Immobilieninvestments: Nicht die Risiken sind problematisch, sondern die Nebenwirkungen

Immobilieninvestments: Nicht die Risiken sind problematisch, sondern die Nebenwirkungen

Immobilieninvestments: Nicht die Risiken sind problematisch, sondern die Nebenwirkungen
Ingo Weiss analysiert die aktuellen Herausforderungen bei Immobilieninvestments. Copyright: (links) mohamed Hassan auf Pixabay; (rechts) Driven Investment GmbH

Ingo Weiss, geschäftsführender Gesellschafter der Driven Investment GmbH, analysiert für IMMOBILIEN AKTUELL die derzeitigen Herausforderungen für Investoren und Projektentwickler und zeigt auf, wie man Risiken minimieren und mit Kommunen und Verwaltungen zielführend kooperieren kann.

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Viele Investoren und auch Immobilienentwickler gehen momentan dem Risiko strikt aus dem Weg. Core lautet das Zauberwort der Stunde, was erst durch das Aufkommen der Pandemie und später durch Inflationsängste und die Furcht vor einer Zinswende maßgeblich getrieben wurde.

Gegen Core-Investments ist an sich auch nichts einzuwenden – sich jedoch ausschließlich auf „sichere“ Objekte zu beschränken, kann dafür sorgen, dass die größten Potenziale nicht erkannt werden. Auch fallen womöglich diejenigen Entwicklungsprojekte durch das Sieb, die aus städtebaulicher Sicht den größten Mehrwert für Anwohner und Kommunen bieten könnten. Aber welche Risiken prägen die Märkte zurzeit besonders und wie lassen sich diese vernünftig managen?

Bauzeit und Baukosten als aktuell größte Herausforderungen

Keine Frage: Es gab Zeiten, die für Immobilienentwickler und -investoren deutlich einfacher waren, als es heute der Fall ist. In der aktuellen Marktsituation hat die Branche mit zwei Herausforderungen besonders zu kämpfen: Bauzeit und Baukosten, die natürlich unmittelbar miteinander zusammenhängen. Die Lieferketten sind in allen Bereichen dysfunktional, was eine absolute Ausnahmesituation darstellt. Immobilien tatsächlich im kalkulierten Zeit- und Kostenrahmen fertigzustellen, ist daher fast unmöglich geworden, die Materialverfügbarkeiten sind derzeit ein großes Problem. Gleichzeitig steigt der Preis für Bauland immer weiter.

Mit anderen Worten: Es bleibt nur noch wenig Spielraum für Fehleinschätzungen oder unvorhergesehene Ausgaben. Gerade bei einem groß angelegten Quartiersprojekt, bei dem über Jahre hinweg immer wieder Teilflächen realisiert werden, ist ein optimales Risikomanagement gefragt. Und je länger ein Projekt dauert, desto mehr potenzielle Risikofaktoren gesellen sich noch dazu. In solchen Fällen sorgen die richtigen Verträge und die passenden Geschäftspartner sowie Dienstleister für mehr Sicherheit.

Probleme proaktiv ausräumen

Es gibt viele bewährte Möglichkeiten, um Risiken abzumildern – sowohl die wirtschaftlichen als auch die politischen beziehungsweise die rechtlichen. Beispielsweise können sich Entwickler und Investoren vor kurzfristigen Marktschwankungen schützen, indem beim Ankauf die Kaufpreiszahlungen gestaffelt werden oder beim Verkauf in Form eines Forward Deals rechtzeitig ein Exit abgesichert wird. Natürlich ist auch ein funktionierendes Immobilienkonzept mit klaren Mieterprofilen ein Muss, um das Vermietungsrisiko so gering wie möglich zu halten.

Was die immer komplexeren politischen Konstellationen betrifft, so lassen sich im Dialog mit Kommunen Win-win-Situationen erzielen. Etwa indem Entwickler städtebauliche Probleme lösen und dafür im Gegenzug politische Unterstützung für eigene Projekte erhalten – das ist Verhandlungssache, ein Geben und Nehmen. Wichtig dabei ist es, transparent zu kommunizieren und verbindlich zu bleiben. Auch sollten sich Entwickler nicht durch eine scheinbar unlösbare Forderung abschrecken lassen, denn oft existieren Anknüpfungspunkte zur Kooperation, an die weder der Entwickler noch die kommunalen Entscheidungsträger überhaupt gedacht haben, bevor sie sich an den Verhandlungstisch setzten.

