Nachhaltigkeit: "Großes Potenzial liegt in Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen"

Nachhaltigkeit: "Großes Potenzial liegt in Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen"

Nachhaltigkeit: "Großes Potenzial liegt in Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen"

Elena Graf-Burgstaller, Head of ESG Strategy & Business Development bei blue auditor GmbH, hat für IMMOBILIEN AKTUELL aufgearbeitet, warum Nachhaltigkeit zur tragenden Säule einer resilienten Zukunftsgestaltung wird. 

Agentur

Nachhaltigkeit lässt sich ohne valide Daten, Transparenz und kontinuierliche Optimierung nicht erfolgreich umsetzen. Genau hier setzt die Digitalisierung an. Sie bildet die Grundlage, um große Datenmengen effizient zu erfassen, zu analysieren und in konkrete Maßnahmen zu überführen. Besonders im Immobiliensektor, der weltweit für rund 40?Prozent der CO?-Emissionen verantwortlich ist, liegt ein enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung in ökologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Digitalisierung bietet damit nicht nur technische Hilfsmittel für die angebrochene Sanierungswelle im Bürobestand in Deutschland, sondern wird zum strategischen Hebel für eine tiefgreifende Transformation der Branche.

ESG-Plattformen

Digitale ESG-Plattformen helfen Unternehmen dabei, ihre Nachhaltigkeitsziele schnell, kostengünstig und verlässlich zu operationalisieren. Sie ermöglichen eine automatische Analyse großer Datenmengen, sorgen für die Einhaltung regulatorischer Vorgaben und schaffen Transparenz gegenüber Investoren, Eigentümern, Asset Managern und Nutzerinnen. In Europa und den USA wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Plattformen entwickelt, die ESG-Prozesse im Gebäudesektor digitalisieren und automatisieren. Unter ihnen hebt sich besonders die österreichische Plattform blue auditor hervor, die ein vollständig integriertes ESG-Managementsystem für Immobilienportfolios bietet. Ihre Funktionen reichen von der automatisierten Erstellung von Klimarisikoanalysen über EU-Taxonomie-Auswertungen bis hin zur Erstellung von Dekarbonisierungspfaden, transitorischen Risikobewertungen und dem Management realer Verbrauchsdaten.

Neben blue auditor punkten internationale Plattformen wie Deepki und Measurabl durch ihre Fähigkeit, CO?-Bilanzen auf Portfolioebene zu erstellen, GRESB-konformes Reporting zu ermöglichen und heterogene Datenquellen effizient zu verarbeiten. Die niederländische Firma Madaster, die inzwischen in 7 europäischen Ländern vertreten ist, hingegen fokussiert sich auf die Materialebene und bietet digitale Materialpässe sowie Zirkularitätsbewertungen. Dadurch eignet sich die Plattform insbesondere für zirkuläres Bauen und die Bewertung nachhaltiger Lebenszyklen von Gebäuden. Weitere Anbieter deutscher Herkunft wie Alasco, Aedifion oder Building Minds liefern spezialisierte Funktionen wie energetische Betriebsoptimierung, Simulation klimabezogener Risiken oder Prognosen zur CO?-Stranding-Gefahr. Es wird deutlich, dass digitale ESG-Plattformen mehr als technische Tools sind, sondern entscheidende Steuerungsinstrumente, um Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Risikomanagement wirksam miteinander zu verbinden.

Echte Verbrauchsdaten und Kooperationen

Ein zentrales Problem in der Praxis ist jedoch nach wie vor das Fehlen valider Verbrauchsdaten. ESG-Bewertungen stützen sich häufig auf Modellannahmen aus den Energieausweisen, ohne die tatsächliche energetische Performance eines Gebäudes abzubilden. Genau hier setzt die strategische Partnerschaft zwischen blue auditor und PKE Gebäudetechnik an. Gemeinsam haben sie die Lösung „Metering-as-a-Service“ entwickelt, die eine lückenlose Verbrauchsdatenerhebung nicht nur für Deutschland und Österreich, aber auch für eine Reihe weiterer europäischen Länder ermöglicht. Während PKE die technische Infrastruktur mit Messgeräten und Datenanbindung bereitstellt, übernimmt blue auditor die automatisierte ESG-Auswertung.

