Visionen und Ziele der Immobilienwirtschaft: Eine provokante Streitschrift

Visionen und Ziele der Immobilienwirtschaft: Eine provokante Streitschrift

Visionen und Ziele der Immobilienwirtschaft: Eine provokante Streitschrift
Unter anderem Architekt Eike Becker (Copyright: Sebastian Wells) war Teil des Think Tanks, der die Streitschrift (Copyright Titelbild: ZIA Innovation Think Tank) hervorbrachte.

Im Innovation Think Tank des ZIA entstand die Idee für die Streitschrift „Es ist höchste Zeit“. Drei zentrale Themen – soziale Verantwortung, ökologische Nachhaltigkeit und dysfunktionale Prozesse – werden abgearbeitet und mit Lösungsvorschlägen versehen. „Lasst uns streiten“ lautet die Aufforderung der Initiatoren. IMMOBILIEN AKTUELL hat sich das Paper angesehen.

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Plakativ soll es sein: „Es ist höchste Zeit“ heißt die Streitschrift, die im Innovation Think Tank des ZIA initiiert wurde. Eigentlich sendet ein Plakat eine Mitteilung an eine anonyme Gruppe von Empfängern. Hier sind die Gruppen klar: Immobilienbranche und alle, die damit zu tun haben. Ziel ist – laut Vorwort – der kritische Dialog, eine entschlossene Selbstreflexion und ein Infragestellen des Status Quo.

Architekt Eike Becker beschreibt das so: „Ja, mit unserer Streitschrift überzeichnen wir den Status Quo der Bauwirtschaft, jedoch braucht es jetzt Provokationen, um uns allen einen Spiegel vorzuhalten. Es ist höchste Zeit, über die Visionen und Ziele einer Immobilienwirtschaft zu sprechen, die unsere Welt besser machen muss. Jetzt.“ Wir sind dieser Aufforderung gefolgt und haben uns das Paper angeschaut.

Streitschrift ist ausdrücklich kein ZIA-Papier

Über zwei Punkte herrscht Einigkeit: Die Immobilienbranche erlebte viele gute Jahre. Und: „Wir haben an vielen Stellen unser Ziel aus den Augen verloren, lebenswerte Städte und Gemeinden zu schaffen.“ Zuerst sei streitbar angemerkt, dass im Geleitwort Oliver Wittke, seines Zeichens Hauptgeschäftsführer des ZIA, folgenden Gedanken eingebaut hat: Die Streitschrift sei „ausdrücklich kein ZIA-Papier und gibt auch keine ZIA-Positionen wieder“. Vielmehr solle sie provozieren und dafür müsse man überzeichnen und vereinfachen.

Den Schluss garniert er mit der Hoffnung, dass mit dem Schriftstück „ein kleiner Beitrag für eine gute Zukunft der Städte und nicht zuletzt der Immobilienbranche geleistet wird“. Eine verpasste Chance für ein klares Bekenntnis.

Nutzer nicht im Zentrum der Planungen

Das Dokument entstand vor dem Ukrainekrieg als Ergebnis aus Workshops. Vielleicht symbolisiert das eines der Probleme der Branche: Die Abstimmung einer solchen Streitschrift braucht mehr als ein Jahr, auf der ZIA-Seite ist sie gleich gar nicht zu finden. Inhalt schlägt Befindlichkeit, insofern nun zu den Inhalten.

Da geht es um mangelnde soziale Verantwortung, um das Investor-Nutzer-Dilemma. Das stellt sich wie folgt dar: „Projektentwicklungsunternehmen rücken die Nutzer nicht ins Zentrum ihrer Planungen. Dafür brauchen wir bessere Beteiligungsformate und eine konstruktivere Beteiligung der Bürgerrinnen und Bürger.“ Es geht um die Zusammenarbeit aller Beteiligten und um Stadtplanung, die kaum Überlegungen anstellt, wie die „Stadt in zehn, 20, 50 oder 100 Jahren aussehen soll“. Und es geht um Quantität bei der Wohnraumschaffung, Genehmigungsstau und das Nichtbekenntnis zur Klimaverantwortung.

Die Lösungen kommen banal daher, eine Folge der Vereinfachung. Die Forderungen im Einzelnen oder ganz im Sinne der Schrift „Es ist höchste Zeit für“:

Keine Lust auf Streit?

Hat der Leser sich durch die wirklich sehr einfachen und kurzen Absätze gelesen, bleibt eine bleierne Schwere. Direkt taucht die Quadratur des Kreises im Kopf auf, es mutet paradox an. „Wie würde eine Immobilienwirtschaft aussehen, die sozial, ökologisch, fair, kreativ, demokratisch und zukunftsgerichtet ist? Um das zu klären, muss jeder Beteiligte für sich einige grundlegende Fragen beantworten. Dabei hilft es, mit anderen in den Diskurs zu treten; also lasst uns Visionen entwickeln und lasst uns gemeinsam besser werden. Es ist höchste Zeit“, sagt Architekt Eike Becker. Die Lust auf Streit hält sich nach der Rezeption in Grenzen. Vielmehr ist eine Neugier geweckt: Welche Punkte haben es nicht in die Streitschrift geschafft?

Die komplette Streitschrift

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