Schumacher Quartier: Berliner Flughafen Tegel wird zu lebendigem Kiez

Schumacher Quartier: Berliner Flughafen Tegel wird zu lebendigem Kiez

Schumacher Quartier: Berliner Flughafen Tegel wird zu lebendigem Kiez
Blick in den Park vom Schumacher Quartier. Copyright: Tegel Projekt / rendertaxi

Was passiert mit dem Berliner Flughafen Tegel, wenn er nach der Inbetriebnahme des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) schließt? Die Tegel Projekt GmbH sieht das Areal unter anderem als lebendiges, umweltfreundliches, ressourcenschonendes, kinderfreundliches und altersgerechtes Zuhause für zehntausende Menschen.

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Der BER wurde Ende 2020 nach neunjähriger Verspätung endlich seiner Bestimmung übergeben. Das ist indirekt der Startschuss für ein umfangreiches Bauprojekt am Flughafen Tegel, dessen Baubeginn sich nach dem neuen Hauptstadtflughafen richtet. Denn der Flughafen Tegel wird erst sechs Monate nach Inbetriebnahme des BER geschlossen und neuen Aufgaben zugeführt.

Bereits seit 2008 diskutieren verschiedene Experten und Politiker unter Einbeziehung der Öffentlichkeit, was mit dem Gelände dann passiert. 2013 verabschiedete der Berliner Senat einen Masterplan, der das 4,95 Quadratkilometer große Flughafen-Areal in vier Teile zerlegte:

  1. In TXL Nord als gemischte Baufläche im Norden des Areals,
  2. in den Landschaftsraum als Übergang zur Naherholungslandschaft rund um den Flughafensee, den Forst Jungfernheide und den Tegeler See,
  3. in die Urban Tech Republic rund um das Flughafenterminal und die Start- und Landebahn als Industrie- und Forschungspark, in dem sich neben Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Start-ups bis zu 1.000 Unternehmen ansiedeln sollen, die um die 20.000 Arbeitsplätze schaffen, und
  4. in das Schumacher Quartier im Osten des Geländes in unmittelbarer Nähe zum Kurt-Schumacher-Platz.
Ein Gesamtüberblick über das Großprojekt "Berlin TXL". Copyright: Tim Dinter
Ein Gesamtüberblick über das Großprojekt "Berlin TXL". Copyright: Tim Dinter

Schumacher Quartier mit Wohnungen für 10.000 Menschen

Das Schumacher Quartier stellt ein wichtiges Leuchtturmprojekt für die Bestrebungen der Hauptstadt dar, neuen und vor allem bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zwar sind auch in der Cité Pasteur auf 180.000 Quadratmetern inmitten der Urban Tech Republic und in TXL Nord auf 290.000 Quadratmetern Wohnungen geplant, hier sind allerdings „nur“ 4.000 Einheiten vorgesehen. Das Schumacher Quartier alleine soll auf 480.000 Quadratmetern 5.000 neue Wohnungen für ungefähr 10.000 Menschen bereithalten. 

Begrenzt wird das Quartier vom Kurt-Schumacher-Platz im Osten, dem Kurt-Schumacher-Damm im Süden, dem Flughafentunnel im Westen und der Sternstraßensiedlung im Norden. In dem neuen Gebiet stehen Projekte landeseigener Wohnungsbaugesellschaften, privater Baugruppen und Genossenschaften nebeneinander. Anvisiert sind 50 Prozent kommunaler Geschosswohnungsbau vorwiegend zur Miete, 40 Prozent unterschiedliche Wohnformen und zehn Prozent studentisches Wohnen. Ungefähr 40 Prozent der Wohnungen, die die landeseigenen Gesellschaften errichten, sollen sozial gefördert werden. Gleichzeitig erhofft sich Berlin, dass das neue Wohnangebot die Mietpreissituation im Umfeld entspannt.

Die Bebauung der Fläche in der Nähe des von den Berlinern liebevoll „Kutschi“ genannten Kurt-Schumacher-Platzes wird sich an den Ergebnissen eines vom Land Berlin ausgelobten städtebaulichen Wettbewerbs konzentrieren. Der Siegerentwurf von scheuvens + wachten plus planungsgesellschaft mbh in Zusammenarbeit mit der WGF Landschaftsarchitekten GmbH klärte wichtige Eckpunkte wie Baudichten und Bebauungshöhen, die Verteilung der Grün- und Freiräume, die Verkehrsanbindungen, die Infrastrukturangebote und eine bessere Anbindung an die bestehenden Stadtquartiere der Nachbarschaft, ließ aber noch einige Lücken. Die musste die für das Projekt zuständige Tegel Projekt GmbH über die Jahre schließen.

