Das ist der Hammer!

Das ist der Hammer!

Das ist der Hammer!
Auktionator Micheal Plettner (Mitte) führt durch die Versteigerung. Quelle: Steffen Höhne

Die Sächsische Grundstücksauktionen AG versteigert seit 20 Jahren erfolgreich Immobilien aus Mitteldeutschland. Bei der ersten Veranstaltung 2019 in Leipzig steigt der Adrenalinspiegel der Gäste. Eine Beobachtung. 

Einladung zur Real Estate Mitteldeutschland

Michael Plettners Blick streift durch den Raum. Der Auktionator hat soeben ein denkmalgeschütztes Mehrfamilienwohnhaus in Zeitz (Sachsen-Anhalt) aufgerufen. Das Mindestgebot liegt bei 35.000 Euro. Michael Plettner steigert zunächst um 1.000 Euro und dann in 2.000er Schritten. Anfangs gibt es mehrere Interessenten, die Gebote abgeben. Eine Frau im roten Pullover aus der ersten Reihe hebt immer wieder die Hand. Ab der 60.000-Euro Marke bieten nur noch der Nordhäuser Unternehmer Uwe Schauermann und ein nicht anwesender Bieter über das Telefon. Es geht hin und her. Einmal wartet Uwe Schauermann bis zum dritten Aufruf, um dann erneut kurz die Hand zu heben. Ein psychologischer Trick, um den Mitbieter mürbe zu machen? Dann sagt Michael Plettner: „Bietet jemand 104.000?“ Uwe Schauermann gibt erneut ein Zeichen. Zwei Aufrufe folgen. Der Auktionator schaut an den Tisch für die Telefonbieter. Stille. Erneut der Blick durch den Raum. „Und 104.000 zum Dritten“, sagt er und lässt den Hammer fallen. 

„Da steigt der Adrenalinspiegel schon“, so Uwe Schauermann nach der Versteigerung. Er hatte die Immobilie bereits vorab besichtigt. Es sei ein gut erhaltenes Haus, ein angebautes Türmchen gefällt ihm besonders. Er will das Gebäude mit vier Wohnungen noch weiter sanieren und dann voll vermieten. Wo seine Schmerzgrenze beim Kauf gelegen hätte, verrät er allerdings nicht. 

Die Sächsische Grundstücksauktionen AG hatte Anfang März ihre Frühjahrsauktion im NH Hotel an der Leipziger Messe veranstaltet. Etwa 150 Interessenten füllen den großen Konferenzsaal bis auf den letzten Platz. Auktionshaus-Chefin Martina Stein trägt ein weiß-schwarz gemustertes Kostüm. Sie begrüßt einige Gäste per Handschlag, die offenbar öfters bei den Auktionen mitbieten. Die Besucher sind keine homogene Gruppe: Es sind junge Herren im Anzug zu sehen, ältere Männer in Jeans und Wollsakko oder eine Rentnerin mit Rollator ist da. Versteigert werden 54 Immobilien aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. 

Klein und groß 

Es geht nicht nur um große Summen: Als viertes Gebot wird ein unbebautes 380 Quadratmeter großes Grundstück ebenfalls in Zeitz aufgerufen – Mindestgebot 3.000 Euro. Ein Leipziger, der seinen Namen nicht nennen möchte, erhält bereits nach vier Runden den Zuschlag für 4.500 Euro. „Ich denke, das ist ein gutes Geschäft“, sagt der Mann in einer anschließenden Pause. Er hat privat bereits mehrere Immobilien in der Stadt gekauft und spekuliert auf eine Wertsteigerung. „Wegen dem Bevölkerungsrückgang und dem hohem Leerstand sind die Preise noch niedrig“, erklärt er. Doch die Lage zwischen Leipzig und Jena werde dazu führen, dass Zeitz sich entwickelt, ist der Mann überzeugt. 

Viermal im Jahr führt die Sächsische Grundstücksauktionen AG jeweils in Leipzig und Dresden die Versteigerungen durch. Jährlich würden etwa 400 Immobilien angeboten, sagt Martina Stein, und 90 Prozent davon verkauft. „Villen, Mühlen, Bahnhöfe und Weinberge – bei uns finden die Käufer außergewöhnliche Objekte“, wirbt sie. Die Kunden kämen aus der Bau- und Immobilienbranche, Privatpersonen mischen sich genauso darunter. Der Käufer trägt nach dem Zuschlag zusätzlich eine sogenannte Courtage, die an das Auktionshaus zu zahlen ist. Sie beträgt je nach Zuschlagspreis sieben bis 17 Prozent des Kaufpreises (inklusive Mehrwertsteuer). Mit dem Verkäufer verhandelt das Auktionshaus individuell eine Courtage aus. Über jene Gebühr finanziert sich das Unternehmen. 