Die meisten deutschen Bauämter sind zudem unterbesetzt – wir befinden uns hier seit Längerem an der Grenze des Zumutbaren. Darüber hinaus müssen Mitarbeiter veraltete Gesetze auf die vom Projektentwickler gewünschte, zukunftsfähige Flexibilität bei der Immobilienkonfiguration anwenden. Nur wenn sich alle Parteien dieser herausfordernden Lage gemeinsam stellen, wird ein Umbau unserer Städte zu lebenswerten, klimaneutralen, innovativen und wirtschaftlich sinnvollen Stadtquartieren mit kurzen Wegen gelingen.

Zeit- und Finanzaufwand frühzeitig und realistisch ermitteln

Es gibt kaum ein Risiko, das so groß wäre, ein Projektvorhaben bereits im Vorhinein zu verhindern. Der zeitliche und finanzielle Aufwand muss nur frühzeitig und realistisch ermittelt werden und in die Preisbildung mit einfließen. Ich habe bereits den Extremfall erlebt: Ein Grundstück musste aufgrund zu hoher Altlasten zu einem negativen Kaufpreis angeboten werden. Aber genau bei solchen Problemfällen ergeben sich für kreative Entwickler Potenziale. Letztlich ist auf besagtem Grundstück eine gut funktionierende und rentable Gewerbeimmobilie entstanden.

Kenne den Markt, durchschaue die Akteure

Da solche „Problemprojekte“ nicht allzu stark umkämpft sind, spielt Zeitdruck im Allgemeinen keine große Rolle. Extrem wichtig ist jedoch, dass keinerlei Risiken im Vorhinein unbemerkt bleiben – unvorhergesehene Probleme sind der häufigste Grund dafür, dass ein Projekt in Schieflage geraten kann. Damit ein scheinbar risikoreiches Projekt gelingen kann, sollte ein Investor also die jeweiligen Märkte gut kennen, mit all seinen lokalen Besonderheiten. Wo drohen Gefahren, etwa durch lokalpolitische Widerstände oder Anwohnerproteste? Auch die individuellen Interessen der Geschäftspartner sollte ein Entwickler genauestens im Auge haben.

Erfolg hängt immer auch maßgeblich von seinen Handelspartnern ab. Es gibt Verkäufer, die einen „dummen“ Abnehmer suchen – aber auch solche, die tatsächlich einen Handelspartner suchen. Ist letzteres der Fall, wird der Verkäufer dem Interessenten genug Zeit einräumen und ihn außerdem konstruktiv unterstützen.

Verkäufer, Käufer und Kooperationspartner sollten transparent und auf Augenhöhe kommunizieren, sei es über Altlasten, Bausünden oder juristische Probleme, damit nach dem Closing keine bösen Überraschungen drohen. Offenbaren sich Verkäufer gleich zu Beginn eines Projektes als intransparent und wenig kooperativ, dann lauern sie erst recht: die bereits erwähnten, unbekannten Risikofaktoren. Werden diese schon früh offensichtlich, dann empfehle ich klar, als Investor besser Abstand zu nehmen.

Unvorhergesehenes muss miteinkalkuliert werden

Doch auch bei einer noch so umfangreichen Due Diligence-Arbeit können nicht immer alle Details im Vorfeld identifiziert werden. Bei der Kalkulation sollte der Posten „Unvorhergesehenes“ stets in realistischer Höhe berücksichtigt werden. Diesen Faktor zu ignorieren, erscheint zwar verführerisch, ist aber kurzsichtig. Unvorhergesehene Ausgaben und Verzögerungen großzügig ansetzen, ist definitiv klüger, als sich das eigene Investment am Beginn schönzurechnen. Optimismus oder gar Naivität, können sich als fatal erweisen.

Risiken abwälzen ist KEINE Lösung

Bei all den Möglichkeiten zur Risikominimierung muss also das Risiko angemessen bewertet werden. Dabei ist eines wichtig: Die Bewertung des Risikos sollte dort angesetzt werden, wo es potenziell verortet ist. Beispielsweise könnte ein Projektentwickler auf ein mögliches Risiko also mit einer Kaufpreisreduzierung reagieren.

Einen Teil des Entwicklerrisikos später im Projektzyklus auf die Schultern von Privatanlegern abzuwälzen, ist hingegen verwerflich. Allzu häufig werden beispielsweise Projekte, die keinen institutionellen oder semi-professionellen Geldgeber finden, über Crowdfunding-Plattformen angeboten, sodass die Nachrangdarlehen von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern ausgegeben werden, die in aller Regel die Objektrisiken nicht abschätzen können. Selbst Profis werden hin und wieder dazu verführt, zu teuer – sprich: ohne angemessenen Risikoabschlag – einzukaufen. Umso schwerer wiegt es, wenn in Nachrangdarlehen keine ausreichend hohe festverzinsliche Rendite angesetzt ist, die das Entwicklerrisiko wirtschaftlich rechtfertigen würde.

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