Nachhaltigkeit: Der Osten ist besser gedämmt

Nachhaltigkeit: Der Osten ist besser gedämmt

Nachhaltigkeit: Der Osten ist besser gedämmt
Viele Gebäude in Ostdeutschland sind besser gedämmt als jene in Westdeutschland. Copyright: (links) Wolfgang Eckert auf Pixabay; (rechts) Peggy auf Pixabay

In den neuen Ländern sind im Schnitt nur noch ein Viertel der Wohngebäude unsaniert – in Hamburg ist es fast die Hälfte. Welche Auswirkungen das bei den stark steigenden Energiepreisen hat.

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Der ostdeutsche Gebäudebestand wurde nach der Wiedervereinigung größtenteils grundlegend saniert. Die Häuser in den neuen Bundesländern weisen daher im Schnitt eine deutlich bessere Wärmedämmung und modernere Heizungsanlagen auf als in Westdeutschland. Wie groß die Unterschiede sind, zeigt eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes. Demnach sind in den neuen Ländern nur noch ein Viertel der Wohngebäude unsaniert. Am besten schneidet Brandenburg mit 23,3 Prozent unsanierten Häusern ab. Auf der anderen Seite sind es in Hamburg noch 47,4 Prozent, gefolgt von Berlin mit 40,5 Prozent und Baden-Württemberg mit 38,3 Prozent. Der Schnitt liegt in Deutschland bei 35,9 Prozent.

Regionaler Vergleich der Anteile der Wohngebäude nach Sanierungsstand

Quelle: Umweltbundesamt

Unsaniert in Prozent Teilsaniert in Prozent Vollsaniert in Prozent Neubau in Prozent
Deutschland 35,9 51,4 4,3 8,4
Hamburg 47,4 45,3 2,1 5,2
Berlin 40,5 46,2 4,8 8,6
Baden-Württemberg 38,3 49,9 4,2 7,6
Hessen 38,1 52,4 3,4 6,2
Rheinland-Pfalz 37,8 50,7 3,5 8,1
Bremen 37,2 53,1 4,7 5,1
Bayern 37,0 49,8 4,3 8,9
Nordrhein-Westfalen 36,8 52,1 3,8 7,3
Schleswig-Holstein 35,9 51,3 3,3 9,5
Niedersachsen 34,4 52,0 4,3 9,2
Saarland 33,7 57,2 4,3 4,8
Thüringen 25,8 56,8 7,2 10,1
Sachsen 25,1 55,5 8,5 11,0
Sachsen-Anhalt 24,9 58,4 7,5 9,3
Mecklenburg Vorpommern 24,4 48,7 7,7 19,1
Brandenburg 23,3 50,3 7,4 19,0

Heizenergieverbrauch: Osten hat die Nase vorn

Auch beim Neubau liegen die ostdeutschen Länder an der Spitze. In Brandenburg fällt 19 Prozent des Wohngebäudebestandes auf den Neubau, in Sachsen sind es immerhin elf Prozent. Auch hier der Vergleich: In Hamburg sind es lediglich 5,2 Prozent. Laut Alexander Steinfeldt von der Beratungsgesellschaft CO2-Online, welche die Studie erstellte, hat das deutliche Auswirkungen auf den Energieverbrauch: Alle ostdeutschen Länder liegen im Bundesvergleich im unteren Drittel.

Das Beispiel Sachsen: Der sogenannte Heizenergieverbrauch lag 2020 im Schnitt bei 135,44 Kilowattstunden pro Quadratmeter. In den vergangenen zehn Jahren ist dieser um 15 Prozent zurückgegangen. CO2-Online wertet bei der Erhebung bundesweit 100.000 Heizkostenabrechnungen aus. Die Daten werden unter wohngebaeude.info veröffentlicht. Auch hier der Vergleich: In Hamburg lag 2020 der Schnitt bei 156,30 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr.

