Logistik: "Leerstand derzeit kein Preis-, sondern ein Nachfragethema"

Logistik: "Leerstand derzeit kein Preis-, sondern ein Nachfragethema"

Logistik: "Leerstand derzeit kein Preis-, sondern ein Nachfragethema"
Die HIH Invest erwarb unlängst einen Logistikneubau im rheinland-pfälzischen Alzey von der TIMBRA Group für den Immobilien-Spezialfonds HIH Deutschland+ Core Logistik Invest. Quelle: Goldbeck

Der Logistikimmobilienmarkt in Deutschland bewegt sich auf eine moderat stabilere Phase zu, während gleichzeitig neue strukturelle Wachstumstreiber entstehen. Das zeigen aktuelle Einschätzungen von GARBE Industrial, HIH Invest, Catella Investment Management und Metroplan. Sinkende Kosten, robuste Vermietungsmärkte und neue Nachfragequellen prägen das Bild für das Jahr 2026.

IMMOBILÉROS - Der Podcast für die Immobilienbranche

Die zentralen Kostenfaktoren wie Bau-, Grundstücks- und Finanzierungskosten geben zwar leicht nach, doch eine Rückkehr auf das Niveau vor 2020 ist nicht absehbar. Renditen und Mieten bleiben stabil, die Leerstandsquoten niedrig. Regionale Überangebote gibt es lediglich in Berlin und Leipzig, wo spekulative Entwicklungsvolumina kurzfristig für steigende Leerstände sorgen. In etablierten Regionen wie Hamburg, München, Frankfurt am Main und Stuttgart sind moderne Logistikflächen nahezu vollständig vermietet. Maximilian Tappert, Head of Transaction Management Logistics bei HIH Invest, beschreibt die Lage so: „Die Vermietungsquote im Logistiksegment der HIH Invest liegt bei über 99 Prozent. Selbst in anspruchsvollen Märkten konnten wir auslaufende Verträge weitgehend mit Bestandsmietern verlängern." Auch Catella sieht eine stabile Nachfrage. Marten Helms, Senior Fund Manager Europe bei Catella Investment Management, berichtet: „Catella konnte trotz einzelner insolvenzbedingter Ausfälle rund 50.000 Quadratmeter erfolgreich nachvermieten und das überwiegend zu Mieten, die über dem vorherigen Vertragsniveau liegen. Generell gilt, dass Leerstand derzeit kein Preis-, sondern ein Nachfragethema ist. Wo Nutzer Flächen benötigen, können wir marktübliche und teilweise steigende Mieten erzielen."

Ein zentraler Impulsgeber bleibt der E-Commerce. Nach einer pandemiebedingten Sättigungsphase ist das Segment zu seinem strukturellen Wachstum zurückgekehrt. Besonders dynamisch treten internationale Anbieter aus Asien auf, die ihre Aktivitäten in Europa deutlich ausweiten und verstärkt Hub- und Distributionsflächen nachfragen. Neue Bedeutung gewinnt zudem der Verteidigungssektor. Laut GARBE Industrial könnte die europäische Verteidigungsstrategie bis 2030 ein zusätzliches Flächenpotenzial von 7,5 bis 14,9 Millionen Quadratmetern für privatwirtschaftliche Logistik- und Industrieimmobilien schaffen. Tobias Kassner, Head of Research & ESG bei GARBE Industrial, erläutert: „Noch befindet sich der Markt in einer frühen Phase. Erste Anmietungen gibt es bereits, doch der Zeitversatz zwischen der steigenden Nachfrage und der Reaktion darauf ist deutlicher als bei anderen Branchen. Daher wird der Verteidigungssektor als Treiber erst ab 2026 sich spürbar bemerkbar machen." Maximilian Tappert bestätigt: „Die HIH Invest hat bereits Mietverträge mit Unternehmen aus dem Defence-Umfeld abgeschlossen, allerdings vornehmlich für unkritische Nutzungen wie Ersatzteil-, Material- oder Textillogistik."

Parallel dazu wird Energieversorgung zum kritischen Standortfaktor. Elektrifizierte LKW-Flotten, steigende Automatisierung und wachsende Erwartungen von Mitarbeitenden erhöhen den Strombedarf deutlich. Manuel Schrapers, Geschäftsführer bei Metroplan, warnt: „Viele Bestandsobjekte verfügen heute noch nicht über ausreichende Netzkapazität, um umfangreiche Ladeinfrastrukturen zu betreiben. Daher sind zügige Netzausbauten essenziell, damit Logistikstandorte in Deutschland ihre Wettbewerbsfähigkeit behalten."

Auch geopolitische Trends formen die Perspektiven des Marktes. Osteuropa etabliert sich als zunehmend attraktiver Produktions- und Logistikstandort. Manuel Schrapers betont: „Länder wie Polen, Tschechien, die Slowakei oder Rumänien sind für internationale Investoren und expandierende Industrieunternehmen hochattraktiv geworden. Das liegt nicht nur an geringeren Standortkosten, sondern vor allem an schnellen Verwaltungsprozesse, moderner Förderkulturen und einer ausgeprägten Willkommenskultur gegenüber industriellen Ansiedlungen." Trotz dieser Konkurrenz sieht Catella Deutschland weiter gut positioniert. Marten Helms sagt: „Gerade im europäischen Vergleich sehen wir, dass Deutschland trotz einzelner regionaler Überkapazitäten ein äußerst attraktiver Logistikstandort bleibt. Viele internationale Nutzer sichern sich inzwischen frühzeitig Flächen, um ihre Lieferketten zu stabilisieren und ihre Präsenz in Europa auszubauen."

Für das Jahr 2026 erwarten die Unternehmen eine Phase vorsichtigen Optimismus. Ein dynamischer Aufschwung ist aufgrund der makroökonomischen Rahmenbedingungen nicht zu erwarten, doch wichtige Nachfragegruppen kehren in den Markt zurück. Tobias Kassner fasst zusammen: „Eine leichte Belebung der Transaktionsmärkte und die Rückkehr wichtiger Nachfragegruppen deuten auf eine Marktphase, die Investoren wieder mehr Planungssicherheit bietet." Maximilian Tappert ergänzt: „Gerade institutionelle Investoren agieren wieder zuversichtlicher, weil sich die Preisfindung weitgehend stabilisiert hat und die Kapitalwerte erste Anzeichen eines Aufwärtstrends zeigen." Gleichzeitig bleibt das Risiko neuer Engpässe bestehen. In Deutschland fallen die Fertigstellungszahlen gering aus, während sich die Nachfrage ab 2026 erholen könnte. Manuel Schrapers weist zudem auf den internationalen Wettbewerb hin: „International wächst zudem der Druck durch osteuropäische Märkte, die mit attraktiven Standortkosten, schneller Genehmigungspraxis und hoher Investitionsbereitschaft werben."

Der Markt geht damit in ein Jahr, in dem Stabilisierung und strukturelle Veränderungen gleichermaßen die Richtung bestimmen – und in dem die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im europäischen Kontext weiter an Bedeutung gewinnt.