Mitteldeutschland: Immobilienwirtschaft setzt sich mit Visionen auseinander

Mitteldeutschland: Immobilienwirtschaft setzt sich mit Visionen auseinander

Mitteldeutschland: Immobilienwirtschaft setzt sich mit Visionen auseinander
Im Auftaktpodium der Real Estate Mitteldeutschland ging es um Innovation, Regulierung und das Potenzial von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Quelle: IMMOCOM

Bei der Real Estate Mitteldeutschland – von IMMOCOM organisiert – diskutieren über 300 Gäste die aktuelle Situation, verschiedene Assetklassen sowie Themen wie Bestand und Finanzierung.

 

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Die Immobilienwirtschaft aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen trifft sich einmal im Jahr in Leipzig: Zur Real Estate Mitteldeutschland, dem größten Standortkongress für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, kamen Ende Mai über 300 Teilnehmer. „Der Druck war in den letzten Jahren gar nicht da. Das radikale Umdenken, dass nun stattfindet, war nicht notwendig“, sagte Thomas Schmidt, Staatsminister im Sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung zur Begrüßung. Damit hatte er den roten Faden für den Kongress vorgegeben: Alles ist im Wandel. Den wollen auch die mittelständischen Unternehmen der Region mitttragen, zeigte sich Dr. Ingo Seidemann, Geschäftsführer von S&G Development und Vorstand des BFW Mitteldeutschland, überzeugt. „Allerdings haben sie nur begrenzte Mittel, um Innovationen zu integrieren oder gar selbst zu initiieren.“

Innovation: Produkte für die Zeitenwende

Ronald Pofalla, COO der Gröner Group AG und der ecobuilding AG, kündigte ein mit Künstlicher Intelligenz und BIM arbeitendes Modulwerk in Sachsen an. „Die serielle Vorfertigung ist die einzige Antwort auf die Kostenentwicklung am Bau. Bei einem Vorfertigungsgrad von 60 Prozent sehen wir eine Kostensenkung um 20 Prozent“, so der ehemalige Politiker. „Wir müssen jetzt Produkte in den Markt stellen, die der Zeitenwende entsprechen. Die Innovationsbereitschaft ist da. Wenn ich die Geschwindigkeit der Immobilienbranche der letzten 20 Jahre sehe, dann sollten wir endlich aus der 30er-Zone rauskommen.“ Zudem kritisierte er sehr klar die Politik: „Wenn die Autoindustrie sich in einer solchen Krise wie derzeit die Immobilienwirtschaft befinden würde, bin ich sehr sicher, dass es eine starke Initiative der Regierung geben würde.“

Hinsichtlich der Innovationsbereitschaft zeigte sich auch Saidah Bojens, Niederlassungsleitung Berlin und Sachsen der Instone Real Estate Development, sehr zuversichtlich: „Die Unternehmen haben alle Antennen und Synapsen an, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, beispielsweise alles auf erneuerbare Energien umgestellt. Unsere Projekte sind aber nicht tagesaktuell, von der Planung bis zur Erstellung vergeht Zeit.“ Zudem sieht sie derzeit eine Marktbelebung, die sich in einem erhöhten Interesse an Eigentumswohnungen zeigt.

Wohnen: „Deutliche Bremsbewegung in Thüringen“

Das Thema Wohnen spielte natürlich eine große Rolle, und hier vor allem die Themen Sanierung und Finanzierung. „Im Osten Leipzigs geht es nur eine Klasse nach oben, da sonst die Investition die Erträge nicht rechtfertigt. In der Innenstadt gehen locker zwei Klassen nach oben“, rechnete Christian Crain von PriceHubble vor. Einen Weg zum Senken der Kosten stellte Tom Löschner von Ed. Züblin AG Direktion Ost vor: das systemische Bauen als Katalysator. Die Herausforderungen seien stark gestiegen, es müsse alles bezahlbar, schnell, wertig, nachhaltig, digital, prozesstreu, skalierbar, individuell sein. Frank Emrich, Verbandsdirektor des Verbandes Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V., sieht eine „deutliche Bremsbewegung“ in Thüringen. Mieten und Kosten bilden keine gute Symbiose, weshalb ein Großteil der Projekte nicht realisiert wird.

Den Blick ins Ausland richtete Claudia Hoyer, COO und Co-CEO bei der TAG Immobilien AG: In Polen werde schneller geplant und genehmigt. Aktuell ist ein massiver Bedarf an Mietwohnungen zu sehen. Martin Stock, Fund Manager European bei Residential Catella Residential Investment Management (CRIM), nannte es „Luxus”, dass er überall kaufen kann. Hier steht nicht so sehr Deutschland im Fokus, sondern momentan Schweden und England.

