München: „Investitionen hier rechnen sich“

München: „Investitionen hier rechnen sich“

München: „Investitionen hier rechnen sich“
In verschiedenen Panels diskutierten Akteure der Immobilienwirtschaft, die in München tätig sind. Quelle: Ivette Wagner

Der Münchner Immobilienkongress hat vor allem eines gezeigt: Die Bayerische Landeshauptstadt gehört zu einem der stärksten Standorte Europas. Doch auch hier zeigt sich, welchem Druck Verwaltung, Projektentwickler, Politik und Finanzierer mittlerweile ausgesetzt sind. Und es wird klar, dass es anderer Denkweisen und Ansätze braucht, um die Branche und damit auch die Wirtschaft zu stabilisieren.

Agentur

Der Münchner Immobilienkongress legte offen, wie sehr sich die Branche in einem Spannungsfeld aus regulatorischer Verdichtung, politischen Erwartungen, finanzieller Verunsicherung und neuen Anforderungen an Stadtentwicklung befindet. Besonders klar formulierte dies Thomas Rehn, Leiter der Lokalbaukommission der Stadt München. Die zunehmende Komplexität der Projekte sei sein zentrales Thema. Er sagte: „Wir können nicht alle überall und immer gleichermaßen zufriedenstellen, irgendwann müssen Wünsche zurückstehen. Wenn wir jede Zumutbarkeit als Zumutung empfinden, entfernen wir uns von klaren Entscheidungen.“ Seine Forderung lautet, die Verwaltung müsse stärker auf Vereinfachung setzen: „Unsere Aufgabe ist es, zu vereinfachen und Wege zu finden, wie es leichter geht. Verwaltungen wollen verständlicherweise auf der sicheren Seite sein. Das sind wir, wenn wir nein sagen. Aber so kommen wir nicht weiter. Gleichzeitig dürfen wir die widerstreitenden Interessen nicht ausblenden.“

In der Finanzierung zeigt sich – wenig überraschend – ein ähnlich tiefgreifender Wandel. Johannes Egert, Head of Real Estate Finance bei der RECON AG, beschrieb eine Branche, die nach Jahren der Unsicherheit vor allem eines will: „Finanzierer erwarten heute extrem detaillierte Konzepte. Das schafft Vertrauen, erst dann sind sie wieder bereit, ins Risiko zu gehen.“ Die Krise stecke den Banken weiterhin in den Knochen und werde die Branche noch Jahre begleiten. Ohne alternatives Kapital werde es nicht mehr gehen, so Johannes Egert. Sein Appell: neu denken. „Man muss bei Projekten manchmal wieder mit einem weißen Blatt Papier anfangen, um sie zu Ende zu bringen.“

Nutzungsmodelle auf dem Prüfstand

Michael Ehret, Geschäftsführer der ehret + klein AG, griff eine Frage auf, die aktuell vielen Akteuren unter den Nägeln brennt. „Warum sprechen wir noch über Netto- und Bruttomieten, wenn es längst um andere Fragen geht. Wie nutzen wir den Quadratmeter? Einmalig? Ausschließlich von einem einzigen Mieter bezahlt? Oder gibt es klügere Modelle? Dafür braucht es neue Ansätze, die auch Belastungstests standhalten. Flächennutzungen sollten kuratiert und systematisch neu gedacht werden.“ Michael Ehret plädiert zudem  für zirkuläre Planung und einen Abschied von linearen Phasenmodellen, die der Komplexität gemischter Stadtquartiere nicht mehr gerecht werden.

Auch die Bauprozesse selbst stehen unter Druck. Gordon Gorski, Geschäftsführer der Bayerischen Hausbau Development, ließ keinen Zweifel daran, dass Effizienzsteigerungen überfällig sind. Nach der Sichtung von mehr als 60Holzmodulbauern habe sich gezeigt, dass diese bislang nicht günstiger seien. Dennoch setze das Unternehmen bewusst auf einen Anbieter aus München, um Innovationen Vorschub zu leisten. Die Entwicklung gehe außerdem in Richtung automatisierter Baustellen. Klassische Generalunternehmer würden zunehmend durch digital gesteuerte Planung, modulare Prozesse und robotergestützte Abläufe ergänzt.

