der Einzelfallanalyse ist zudem zu klären, für welches Objekt in welcher Lage Verkaufsflächen oberhalb oder unterhalb des Erdgeschosses überhaupt funktionieren und wie diese in das jeweilige Nutzungskonzept integriert werden können. Über alle eingerechneten Verträge lag die durchschnittliche Mietfläche der Nachvermietungen somit nur noch bei 1.700 Quadratmetern statt 2.500 Quadratmetern in den Vorjahren.

Freizeit-, Mode- und Lebensmittelbranche in ehemaligen Kaufhäusern am aktivsten

Dass sich die zweite Nachvermietungswelle der ehemaligen Galeria-Immobilien deutlich anders gestaltet als die erste, zeigt sich auch in der Branchenauswertung der dahinterliegenden Flächenumsätze. So generieren Anbieter aus dem Freizeitsektor, zu denen neben Decathlon auch Betreiber von Fitnessstudios oder Filialen der Sporthandelskette Intersport zählen, im laufenden Jahr mit 43 Prozent den mit Abstand höchsten Nachvermietungsanteil (im Vergleich zu sechs Prozent zwischen den Jahren 2020 und 2024). Deutlich zugelegt haben auch Supermärkte und Discounter, die in Neukonzeptionen immer einen wichtigen Baustein mit hoher Frequenzwirkung darstellen und mit 14 Prozent beteiligt sind (im Vergleich zu acht Prozent zwischen 2020 und 2024). Auch Modehändler bleiben eine wichtige Nachnutzergruppe, die im Jahr 2025 zwar nur noch rund 22 Prozent beigesteuert hat (im Vergleich zu 64 Prozent zwischen 2020 und 2024), jedoch weiterhin den zweiten Platz im Ranking der wichtigsten Akteure behauptet. Zu nennen sind hier zum Beispiel Outlet-Konzepte wie Wöhrl (Nürnberg) oder Peek and Cloppenburg (Oberhausen) sowie das schwedische Modelabel Lager 157 (Essen). Darüber hinaus sind auch die Non-Food-Discounter Woolworth, Tedi und Action weiterhin auf der Suche nach neuen Filialen, da sie die guten Mikrolagen ehemaliger Kaufhäuser schätzen und deren Flächenlayouts gut auf die eigenen Konzepte übertragen können (Anteil elf Prozent im Zeitraum erstes bis drittes Quartal 2025).

Viel Dynamik auch außerhalb der Kaufhäuser; Top-Märkte mit überdurchschnittlichem Volumen

Einen wesentlichen Beitrag zum lebhaften Marktgeschehen haben auch die Innenstadtlagen der sieben wichtigsten deutschen Einzelhandelsstandorte geleistet (Anteil rund 28 Prozent). Bereits nach den ersten drei Quartalen wurde dort die Marke von mehr als 100.000 Quadratmetern deutlich überschritten, damit liegen sowohl das Vorjahresniveau (plus 20 Prozent) als auch der Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre (plus fünf Prozent) klar übertroffen. Berlin liegt unverändert an der Spitze (40.000 Quadratmeter; plus 21 Prozent) vor Hamburg (17.000 Quadratmeter; plus 20 Prozent) und Stuttgart (13.000 Quadratmeter; plus 94 Prozent), wobei Stuttgart von mehreren großflächigen Vermietungen über 1.000 Quadratmeter profitiert (unter anderem C&A, Thalia, Decathlon). Die bayerische Landeshauptstadt München verzeichnet in den vergangenen Jahren regelmäßig neue Markteintritte (mehr als zehn seit dem Jahr 2023) und begrüßte kürzlich die erste deutsche Filiale des französischen Labels Sabre Paris in den Fünf Höfen. Insgesamt stehen dort – wie auch in Frankfurt am Main (unter anderem TK Maxx und Decathlon) – zum Ende des dritten Quartals jeweils mehr als 11.000 Quadratmeter Flächenumsatz zu Buche. Die beiden nordrhein-westfälischen Städte Köln und Düsseldorf sind mit 9.000 Quadratmetern beziehungsweise 7.000 Quadratmetern vertreten. In Düsseldorf fanden mehrere bedeutende Großvermietungen bereits in der zweiten Jahreshälfte 2024 statt (Bershka, Biogena, Hugo Boss), was den aktuell etwas moderateren Flächenumsatz im bisherigen Jahresverlauf 2025 erklärt. Eine erneut gute Vermietungsdynamik zeigen auch die beiden sächsischen Städte Leipzig (unter anderem Deiters, Action, Mango, Stradivarius) und Dresden (Papenbreer, 60 Seconds to Napoli, Adidas, L’Osteria), die auf Vermietungsvolumina von 9.000 Quadratmetern beziehungsweise 7.000 Quadratmetern kommen und ebenfalls neue Mieter hinzugewinnen konnten.

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Rahmenbedingungen kann der Einzelhandelsmarkt zuversichtlich in das Schlussquartal starten. „Erfreulich ist mit Blick hinter die Flächenumsätze, dass sich die Nachfrageimpulse aktuell sehr breitgefächert darstellen: Die hohen Umsatzanteile der Nachvermietungen in Kaufhäusern, aber auch der innerstädtischen Einkaufszentren mit rund 110.000 Quadratmetern und einem Anteil von 30 Prozent, sind hierbei ebenso zu nennen wie die Konsolidierungsprozesse und die Markteintritte in den wichtigsten Einzelhandelsmärkten“, fasst Christoph Scharf seine Beobachtungen zusammen. Das für den Einzelhandel sehr wichtige Weihnachtsgeschäft dürfte das Marktumfeld noch einmal spürbar beeinflussen, denn besonders zum Jahresende stehen die im Jahr 2025 neu eröffneten Geschäfte erstmals auf dem Prüfstand. Somit bleibt weiterhin festzuhalten, dass der Einzelhandelsmarkt mittlerweile daran gewöhnt ist, unter herausfordernden Bedingungen zu bestehen – und dass er in der Vergangenheit gezeigt hat, aus Krisen gestärkt hervorgehen zu können.