Finanzierung: „Marktpreise zum Teil halbiert“

Dem Thema Finanzierung war ein eigenes Panel gewidmet, ist das doch momentan die Stellschraube für alle Aktivitäten – ganz gleich, ob die Zinsen gesenkt werden. Jörg Torbohm, Managing Director bei BF.Real Estate Finance, sieht die Zeitenwende als passendes Bild für die derzeitige Situation. Die Marktpreise hätten sich teilweise halbiert, so Bernd Duda, Leiter der Geschäftsstelle bei der Berlin Hyp AG. „Da muss auch der Projektentwickler einsehen, dass Geld einfach weg ist.“ Was dann wiederum oft zu den bisher schon gesehenen Insolvenzen führt, auch weil Projekte nicht mehr zu den Kaufpreisen weggehen. „Insolvenzen sind ein langer Prozess“, so Prof. Dr. Matthias Wagner, Jurist und Notar im gleichnamigen Notariat Wagner aus Leipzig. „Natürlich versucht man zuerst die vorhandenen Assets zu verwerten, dann schaut man auf die Krise und wie man durchkommen könnte und erst dann erfolgt eine Insolvenz.“ Jörg Milker, Leiter der S-Firmenkunden Gewerbliche Immobilien bei der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig, beschäftigte sich mit einem anderen Gesichtspunkt: „Wir haben viele mittelständische Unternehmen, die voll und ganz hinter ihren Teams und ihrer Firma stehen und deshalb verantwortungsbewusst handeln. Die schließen nicht einfach zu und schmeißen den Schlüssel weg.“

DLE Land Development: „Magdeburg war verschlafen“

Christian Schauer, Development Manager bei der DLE Land Development, berichtete über das eigene Magdeburger Projekt – was nach der Nachricht von der Intel-Ansiedlung noch einmal eine ganz andere Bedeutung erfährt. Auf dem etwa 30 Hektar großen Areal soll ein urbanes Quartier entstehen, mit etwa 3.000 Wohnungen, Betriebsflächen für rund 1.000 Arbeitsplätze sowie zahlreiche Grün- und Freiflächen. „Diese Industriebrache voller Altlasten liegt direkt an der Elbe, was sie einzigartig macht“, so Christian Schauer. „Wir glauben auch an die Umfeld-Entwicklung. Magdeburg war in den vergangenen Jahren eher verschlafen, nun gehen wir von einem Push aus.“ Die drei Bundesländer wurden in den Sessions der Metropolregion Mitteldeutschland unter unterschiedlichen Aspekten betrachtet. Da ging es beispielsweise um die Potenziale im Leipziger Norden, um die Standorte Leuna oder Wiedemar, um Wasserstoffinfrastruktur oder um Quartiersentwicklung in Chemnitz.

Logistik: Hidden Champion Mitteldeutschland wird zum etablierten Standort

Eine Menge Projekte zeigten in den beiden Logistik-Panels, wie sehr sich die Region etabliert hat. Fast alle Player waren sich einig: In Dresden wollen wir kaufen. Adrian Zellner von Garbe Industrial Real Estate und Fabio Kirchgeßner von Panattoni zeigten ihre Projekte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf, Maximilian Tappert, Head of Transaction Management Logistics bei der HIH Invest Real Estate, skizzierte, wie der LogPark in Leipzig – mit Mietern wie Amazon – in den kommenden Jahren modernisiert werden soll. Tobias Schorstädt, Acquisitions Director bei Sirius Facilities, zeigte an einem Beispiel aus Klipphausen, wie man einen Produktionsstandort fit für die Zukunft machen kann. Auch er betonte: „Dresden ist einer der wenigen Leuchttürme, der wirklich heraussticht. Klipphausen ist zwar nicht Dresden, aber nur 20 Kilometer entfernt.“ Für Daniel Sehnert, Team Leader Industrial & Logistics Agency Region Ost bei JLL, zeigt sich Magdeburg als ein gehypter Standort und einer mit einem Binnenhafen. „Aktuell sehen wir allerdings keine Nachfrage nach Wasserstraßen.“

Tobias Schorstädt von Sirius Facilities präsentierte eine Projektveränderung in Klipphausen. Quelle: IMMOCOM
Logistik im Fokus: Panattoni, HIH und GARBE präsentierten ihre aktuellen Projekte. Quelle: IMMOCOM

Sachsen-Anhalt punktet mit Flächenverfügbarkeit

Carl Jobst Junicke, Geschäftsführender Gesellschafter der JUNiCKE Gruppe, setzt mit seinem Team auf Sachsen-Anhalt, eröffnete erst vor kurzem in Magdeburg ein Büro. „Sachsen-Anhalt als Markt ist für uns interessant, weil es dort noch Flächen gibt.“ Christian Halpick von FUCHS Immobilien blickte auf die Standorte Chemnitz und Zwickau, die derzeit in der Vermietung Geduld erfordern. Jörg Werder, Construction Director Logistics bei Swiss Life Asset Managers, kaufte in Zwickau an, das Projekt steht leer. „Wir sind vorsichtiger geworden mit dem Ankauf in dieser Region“, sagte er. „Ausnahme ist nur Dresden, da würde ich jederzeit kaufen.“ Jörg Kunz, Geschäftsführender Gesellschafter bei ecoPARKS, berichtete über eine zurückhaltende Nachfrage. Sein Unternehmen revitalisiert in Markranstädt. Die ersten 10.000 Quadratmeter gingen schnell weg, nun gibt es nur sehr wenig Nachfrage. „Das wird auf die Preise drücken und mehr Leerstand verursachen“, so Jörg Kunz. „Die Nachhaltigkeit kostet etwa zehn Prozent mehr, die der Kunde momentan nicht zahlen will.“

Jörg Heinold von BNP Paribas blickte auf den Officemarkt in den drei Bundesländern. Quelle: IMMOCOM