Wohnungsbau in der Warteschleife?

Wohnungsbau in der Warteschleife?

Wohnungsbau in der Warteschleife?
Quelle: goran_anicic / Pixabay

Die Bundesregierung macht Tempo beim Wohnungsbau – zumindest auf dem Papier. Bundesbauministerin Verena Hubertz will mit einem neuen Referentenentwurf baurechtliche Hürden abbauen und Kommunen mehr Spielräume geben.

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Doch ob die Gesetzesinitiative den dringend benötigten Wohnungsbau tatsächlich ankurbelt, ist fraglich. Branchenvertreter sprechen von einem „Tropfen auf dem heißen Stein“, warnen vor Investitionshemmnissen – und kritisieren das Auseinanderfallen politischer Zielsetzungen. Im Zentrum des Gesetzentwurfes steht die Ausweitung der Sonderregelung aus § 246e Baugesetzbuch, die ursprünglich für den Bau von Geflüchtetenunterkünften geschaffen wurde. Künftig sollen Kommunen unter bestimmten Bedingungen bis Ende 2030 von bauplanungsrechtlichen Vorgaben abweichen können – etwa bei Lärmkonflikten oder fehlenden Bebauungsplänen – wenn dabei mindestens sechs neue Wohnungen entstehen. Ergänzt wird der Entwurf durch die Verlängerung des Umwandlungsverbotes in angespannten Wohnungsmärkten (§ 250 BauGB) und der Möglichkeit zur Feststellung solcher Märkte durch die Länder (§ 201a BauGB).

„Ich habe Tempo versprochen. Beim Bauturbo mache ich Tempo“, betont Verena Hubertz. Noch vor der Sommerpause soll der Entwurf in den Bundestag eingebracht werden. Die Ministerin verweist auf Rekordinvestitionen in Höhe von 110 Milliarden Euro im Jahr 2025 – doch ob diese auch am Bau ankommen, bleibt unklar.

Kritik an Mietpreisbremse und fehlendem Rückenwind für Bauherren

Die Verlängerung der Mietpreisbremse bis Ende 2029 gehört ebenfalls zum Maßnahmenpaket. Für Mieter sei das „ein guter Tag“, so Hubertz. Doch bei den Wohnungswirtschaftsverbänden schrillen die Alarmglocken. „Wer bremst, ist dafür verantwortlich, wenn die Bagger stehen bleiben, anstatt zu rollen“, warnt Dirk Wohltorf, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland (IVD). Er spricht von einem „investitionsfeindlichen“ Signal und kritisiert eine pauschale Unterstellung gegenüber Vermietern: „Private Vermieter handeln nachweislich verantwortungsvoll. Solche Regulierung schreckt Bauherren und Kapitalanleger ab.“

Auch Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, äußert sich skeptisch: „Die Mietpreisbremse hat in den vergangenen zehn Jahren zu einer Zementierung angespannter Wohnungsmärkte geführt.“ Er fordert stattdessen eine gesetzliche Verankerung des Wohnens als „überragendes öffentliches Interesse“, um Planungsprozesse zu beschleunigen – so wie es bereits bei Windkraft- und Netzausbauprojekten gilt.

Sozialwohnungsbau: Fördermittel steigen, Neubauten stagnieren

Mit der Erhöhung der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau auf 3,5 Milliarden Euro jährlich ab 2025 setzt die Bundesregierung ein weiteres Zeichen. Zusammen mit den Landesmitteln ergibt sich ein Fördervolumen von rund sieben Milliarden Euro. Doch wie viele Wohnungen daraus tatsächlich entstehen, ist ungewiss. Nach Berechnungen von Aengevelt Research könnten es bis zu 66.000 Einheiten pro Jahr sein – „falls den Investoren ausreichend preisgerechte Baugrundstücke zur Verfügung stehen und Baugenehmigungen zeitnah erteilt werden“. In der Realität dürfte die Zahl niedriger ausfallen. „Ein jährlicher Nettozuwachs des bundesweiten Sozialwohnungsbestandes um bestenfalls etwa 20.000 Einheiten ist allerdings nur als Tropfen auf dem heißen Stein zu betrachten“, sagt Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien. Laut Pestel-Institut fehlen aktuell rund 910.000 Sozialwohnungen. Für einen ausgeglichenen Markt wären etwa zwei Millionen nötig – so viele gab es zuletzt im Jahr 2007.

Alte Bahnflächen, neue Hoffnung

Ein weiterer Gesetzesentwurf betrifft die Bebauung stillgelegter Bahnflächen. Diese war unter der Ampel-Koalition stark eingeschränkt worden – Wohnungsbau galt nicht als ausreichendes „überragendes öffentliches Interesse“. Die neue Bundesregierung will das laut Thomas Daily ändern. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) spricht von einem „ausgewogenen und pragmatischen Kompromiss“, der Stadtentwicklungsprojekte wie das Rosensteinquartier in Stuttgart mit 5.700 Wohnungen überhaupt erst möglich mache.

Trend zur Sanierung: Bauen im Bestand legt zu

Während der klassische Neubau schwächelt, nimmt das Bauen im Bestand an Bedeutung zu. Laut Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken ist der Anteil entsprechender Baugenehmigungen zwischen 2014 und 2024 bundesweit von 13 auf über 19 Prozent gestiegen. In Bremen etwa hat sich die genehmigte Sanierungsfläche mehr als verdoppelt. Gleichzeitig geht die Größe neuer Wohnungen zurück: von durchschnittlich 106 auf 93 Quadratmeter im Neubau, im Bestand von 118 auf 100 Quadratmeter.