Ulrich Haeselbarth, Vorstand bei der HanseMerkur Grundvermögen AG, spricht über den neuen Debt-Fonds, die Stimmung der Branche und über die Wechselwirkung zwischen Aktivität und Optimismus.
Es ist einer der großen Trends, viel besprochen und umstritten: die Umwidmung von alternden Büroimmobilien in Wohnen. „Daran glaube ich nicht“, sagt Ulrich Haeselbarth, Vorstand bei der HanseMerkur Grundvermögen AG (HMG). „Es mag zwar Einzelfälle geben, in denen das funktioniert. In den allermeisten Fällen kann man die Objekte nicht durchgreifend revitalisieren, weil das die Mieten nicht hergeben. Das ist aber ein strukturelles Problem.“
Strukturell betrachtet der Immobilienexperte auch die derzeitige Situation der Assetklasse Office. Schon der War of talents bedinge die hohen Ansprüche der Corporates und insbesondere der Professional Services, diese brauchen die Flächen als „Recruitingtool“. Ulrich Haselbarth zeigt sich überzeugt, dass Top-Innenstadt-Bürolagen auf lange Sicht eine gute Perspektive haben. „Man sieht das auch an den Spitzenmieten in den Top7, die weitermarschieren, bei gleichzeitig steigendem Leerstand. Preissensitive Mieter interessieren sich eventuell auch für die jeweils besten Büros in periphereren Lagen. Das ist aus meiner Sicht aber Konjunktiv.“
Über das „Goldschmied Carré“ am Kölner Dom und die „Gänsemarkt Höfe“ in Hamburg
Die HMG initiierte in diesem Jahr selbst zwei Vorzeige-Produkte: Im Sommer gab das Unternehmen den Startschuss für den Bau eines neuen Büro- und Geschäftskomplexes am Gänsemarkt in Hamburg. Das Projekt entsteht auf dem Areal der ehemaligen Gänsemarktpassage in unmittelbarer Nachbarschaft zur Hamburger Staatsoper und zum Jungfernstieg. Der achtgeschossige Neubau mit einer Gesamtmietfläche von rund 20.700 Quadratmetern wird durch großzügige Innenhöfe und Durchgänge mit der Flaniermeile Colonnaden verbunden. Vorgesehen ist ein Nutzungsmix aus modernen Büroflächen, Gastronomie und Einzelhandel, der die Belebung des Quartiers nachhaltig fördern soll. Die HMG hatte die seit Oktober 2023 ruhende Projektentwicklung zu Jahresbeginn übernommen und beauftragte den Hamburger Projektentwickler Quantum mit der Realisierung. Die Fertigstellung ist bis Ende 2028 geplant.
Am Roncalliplatz in Köln, direkt gegenüber dem Dom, entsteht bis Anfang 2028 ein moderner Neubau, das Goldschmied Carré. Das Baufeld für den neuen Büro-, Hotellerie- und Geschäftshauskomplex in prominenter Innenstadtlage wurde im Frühjahr 2024 von einem Investmentvehikel der HMG erworben. Mit der Realisierung ist Bauwens beauftragt.
Fünfter Debt-Fonds der HMG gestartet
„Wir finanzieren keine Projektentwicklungen und auch keine Ideen“, sagt Ulrich Haeselbarth zu dem neu aufgelegten Debt-Fonds namens „Finanzierungsfonds V“. „Die Immobilien müssen fertig sein und einen stabilen Miet-Cashflow haben.“ Der Fonds vergibt Darlehen für hochwertige, ertragsstarke Immobilien in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu Banken, sondern suchen Nischen, die wir dann gemeinsam mit den Banken bearbeiten können. Die Banken bringen uns die Kunden.“ Die Finanzierungen dabei sind eher kurzfristig, mit einer Laufzeit von ca. drei Jahren, plus zwei Mal ein Jahr Verlängerung. „Prinzipiell finanzieren wir nur Immobilien, die wir im Fall der Fälle auch kaufen würden.“
Der Fonds investiert in Nachrang- und Konsortialfinanzierungen sowie Whole Loans mit einem Volumen zwischen fünf und 50 Millionen Euro und einem Loan-to-Value-Verhältnis von 60 bis 75 Prozent. „Unser Sweetspot liegt zwischen zehn und 30 Millionen Euro“, so Ulrich Haeselbarth. Im Mittelpunkt stehen Bestandsimmobilien und Investitionen in energetische Sanierungen oder werterhaltende Maßnahmen.
Als Luxemburger Vehikel (S.C.S., SICAF-RAIF) richtet sich der Fonds an deutsche und internationale institutionelle Investoren, die gemeinsam mit der HanseMerkur Versicherungsgruppe in ein breit diversifiziertes Portfolio investieren. Der Konzern bleibt mit einem Anteil von 20 bis 30 Prozent selbst langfristig beteiligt. Das angestrebte Fondsvolumen liegt bei bis zu 500 Millionen Euro, die Zielrendite bei 6,5 Prozent jährlich nach Kosten und einer Laufzeit von 15 Jahren. Investitionsfokus: Objekte wie Büro- und Wohnimmobilien, Einzelhandels- und Logistikflächen, gemischt genutzten Immobilien, Hotels sowie Parkhäusern an etablierten oder wachstumsstarken Standorten. Auch Refurbishments mit ESG-orientiertem Mehrwert werden berücksichtigt. Der Fonds ist gemäß Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert.
Hintergrund ist die zunehmende Zurückhaltung vieler Kreditinstitute und die wachsenden Refinanzierungslücken im Markt – eine Entwicklung, die die HMG gezielt als Chance für strategische Finanzierungen nutzt. Womit direkt die aktuelle Situation in den Blickpunkt rückt. „Die Stimmung ist immer noch besser als die Lage“, so Ulrich Haeselbarth. „Das habe ich zwar 2024 schon gesagt, daran hat sich aber nicht viel geändert.“ Die Zeiten der signifikanten Kaufpreisrückgänge seien vorbei, diese stabilisierten sich auf einem eher niedrigen Niveau. „Die Zeit der Pleiten und Pannen geht zu Ende. In den Köpfen der Entscheider muss klar sein und der Gedanke reifen, dass es Zeit wird für Optimismus. Erst dann sehen wir wieder mehr Aktivität und damit eine Belebung des Marktes.“