Dr. Evan Petkov, CEO & Gründer des PropTechs Optiml, kommentiert für IMMOBILIEN AKTUELL.
Steigende Energiepreise, die Dringlichkeit der Klimaziele und strenge Regulierungen setzen Unternehmen unter Zugzwang, ihre Bestandsgebäude energieeffizienter zu gestalten. Doch der Weg zur CO2-Neutralität ist komplex und wird oft durch veraltete, ineffiziente Arbeitsmethoden erschwert, die die tatsächlichen Potenziale einer umfassenden und nachhaltigen Sanierung verfehlen oder schlichtweg zu teuer sind. In einer Branche, die für nahezu 40 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist, führt dies zu wirtschaftlichen und ökologischen Ineffizienzen – eine Entwicklung, die sich keine Organisation langfristig leisten kann.
Veraltete Methoden bremsen die Transformation aus
In der Praxis wird der Sanierungsprozess in vielen Unternehmen häufig noch immer nur durch manuelle Methoden wie Excel-Tabellen und physische Gebäude-Audits gestützt. Was bei der Verwaltung kleinerer Portfolios ausreichen mag, jedoch an der Komplexität moderner ESG-Anforderungen (Environmental, Social, Governance) scheitert. Häufig fehlen verlässliche Daten und integrierte Systeme, die für ein fundiertes Entscheidungsmanagement erforderlich sind. Dies führt nicht selten dazu, dass Unternehmen anstelle einer präzisen, datengestützten Planung auf Benchmarks setzen – mit der Folge, dass Sanierungsmaßnahmen in ihrer Wirkung hinter den Erwartungen zurückbleiben und die Kosten explodieren können??, oder schlichtweg abgewartet wird.
Forschungserkenntnisse als Basis für neue Sanierungsstrategien
An der ETH Zürich wurde 10 Jahre lang erforscht, optimale Dekarbonisierungsstrategien für Gebäude und städtische Areale zu erstellen. Die Untersuchungen ergaben, dass die meisten Immobilieneigentümer aufgrund fehlender Systematisierung oft nur begrenzte Erkenntnisse über die effektivsten und kosteneffizientesten Maßnahmen zur CO2-Reduktion besitzen. In Anlehnung daran wurden wissenschaftlich fundierte Algorithmen erforscht, die nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftlich nachhaltige Faktoren für die Dekarbonisierung/Sanierung ermöglichen. Diese Forschung bildet die Grundlage von Real Estate Decision Intelligence – einer Lösung, die umfassende Dekarbonisierungsstrategien und Sanierungspläne mit minimalem CO2-Ausstoß und optimierter Kapitalrendite erstellen kann.
Datenbasierte Entscheidungen als Lösung
Decision Intelligence im Immobilien-Sektor kann die Komplexität der heutigen Anforderungen bewältigen. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und fortschrittlicher Datenanalysen können Millionen von Datenpunkten in Echtzeit ausgewertet werden. So entstehen präzise und verlässliche Sanierungsstrategien, die über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes oder auch eines Portfolios hinweg anwendbar sind und auch dynamische Marktentwicklungen, wie steigende Energiepreise oder regulatorische Anpassungen, berücksichtigen. Die Selektion von Sanierungsmaßnahmen wird dadurch präziser, und Investitionen können gezielt in Komponenten fließen, die den größten Einfluss auf die CO2-Reduktion haben. Darüber hinaus können Renovierungspläne bis auf Komponentenebene erstellt und der Sanierungsprozess signifikant beschleunigt werden.
Drei Anwendungsbeispiele für Asset Manager und Berater zur Verdeutlichung:
- Detaillierte Kosten-Nutzen-Analysen für Sanierungsmaßnahmen: Sie berechnet präzise, welche Investitionen den größten Einfluss auf CO?-Reduktion und Energieeffizienz haben, und zeigt an, wo Sanierungen die höchsten Einsparpotenziale bieten.
- Langfristige Szenarioanalysen: Die Plattform bietet Prognosen, wie zukünftige Regulierungen, steigende Energiepreise oder technische Entwicklungen die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen beeinflussen könnten. So können Berater und Manager Risiken minimieren, Kapital gezielt auf wirkungsstarke Maßnahmen ausrichten und die Gebäudeperformance erhöhen.
- Automatisierte Portfolio-Bewertungen: Manager und Berater können ihre Gebäudeportfolios daraufhin prüfen, welche Objekte priorisiert saniert werden sollten – basierend auf aktuellen Emissionswerten, Sanierungskosten und ESG-Anforderungen. Mit anderen Worten: Welche Immobilie hat das größte Potenzial zur CO2-Reduktion oder das größte Risiko eines Strandings.
Ein neues Zeitalter der Effizienz im Immobiliensektor
Nicht umsonst sind gerade derart viele PropTechs auf sehr gutem Weg, sich in einer traditionell denkenden Branche zu etablieren. Die Technologien sind bereits da, sie müssen in den Immobiliensektor getragen werden und sich dort etablieren. Es ist eine Herausforderung, neue Technologien zu akzeptieren und anzunehmen, die der Sektor gemeinschaftlich angehen muss, um parallel zu anderen Sektoren zu transformieren. Angesichts wachsender regulatorischer Anforderungen und des Drucks zur Klimaneutralität wird klar, dass Unternehmen, die jetzt in die Optimierung von Sanierungsstrategien investieren, ihre Zukunft sichern.