Energieexperte Steinfeld weist jedoch darauf hin, dass die Einsparungen im Wärmeverbrauch in den vergangenen Jahren  bundesweit vor allem auf mildere Winter zurückgegangen sind. Rechnet man die Witterungseinflüsse raus, so wäre der Wärmeverbrauch pro Quadratmeter in Sachsen nur noch um sieben Prozent gefallen.

„Energieverbrauch nur bei zwei Dritteln des deutschen Schnittes“

Dass der Osten in der Energiebilanz gut abschneidet, liegt auch an den großen genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungsfirmen. „95 Prozent unserer Bestandswohnungen sind voll- oder teilsaniert“, sagt Ronald Meißner, Vorstand des Verbandes der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt. Rund zwölf Milliarden Euro hätten die großen Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt seit Mitte der 1990er Jahre für Außendämmung, neue Fenster und moderne Heizanlagen investiert.

„Der Energieverbrauch in unseren Wohnungen liegt daher nur bei zwei Dritteln des deutschen Schnittes“, so Ronald Meißner. Den Verbrauch noch weiter zu senken, sei aber teuer. Daher gebe es nur noch kleinere Effizienzfortschritte. Nach seinen Worten würden die Mieter aktuell durch die steigenden Gas- und Strompreise zwar stark belastet. Ohne die Modernisierungen würden die Rechnungen aber noch viel höher ausfallen.

„Hohe Gaskosten ausschließlich auf Ukraine-Kriegs zu schieben, wäre falsch“

Wie stark die Wärmedämmung die Heizkosten beeinflusst, hat zuletzt eine Studie des Forschungsinstitutes für Wärmeschutz (FIW) in München dargelegt. Ein Haushalt in einem 160 Quadratmeter großen Haus zahlt in einem ungedämmten Haus bei einem Gaspreis von 20 Cent je Kilowattstunde im Schnitt etwa 9.600 Euro im Jahr für Wärme und Warmwasser. In einem normal gedämmten Haus der gleichen Größe sind es dagegen nur 3.200 Euro. In einem sehr gut gedämmten Haus sind es 1.120 Euro.

FIW-Leiter Andreas Holm sagt daher: „Die Ursachen für diese außergewöhnlich hohen Gaskosten für die Verbraucher ausschließlich auf die Konsequenzen des Ukraine-Kriegs zu schieben, wäre falsch. Die Gebäude in Deutschland verbrauchen zu viel Energie.“ Das seien die Konsequenzen einer Politik und Förderstrategie, die sich zu wenig auf die Verbrauchsreduzierung im Gebäudebestand konzentriert.

Zahlen belegen das: Etwa die Hälfte der Bestandsgebäude in Deutschland benötigt Gas für Raumwärme und Warmwasser. Derzeit befinden sich rund 30 Prozent der Wohngebäude in den schlechtesten Effizienzklassen G und H, die rund 50 Prozent des Gesamtverbrauchs der Energie im Gebäudesektor ausmachen. Die Sanierungsquote für sogenannte verbrauchsreduzierende Maßnahmen an der Gebäudehülle (Dämmung, Fenstertausch) stagniert bei unter einem Prozent jährlich.

Während Pandemie weniger geheizt

In den Pandemiejahren 2020 und 2021 haben deutsche Haushalte trotz vermehrtem Homeoffice temperaturbereinigt weniger geheizt und weniger für Heizenergie ausgegeben. Die klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen sind aber lediglich um ein Prozent gesunken. Dies sind die zentralen Ergebnisse des Wärmemonitors für die Jahre 2020 und 2021, den das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf Basis der Daten des Immobiliendienstleisters ista berechnet hat. Um Kosten und CO2-Ausstoß deutlich zu senken, hält auch DIW-Studienautorin Franziska Schütze verstärkte energieeffiziente Gebäudesanierungen für notwendig und einen Heizungswechsel – vor allem hin zu erneuerbaren Energien.

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