Die Vorteile so einer integrierten Lösung liegen auf der Hand: ESG-Auswertungen erfolgen automatisiert und direkt aus dem Gebäudebetrieb, sie sind revisionssicher, belastbar und entsprechen nationalen wie europäischen Regulierungen. Kunden erhalten nicht nur einen Überblick über die aktuelle Performance, sondern auch konkrete Sanierungsvorschläge und einen Dekarbonisierungspfad bis 2100 inklusive Simulationen unter verschiedenen Budgetvorgaben und Zielsetzungen. Die Plattform zeigt automatisch, welche Immobilien als erste saniert werden sollten und liefert damit eine fundierte Grundlage für strategische Investitionsentscheidungen.

Ein weiteres Beispiel für gelungene Kooperation mit großer Reichweite im ESG-Bereich ist die Integration von der etablierten österreichischen Bauphysik-Software ArchiPHYSIK und blue auditor, wodurch sich Energieausweise automatisch in ESG-Analysen überführen lassen. Eigentümer, Investoren und Planer erhalten dadurch ohne zusätzlichen Aufwand Auswertungen zur EU-Taxonomie-Konformität, Klimarisiken, finanziellen Risikoexpositionen und CO?-Ausfallsprognosen. Diese Innovation spart Zeit, senkt Kosten, erhöht die Qualität der Nachhaltigkeitsbewertung erheblich und kann auf beliebige Länder ausgeweitet werden.

Vorteile der Nachhaltigkeit

Die digitale Transformation der Nachhaltigkeit zeigt damit eindrucksvoll, wie neue Technologien ökologische Verantwortung und wirtschaftliche Effizienz vereinen können. In einer Zeit multipler Krisen – von Klimawandel über geopolitische Instabilitäten bis hin zu sozialen Spannungen – gewinnen nachhaltige Lösungen zunehmend an Dringlichkeit. Für Europa bietet die konsequente Umsetzung einer nachhaltigen Transformation nicht nur ökologische Entlastung, sondern auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Vorteile. Nachhaltigkeit wird zur tragenden Säule einer resilienten Zukunftsgestaltung.

Ein besonders großes Potenzial liegt in der Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen. Durch lokale Produktion, kurze Transportwege und den Einsatz erneuerbarer Energien entstehen Arbeitsplätze, werden Importkosten gesenkt und wirtschaftliche Unabhängigkeit gefördert. Gleichzeitig reduziert sich die Anfälligkeit gegenüber globalen Lieferkettenstörungen. Außerdem werden soziale Aspekte positiv beeinflusst. Der Ausbau regionaler Infrastruktur, mehr Beteiligungsmöglichkeiten und transparente Entscheidungsprozesse fördern sozialen Zusammenhalt und das Vertrauen in Politik und Wirtschaft.

Nachhaltigkeit wirkt zudem präventiv im Gesundheitsbereich. Saubere Luft, gesunde Gebäude, Bewegungsräume und der Zugang zu regional erzeugten Lebensmitteln verbessern die Lebensqualität, insbesondere vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft. Das nachhaltige Bauen, das ökologische Materialien, energieeffiziente Technologien und intelligente Planung vereint, trägt entscheidend zur Senkung von Betriebskosten, zur Erhöhung der Gebäudelanglebigkeit und zur Steigerung des Immobilienwertes bei.

Nicht zuletzt entfaltet die nachhaltige Transformation auch eine starke Wirkung auf Bildung und Kultur. Hochschulen, Forschungszentren und Bildungsinitiativen greifen das Thema interdisziplinär auf, entwickeln neue Lösungsansätze und stärken das gesellschaftliche Bewusstsein. Nachhaltigkeit wird damit nicht nur zur Aufgabe von Unternehmen und Staaten, sondern zu einer gemeinsamen Gestaltungsaufgabe aller gesellschaftlichen Akteure.

Die Digitalisierung der Nachhaltigkeit ist kein Zukunftsthema mehr – sie ist Realität und notwendig. Die Technologien, Plattformen und Partnerschaften sind vorhanden. Jetzt gilt es, sie entschlossen zu nutzen, um die Potenziale für eine gerechtere, ökologischere und wirtschaftlich stabilere Zukunft voll auszuschöpfen.