Vincenz Klemm, Geschäftsführer und Mitgründer Baobab Insurance, analysiert für IMMOBILIEN AKTUELL, wie wichtig der Schutz neuer technologien wie KI ist. Denn: Smarte Gebäude, IoT-Anwendungen und digitale Steuerungssysteme sind anfällig für Cyberkriminalität.
Während smarte Gebäude, IoT-Anwendungen und digitale Steuerungssysteme längst Einzug in den Alltag gehalten haben, hinkt der Schutz dieser neuen Technologien weit hinterher. Laut einer ZIA-Umfrage haben über 80 Prozent der Immobilienunternehmen bis heute keine umfassende Strategie, um ihre Gebäudetechnik vor Cyberangriffen zu sichern. Gleichzeitig wird die Bedrohungslage durch den Einsatz von generativer KI immer komplexer. Es ist höchste Zeit, dass die Branche aufwacht – und KI nicht nur als Risiko, sondern auch als Teil der Lösung begreift.
Denn Cyberkriminelle haben längst verstanden, wie sie generative KI für sich nutzen können: täuschend echte Phishing-Mails, personalisierte Betrugsversuche, automatisierte Schwachstellen-Scans – all das wird zunehmend billiger, schneller und für Laien einfacher zugänglich. Die Immobilienbranche bietet hier besonders viele Angriffsflächen. Smarte Gebäude, die über Apps gesteuert werden, schlecht gesicherte IoT-Geräte oder unzureichend geschützte Betreiberplattformen eröffnen Hackern ein Eldorado. Angriffe wie Man-in-the-Middle, bei denen Datenübertragungen manipuliert werden, oder das Ausspähen von Gebäudesteuerungen können nicht nur den Datenschutz gefährden, sondern im schlimmsten Fall die physische Sicherheit von Mietern und Nutzern beeinträchtigen.
Doch trotz dieser alarmierenden Realität sind viele Unternehmen untätig. Der Glaube, Cyberkriminalität treffe immer nur andere, ist sicherlich ein Grund. Ein weiterer: IT-Sicherheit wird oft als rein technisches Problem wahrgenommen. Tatsächlich aber muss sie heute Chefsache sein – und zur strategischen Kernaufgabe jedes Immobilienunternehmens werden.
Wie also muss ein Umdenken in der Praxis aussehen?
Prävention muss zur Routine werden: IT-Sicherheitsrichtlinien dürfen nicht nur auf dem Papier existieren, sie müssen aktiv in den Arbeitsalltag integriert werden. Das bedeutet: Sensibilisierungstrainings für Mitarbeitende, Penetrationstests der eigenen Systeme, regelmäßige Sicherheitsupdates und Notfallpläne. Gerade Phishing und Social Engineering leben davon, dass der Mensch eine Schwachstelle ist. Hier setzt ein systematischer Aufbau von Cyber-Resilienz an – und hier unterstützt KI Unternehmen bereits heute, etwa durch intelligente Frühwarnsysteme.
Versicherungsschutz ganzheitlich denken: Eine Cyberversicherung ist mittlerweile ein unverzichtbares Instrument. Weil Social-Engineering-Formen wie CEO Fraud, bei der sich Betrüger beispielsweise als Geschäftsführung ausgeben und Deepfakes, mit Hilfe von KI manipulierte Medieninhalte wie etwa Videos oder Audios, jährlich zunehmen, brauchen Immobilienunternehmen zusätzlich eine Vertrauensschadenversicherung. Ein gutes Produkt zeichnet sich dadurch aus, dass viele Leistungen bereits in der Grunddeckung enthalten sind. Dazu gehören beispielsweise Schutz bei Überweisungsbetrug, Stop-Payment-Order (Zahlungssperren), Geheimnisverrat oder externe Ermittlungskosten. Neben der Deckung im Schadensfall sollten Unternehmen darauf achten, ob der Versicherer sie aktiv bei der Prävention unterstützt. Baobab Insurance bietet etwa einen KI-basierten Risiko-Scan, Vorlagen für IT-Krisenplänen, die konkrete Handlungsschritte enthalten, Checklisten für Sicherheits-Patches und Backups. Aber auch die Kostenübernahmen von IT-Forensik, Krisenmanagement, Betriebsunterbrechungen und Schadenersatzforderungen.
KI als Sicherheitsbooster nutzen: Moderne Cyber- und Vertrauensschadenversicherungen setzen auf KI-gestützte Anomalieerkennung, um verdächtige Aktivitäten in Echtzeit zu identifizieren. Machine Learning hilft dabei, bekannte Angriffsmuster zu erkennen und neue Bedrohungen schneller abzuwehren. Mithilfe vorausschauender Datenanalyse kann IT-Teams proaktiv auf Sicherheitslücken hinweisen, bevor sie ausgenutzt werden. KI ermöglicht der Immobilienbranche also proaktiv zu handeln. Eine umfassende Sicherheitsstrategie kombiniert daher menschliche Wachsamkeit, technologische Exzellenz und organisatorische Weitsicht.
Die Immobilienbranche investiert Milliarden in nachhaltige Gebäude, neue Stadtquartiere und Smart-City-Projekte. Dieses Engagement verdient auch den Schutz vor den Gefahren der digitalen Welt. Eine ganzheitliche Cybersicherheitsstrategie muss daher einen Versicherungsschutz beinhalten, der KI klug einsetzt. So legen Immobilienunternehmen den Grundstein dafür, dass die Gebäude von morgen nicht nur smart, sondern auch sicher sind.
Der Autor für IMMOBILIEN AKTUELL: Vincenz Klemm, Geschäftsführer und Mitgründer Baobab Insurance, einem digitalen Assekuradeur für technische Risiken. Neben einer Cyberversicherung bietet das Unternehmen eine E-Crime-Versicherung und eine IT-Haftpflichtversicherung für IT-, Software-, Technologie- und Telekommunikationsunternehmen.