Gelebte Tradition 

Das Auktionshaus mit Sitz in Dresden besteht seit Ende 1999. Es beschäftigt 30 Mitarbeiter an den Standorten Dresden, Leipzig, Plauen und Erfurt. Immobilien und Grundstücke kann jeder zur Versteigerung anbieten. Das Unternehmen prüft die Objekte, setzt ein Mindestgebot fest und erstellt einen Katalog mit Informationen. „Nur jedes dritte uns angebotene Objekt kommt jedoch in die Auktion“, erläutert Martina Stein. Häufig gebe es unterschiedliche Preisvorstellungen zum Mindestgebot. Dennoch: Seit der Gründung wurden nach Firmenangaben bereits mehr als 11.000 Immobilien versteigert. Die Auktionen finden jeweils im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter statt. An etwa 60.000 Interessenten geht der Katalog zu jedem Termin. Das Auktionshaus erwirtschaftet nach eigenen Angaben jährlich Umsätze von 20 bis 22 Millionen Euro – 2017 war bisher das Rekordjahr. Auch die Sächsische Grundstücksauktionen AG profitiert vom Immobilienboom und behauptet sich damit gegen die Konkurrenz der Immobilien- Portale im Internet. 

Nach Ansicht von Martina Stein spricht für die Versteigerung, dass die Häuser schnell und unkompliziert verkauft werden. „Nicht selten landen bei uns Objekte, die bereits ein oder zwei Jahre erfolglos anderswo angeboten wurden“, so die Vorstandschefin. Das Besondere bei der Auktion: Mit dem dritten Hammerschlag wechselt der Eigentümer – noch vor Ort wird bei einem Notar der Kaufvertrag unterschrieben. Das Auktionshaus rät daher allen Interessenten, die Objekte vorher genau zu prüfen. Niedrigen Mindestgeboten stehen nicht selten hohe Sanierungskosten gegenüber. 
Immobilienhändler Walter Lock ersteigert auf der Auktion Häuser für amerikanische Geschäftsleute. So hat er für 16.000 Euro ein Einfamilienhaus mit 895 Quadratmetern Grundstück in Osterfeld (Sachsen- Anhalt) erworben. „Das wollen wir vermieten oder sanieren und dann verkaufen“, erklärt er. Und wenn er bei dem niedrigen Preis eine Schrottimmobilie erworben hat? „Notfalls reißen wir das Haus ab und bauen ein neues hin“, fügt er trocken an. Auch für ihn war die Nähe zum Leipziger Immobilienmarkt ausschlaggebend für den Erwerb. Er rechnet damit, dass junge Familien, die sich teure Häuser in der Messestadt nicht leisten können, verstärkt wieder ins Umland ziehen. 

Der Grat zwischen seriösen Geschäftsleuten und Glücksrittern ist bei der Auktion schmal. Vor zwei Jahren wurde beispielsweise das Schloss Seeburg am Süßen See für 600.000 Euro an eine bulgarische Frachtfluggesellschaft versteigert. Diese wollte die Immobilie entwickeln – ein Club-Hotel war im Gespräch. Passiert ist aber nichts. Ende 2018 sah man das Schloss auf Immobilienseiten im Internet für nun 1,48 Millionen Euro. Bei Lokalpolitikern und Bürgern im Ort sorgte das für Unmut.

Der Unternehmer Uwe Schauermann hat auf der Auktion noch ein zweites Haus im thüringischen Meuselwitz erworben, das er vermieten will. „Ich bin daran interessiert, die Häuser langfristig zu halten“, sagt er. Als Faustformel bei der Versteigerung gilt für ihn: Wenn ein Objekt unter der zehnfachen Jahresmiete (kalt) angeboten wird, handelt es sich um ein Schnäppchen. Wichtig ist für ihn, dass er im Vorfeld die Kosten für notwendige Instandhaltungen grob abschätzen kann. „Alles kann man aber nicht planen, es bleibt immer ein Risiko“, sagt Uwe Schauermann und verlässt nach drei Stunden die Auktion. 

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