Kultureller Wandel und Gebietskategorien als Konfliktzonen

Sehr klar wurde Melanie Hammer, Geschäftsführerin der BHB Unternehmensgruppe. „Der kulturelle Wandel beginnt im Kopf. Wir haben verlernt, Perspektiven zu wechseln. Mit den verschiedenen Nutzungen prallen Interessen aufeinander, beispielsweise beim Thema Schall. Unsere Gebietskategorien passen dafür längst nicht mehr.“ Der Ruf nach Experimentierbereitschaft wurde mehrfach laut. Der Gebäudetyp E könne ein Ansatz sein, sofern er nicht an überbordender Regulatorik scheitere. Melanie Hammer warnte vor Angst als zentralem Hemmnis. Sie führe zu Bürokratie, weniger Verantwortung und blockiere die notwendige Transformation.

Marktlogik, Bodenpreise und politische Zielkonflikte

Hans Hammer, Vorstandsvorsitzender der Hammer AG, ordnete die Lage aus Sicht eines der wichtigsten gewerblichen Entwickler in München ein. Die Stadt sei wirtschaftlich weiterhin einer der stärksten Standorte in Deutschland. „Wenn ein Standort in Deutschland noch funktioniert, dann ist es München.“ Die größte Herausforderung sieht er in Baustandards, langen Verfahren und starker politischer Einflussnahme. Den Hamburger Standard bezeichnete er als Vorlage mit guten Ansätzen, die jedoch „etliche Elemente enthält, die keineswegs kostensenkend wirken, etwa Retensionsflächen“. München könne einen solchen Kurs nicht ohne Weiteres übernehmen. Auch die politische Perspektive kam ausführlich zu Wort. Dr. Christian Köning, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Münchner Stadtrat, nannte die Preise für den Wohnungsbau „zu hoch“. Die Stadt benötige Wohnraum, Gewerbe und Arbeitsplätze, stehe jedoch unter schwierigen Rahmenbedingungen. Förderprogramme des Freistaates änderten sich zu häufig und erschwerten damit langfristige Planung. Sibylle Stöhr, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen Rosa Liste Volt, stellte klar, dass die Stadt Bodenpreise massiv senken müsse. Als Beispiel führte sie Münster an. Ein kommunaler Bodenfonds sei aus ihrer Sicht notwendig, weil die Stadt viele Immobiliengeschäfte nicht mehr selbst darstellen könne. Als Zielvolumen benannte sie 50 Millionen Euro.

Druck durch Nachbarn, Recht, Denkmalschutz und soziale Imperative

Stefan Schillinger, Geschäftsführer der ACCUMULATA Group, beschrieb den Umbau des ehemaligen C und A Gebäudes an der Kaufinger Straße als einen Prozess voller Zielkonflikte. Auf rund 23.000 Quadratmetern treffen Rückbau, Neubau, Denkmalschutz und Nutzungsänderungen aufeinander. „Nachbarn empfinden wir zunehmend als kritischen Stakeholder. Lärm, Staub und Genehmigungen werden als Druckmittel genutzt, oft von jenen, die später von dem Projekt profitieren.“ Gleichzeitig lobte er die Kooperation mit den Behörden als insgesamt gut, trotz einzelner Reibungspunkte.

Christian Meister, Managing Director bei Hines, betonte den internationalen Blick. „Wir wollen weiter gern in München investieren, es gibt nur wenig Standorte in Europa, die so attraktiv sind.“ Auch Stefan Unterburger von der Domicil Real Estate Group bestätigte eine stabile Entwicklung: „Investitionen in München rechnen sich, das Investitionsgeschehen hat sich hier stabilisiert.“