ZIA: „Kein schlaues Reden vom Spielfeldrand“

ZIA: „Kein schlaues Reden vom Spielfeldrand“

ZIA: „Kein schlaues Reden vom Spielfeldrand“
Bundesbauministerin Verena Hubertz will den Bauturbo nun wirklich zünden. Quelle: Ivette Wagner

Die Immobilienbranche und die Politik zeigen sich einig beim Tag der Immobilienwirtschaft: Es muss etwas passieren. Bundesbauministerin Verena Hubertz verspricht den Bauturbo bis zur Sommerpause und Jan-Hendrik Goldbeck setzt einen riesigen Stachel bei Thorsten Frei, Chef des Bundeskanzleramtes.

Agentur

Mit dem Zitat von Bundeskanzler Friedrich Merz „Bauen, bauen, bauen“ in einem Einspieler ist der Tenor des Tages der Immobilienwirtschaft des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) in Berlin gesetzt. Noch sieht die Realität der Branche anders aus: Rückläufige Baugenehmigungen, angespannte Finanzierungskonditionen, politische Unsicherheit. Iris Schöberl, Präsidentin des ZIA, verlangte deshalb vor allem drei Dinge: Verlässlichkeit, Vertrauen, Planungssicherheit. „Wir haben keine Zeit mehr für ideologische Grundsatz-Diskussionen.“ Transformation sei ein Hindernisparkour, der die volle Aufmerksamkeit erfordere. Die Verlängerung der Mietpreisbremse sei „Mangelverwaltung“, es brauche Klarheit beim Energiegebäudegesetz und kein „schlaues Daherreden vom Spielfeldrand aus“.

Boris Rhein, Ministerpräsident des Landes Hessen, rief zu einem entschlossenen Kurswechsel auf. Die geopolitischen Verschiebungen und die abnehmende Verlässlichkeit klassischer Partner wie den USA erforderten neue Allianzen mit anderen Wirtschaftsräumen. Statt zu verzagen, sei es Zeit „zu machen“. Nur Wachstum biete politischen Spielraum. Boris Rhein forderte „Anreize für Arbeit, nicht für Arbeitslosigkeit“ und verwies auf das 2024 eingeführte Hessen-Geld sowie Maßnahmen zum Bürokratieabbau als Beispiele einer pragmatischen Politik. Es sei an der Zeit den Investitionsbooster zu starten, nur Wachstum biete Spielräume in der Politik.

Die politische Keynote übernahm Thorsten Frei, Chef des Bundeskanzleramtes. Er sprach von einem „Stagnationsjahr“ nach zwei Jahren Rezession, betonte jedoch, dass man sich „nicht im Klein-Klein verlieren“ dürfe. Ein „Steuersofortprogramm mit Sonderabschreibungen“ sei vorbereitet, mit dem Ziel, einen nachhaltigen Investitionsimpuls zu setzen. Thorsten Frei kündigte an, dass bis zur Sommerpause rund 60 Gesetze auf den Weg gebracht werden sollen. „Wir müssen Koordination und Dynamik wieder zurückgewinnen.“ Es sei wichtig die B-Note nicht zu vernachlässigen, denn „wir wollen, dass die Menschen stolz auf die Regierung sind“. Bei ihm heißt das Investitionsturbo, „der nicht verpuffen soll“. Dabei geht es auch um die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, denn „wir können so lange regeln, bis gar niemand mehr baut“. Kurz: „Es braucht einen Stimmungsumschwung, die Immobilienwirtschaft ist Teil der Zukunftsstiftung unseres Landes“. In der Diskussion mit Jan-Hendrik Goldbeck von GOLDBECK musste er sich direkt einen Vorwurf gefallen lassen: „Das hört sich alles ein wenig an wie zu Beginn der Ampel“, sagte der Unternehmer. Lamentieren sei nicht richtig, die Unternehmer wissen sehr wohl, dass sie daran ihren Anteil hätten. „Ich kann als CEO auch nicht vor meine Aktionäre treten und die schlechten Ergebnisse auf die Unternehmensstruktur zurückführen. Sie erwarten, dass es Struktur und klare Prämissen gibt.“ Was Thorsten Frei dazu führte, das Aufhören mit Ausreden zu thematisieren und festzustellen: „Ich glaube auch nicht, dass der Staat der bessere Unternehmer ist.“

Ministerpräsident Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen sprach von strukturellem Reformbedarf. Die „Angst um den Arbeitsplatz“ sei zurückgekehrt, das Vertrauen in die staatlichen Institutionen geschwächt. Digitalisierung sei mehr als das Erzeugen digitaler PDFs. „Staatsmodernisierung ist zwingend“, so Hendrik Wüst, „und es ist eine Minute vor zwölf.“ Trotzdem sollten alle der aktuellen Regierung eine Chance geben, schließlich sei diese nur wenige Wochen im Amt. Wichtig sei, die entstandene Vertrauenslücke zwischen Regierung und Bevölkerung sowie Wirtschaft wieder zu schließen.

Verena Hubertz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, zeigte sich „vorsichtig optimistisch“: Die Baugenehmigungszahlen stabilisierten sich langsam. Doch: „Wir dürfen nicht in Trägheit verharren.“ Neben der Stärkung der Aufstockung im Baugesetzbuch verwies sie auf den Hamburg-Standard als Vorbild für vereinfachte Verfahren. Die KfW-Förderung sei zu kompliziert, privates Kapital müsse besser aktiviert werden. Ihr Ziel: Neubau unter 15?Euro pro Quadratmeter. Bei einem solchen Ziel (und auch allen anderen) könne man nicht in Schönheit sterben. „Wir sind momentan im Moll-Ton“ schätzte sie die Lage ein und man müsse „vom Denken ins Handeln kommen“. Zu lange hätte man Ziel- und Interessenkonflikte nicht gelöst, da müsse es für optimale Ergebnisse auch einmal krachen. Der Bauturbo, so Verena Hubertz sicher, werde noch vor der Sommerpause mit neuen Gesetzen gezündet.