Der aktuelle apoprojekt-Bestandskompass – erstellt mit dem Team von bulwiengesa – verdeutlicht die wachsende Bedeutung des Bestandes für den deutschen Büromarkt. Von 2020 bis 2028 werden rund 2,9 Millionen Quadratmeter Bürofläche einer Kernsanierung unterzogen – 100.000 Quadratmeter mehr als in der vorangegangenen Prognose. Damit erreicht der Anteil der Sanierungen an allen Fertigstellungen mit 30 Prozent ein bislang unerreichtes Niveau.
Besonders groß ist die Dynamik in Berlin, wo bis 2028 rund 565.000 Quadratmeter modernisiert werden. Hamburg folgt mit 224.000 Quadratmetern, während München mit 78.000 Quadratmetern das geringste Volumen aufweist. Erstmalig wurden auch die B-Städte Leipzig und Nürnberg in die Analyse einbezogen, die jeweils rund 88.000 Quadratmeter Sanierungen verzeichnen. Trotz steigender Leerstände zeigt sich: Die Transformation des Bestandes gewinnt weiter an Gewicht. Zentrale Lagen sind dabei erste Wahl – fast 70 Prozent der Sanierungen konzentrieren sich auf City und City-Rand.
Die Methodik der Studie betrachtet den Zeitraum von 2020 bis 2028 und analysiert die Entwicklung der A-Städte, ergänzt um Leipzig und Nürnberg. Das Ergebnis: Bis 2028 durchlaufen rund 2,9 Millionen Quadratmeter Bürofläche eine Kernsanierung – davon befinden sich aktuell 1,3 Millionen Quadratmeter bereits im Bau. Immer noch sind Verschiebungen von Projekten zu sehen. Der Anteil der Sanierungen am gesamten Neubau- und Revitalisierungsvolumen erreicht mit 30 Prozent einen Höchstwert, der laut den Experten auch in den kommenden Jahren bleiben wird.
„Seit 18 Jahren beschäftigen wir uns mit Bauen im Bestand. Ohne die Nutzung und Sanierung des Bestandes wird es mit der Nachhaltigkeit sehr schwierig“, betont Stephan Winn, Geschäftsführer von apoprojekt. Gerade jetzt, wo die öffentliche Aufmerksamkeit stark auf andere Themen gerichtet ist, sei es wichtig, am Ball zu bleiben und Transparenz zu schaffen.
Auch auf dem Investment- und Nutzermarkt ist ein Umdenken zu erkennen. „Wir sehen eine Schere zwischen hochwertigen Immobilien – im Neubau und Bestand – sowie in die Jahre gekommenen Immobilien, die Ertragsmöglichkeiten gehen immer weiter auseinander“, so Sven Carstensen, Vorstand bei bulwiengesa. Gleichzeitig nehme die Nachfrage nach Qualität deutlich zu. Zwar agieren viele Nutzer derzeit zurückhaltend, Anmietungen dauern länger und Flächennachfragen sind abwartend. Doch Homeoffice-Effekte seien mittlerweile weitgehend eingepreist, Reduktionen würden teilweise wieder aufgehoben.
Höhere Mieten nach Sanierung
Aus der Perspektive von bulwiengesa zeigt sich: Mieten nach umfassender Sanierung liegen spürbar höher, auch weil die Anforderungen an Nachhaltigkeit und ESG-Konformität steigen. Der Anteil zertifizierter Flächen liegt derzeit bei 60 Prozent, die Spitzenposition nimmt dabei die DGNB ein. Zentrale Lagen bleiben die wichtigsten Ankerpunkte – dort lassen sich auch Mietaufschläge im Umfeld von Sanierungen feststellen.
Praxisbeispiel von MOMENI: Sanierung statt Abriss
Wie ein Sanierungsprojekt in der Praxis aussehen kann, stellt Lukas Feldhaus, Senior Project Manager bei MOMENI, vor. Das Unternehmen hatte 2019 am Düsseldorfer Kennedydamm das ehemalige Gebäude der Nordstern-Versicherung aus den 1970er-Jahren erworben – mit komplettem Leerstand. Nach ausführlichen Prüfungen, die von einer Light-Sanierung bis zum Abriss reichten, fiel die Entscheidung klar für den Bestand: „Die Qualität des Rohbaus war sehr gut, das unkonventionelle Achsraster hat uns überzeugt“, so Lukas Feldhaus.
Nach den Entwürfen von caspar. wurde der Bau umfassend revitalisiert. Dazu gehören die Aufstockung des Flachbaus, die Neugestaltung der Eingangsbereiche, großzügige und begrünte Dach- und Terrassenflächen. Herzstück ist der Skygarten im zwölften Obergeschoss mit Blick über Düsseldorf. Die Resonanz sei sehr positiv, so Lukas Feldhaus: Seit März ist der erste Mieter eingezogen, rund 30 Prozent der Flächen sind bereits vergeben. Der Erhalt des Rohbaus brachte Einsparungen von rund zehn Prozent der Kosten. Die Mieten liegen bei rund 30 Euro pro Quadratmeter, die Spitzenmiete in Düsseldorf bei 31,50 Euro.
Ein Zertifikat sei inzwischen unverzichtbar – für die Mieter ebenso wie für einen möglichen späteren Verkauf. MOMENI strebt LEED Gold an, ergänzt um Wired Score in Platin. „ESG-Fragebögen der Mieter sind heute Standard. Von Fassade bis Stromversorgung wird alles abgefragt“, so Lukas Feldhaus.