Schumacher Quartier als lebendiger, nachhaltiger und vor allem grüner Kiez

Die fokussierte stark auf die Idee der Schaffung eines neuen, eines lebendigen Kiezes. Dementsprechend ist die Zielgruppe so weit wie irgendmöglich gefasst. Für Kinder und Jugendliche warten Bildungsangebote wie Kitas und Schulen, für ältere Semester Möglichkeiten des betreuten Wohnens. Läden, Restaurants und Cafés entlang der Straßen und Plätze richten sich an Einwohner aller Altersklassen.

Gelebte Nachhaltigkeit setzt ein Zeichen in Richtung Klimawandel. Dementsprechend werden erneuerbare Energien, grüne Technologien sowie ein modernes Energienetz (LowExergy-Netz) eine große Rolle im Schumacher Quartier spielen. Auch der Verkehr soll dank direkter Anschlüsse an den öffentlichen Personennahverkehr sowie viele Fuß- und Radwege so umweltfreundlich wie möglich gestaltet werden. Großes Hauptziel ist eine klimaangepasste und wassersensible Stadtentwicklung. Gewichtige Schritte in Richtung dieses Ziels:

Wer sich die im hübschen Wimmelbild-Comic-Look aufgemachte Website zu dem Projekt anschaut, wird vor allem eine Farbe bemerken: Grün. Ein zentraler Park, viele Grünflächen sowie bepflanzte Dächer und Hausfassaden machen das Schumacher Quartier zu einem naturnahen Kiez. Die Fertigstellung des gesamten Quartiers ist um 2035 anvisiert. Doch sicher ist hier gar nichts.

Der Quartiersplatz im Schumacher Quartier. Copyright Tegel Projekt / rendertaxi
Der Quartiersplatz im Schumacher Quartier. Copyright Tegel Projekt / rendertaxi

Ungewissheit gehört leider dazu

Dabei hatte die Ungewissheit lange nicht nur mit den diversen Verschiebungen der Eröffnung des BER zu tun. In Berlin wurde zudem schon mehrfach offen überlegt, ob man die Frist, den Flughafen Tegel sechs Monate nach Eröffnung des BER zu schließen, nicht einfach verlängern könne. Grund waren häufig kolportierte Kapazitätsprobleme des neuen Hauptstadt-Flughafens. Mehr noch: Manche Politiker sprachen sich gar für eine Weiternutzung des Geländes als Flughafen über alle Fristen hinaus aus. Etwa der aktuelle Verkehrsminister, der damit auch bei der Berliner Bevölkerung offene Türen einrannte. Beispielsweise sprachen sich bei einem von CDU und FDP initiierten Volksentscheid im Jahre 2017 über 56 Prozent der Berliner für den Weiterbetrieb des Flughafens aus.

Philipp Bouteiller, Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH, schreckte das wenig. Man habe aus der Not eine Tugend gemacht und die bisherigen Verschiebungen genutzt, um einfach immer weiter zu planen. Beständig wurden und werden die Entwürfe des Bauprojektes erweitert, vertieft und korrigiert, was laut Philipp Bouteiller eine immer höhere Qualität garantiere und sich am Ende bezahlt machen werde.

Dementsprechend ist inzwischen die städtebauliche und baurechtliche Planung weitgehend abgeschlossen, die vielfältigen Fachplanungen sind abgestimmt. Damit die mit dem Quartier verknüpften Ambitionen auch Realität werden, hat das Planungsbüro Luchterhand im Auftrag der Tegel Projekt GmbH ein Grundgerüst in Form eines Quartierhandbuches mit dem Titel „Quartiersbuch Schumacher Quartier“ festgehalten. Die Inhalte wurden unter anderem im Berliner Baukollegium diskutiert und abgestimmt.

Ein Einblick in das Schumacher Quartier. Copyright: TegelProjekt / rendertaxi
Ein Einblick in das Schumacher Quartier. Copyright: TegelProjekt / rendertaxi

Quartiershandbuch Schumacher Quartier formuliert Anleitungen für nächste Schritte

Das Quartiersbuch wendet sich vor allem an die künftigen Bauherrinnen und Bauherren. In zwei Teilen fasst es alle bisherigen Vorplanungen der Tegel Projekt GmbH zusammen und formuliert die nächsten Arbeitsschritte. In Teil A werden die zentralen Themen des Schumacher Quartiers – die räumlichen und inhaltlichen Zielsetzungen, die städtebauliche Grundstruktur und die verschiedenen Konzeptbausteine – beschrieben und festgehalten.

Teil B formuliert den Gestaltungsrahmen für die Entwicklung des Quartiers. Er definiert sowohl Regeln als auch lagespezifische Vorgaben für die Realisierung des Stadtquartiers. Hier werden die vielfältigen Möglichkeiten und Handlungsrahmen für die öffentliche Freiraumgestaltung über Quartiersplätze und Passagen bis hin zur Fassadengestaltung dargestellt.

„Wenn 2021 die Vergabe von Baugrundstücken anläuft, wird das Quartier die Theorie des Handbuches verlassen und mit der Planung erster Bauprojekte Realität werden“, so Senatsbaudirektorin Regula Lüscher.

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