Verschleiß und Überlastung: Deutschlands höchste Brücken in einem kritischen Zustand

Verschleiß und Überlastung: Deutschlands höchste Brücken in einem kritischen Zustand

Verschleiß und Überlastung: Deutschlands höchste Brücken in einem kritischen Zustand
Die Brücken in Deutschland weisen kritischen Zustand auf. Copyright: Paul Mertes auf Pixabay

Am 7. Mai wurde die Talbbrücke Rahmede bei Lüdenscheid gesprengt. Die Brücke wies so starke Schäden am Tragwerk auf, dass eine Sanierung unwirtschaftlich gewesen wäre. Doch nicht nur diese Brücke ist in einem schlechten Zustand. Die Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e.V. hat anhand der offiziellen Zustandsnoten die bauliche Situation der 25 höchsten Brücken im Fernstraßennetz untersucht. Dabei zeigt die Mehrheit der höchsten Brücken kritische Verschleißerscheinungen und Defizite bei der Traglast. Und damit die Notwendigkeit von Modernisierungsmaßnahmen.

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Die Hälfte der deutschen Brücken hat mindestens einen kritischen Zustand

Den Zustand und die Leistungsfähigkeit einer Brücke beschreiben die Zustandsnote (ZN) und der Traglastindex (TLI). Die Zustandsnote beurteilt Verschleiß- und Alterungserscheinungen. In dieser Kategorie erreichen die untersuchten Brücken im Durchschnitt den Wert 2,85 (auf einer Skala von 1 bis 4). Bei der Hälfte der Brücken liegen die Zustandsnoten im Bereich von 2 bis 2,9, was einem befriedigenden bis ausreichenden Bauwerkszustand entspricht.

Bei der anderen Hälfte sieht es schlechter aus: zwölf Brücken haben die Zustandsnoten zwischen 3 und 3,5 und befinden sich damit in einem kritischen bzw. ungenügenden Bauwerkszustand. Zu dieser Gruppe gehören mit beiden Teilbauwerken der Kochertalbrücke (ZN 3,5 und 3,3), der Moseltalbrücke (ZN 3,5) der Lösterbachtalbrücke (ZN 3,4) und der Neckarburgbrücke (3,3) vor allem Brückenbauten aus den 1970er Jahren und früher.

Die höchsten Brücken Deutschlands mit einem kritischen bis ungenügenden Bauwerkszustand

Höhe (Meter) Eröffnungsjahr Brücke (Teilbauwerke) Zustandsnote Traglastindex
136 1972 Moseltalbrücke 3,5 V
185 1979 Kochertalbrücke (2) 3,5 IV
98 1987 Sauertalbrücke 3,5 III
100 1974 Lösterbachtalbrücke 3,4 V
185 1979 Kochertalbrücke (1) 3,3 IV
95 1978 Neckarburgbrücke (1) 3,3 IV
97 1967 Elztalbrücke 3,3 II
97 1981 Gutachtalbrücke (2) 3,3 I
127 1978 Neckartalbrücke Weitingen (1) 3 V
97 1968 Grenzwaldbrücke 3 V
90 1978 Schöllnachtalbrücke (1) 3 V
76 1969 Talbrücke Brunsbecke 3 V
95 1978 Neckarburgbrücke (2) 3 IV
92 1969 Tiefenbachtalbrücke 3 IV

 

Viele Brücken werden zu stark belastet

Ein weiteres zentrales Werkzeug zur Beurteilung von Brücken ist der 2020 eingeführte Traglastindex. Der Traglastindex vergleicht die aktuelle Belastung einer Brücke mit der Brückenklasse. Da viele der untersuchten Brücken in Zeiten mit geringer Auslastung geplant und gebaut wurden, haben sie im Verhältnis der aktuellen Belastung und der ausgelegten Tragfähigkeit Defizite. Diese Defizite gibt der Traglastindex an und ist damit ebenfalls ein Indikator einer Modernisierung.  

Von den 25 höchsten Brücken in Deutschland haben fünf einen Traglastindex von IV und sechs einen Traglastindex von V, der schlechtesten Bewertung von Soll- und Ist-Zustand. Mit der Moseltalbrücke, der Lösterbachtalbrücke , der Neckartalbrücke bei Weitlingen , der Grenzwaldbrücke, der Schöllnachbrücke und der Talbrücke Brunsbecke gehören zu den Schlusslichtern beim Traglastindex vor allem Brücken, die auch eine kritische Zustandsnote haben.

Dipl.-Ing. Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken zu den Ergebnissen der Analyse: „Der Zustand vieler Brücken im Fernstraßennetz ist kritisch. Zwar bedeutet eine schlechte Zustandsnote nicht automatisch, dass eine Brücke nicht mehr voll genutzt werden kann.  Aber damit es erst gar nicht zu Nutzungseinschränkungen kommt, müssen rechtzeitig Ertüchtigung und Erhalt geplant und durchgeführt werden. Vor allem bei Brücken, die für den aktuellen und noch wachsenden Schwerverkehr nicht ausgelegt worden sind, stehen umfangreiche Maßnahmen für die Modernisierung und Verstärkung an.“

Brücken im Brückenmodernisierungsnetz haben Vorrang

Die Dringlichkeit der Modernisierung ergibt sich aus Zustandsnote, Traglastindex und Verkehrsbedeutung. Im Brückenmodernisierungsnetz werden ausgesuchte Fernstraßenabschnitte vordringlich erhalten und ertüchtigt. Neun der höchsten Brücken gehören zu diesem Brückenmodernisierungsnetz: die Neckartalbrücke bei Weitlingen, die Siegtalbrücke, die Grenzwaldbrücke, die Neckarburgbrücke.  Schöllnachtalbrücke, Eschachtalbrücke, Werratalbrücke Hörschel und die Talbrücken  Brunsbecke und Büschergrund.  

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