Warum nur wenige PropTechs den Sprung nach Deutschland schaffen

Warum nur wenige PropTechs den Sprung nach Deutschland schaffen

Warum nur wenige PropTechs den Sprung nach Deutschland schaffen
Copyright: (links) Gerd Altmann auf Pixabay; (rechts von oben) easol GmbH; Coyote

Knapp 500 Unternehmen zählt die vom Portal proptech.de herausgegebene PropTech-Karte aktuell für Deutschland. Die überwältigende Mehrheit von ihnen wurde in der DACH-Region gegründet – für ausländische Akteure bleibt der deutsche Markt intransparent und schwer zugänglich. Mit dem englischen Software-Anbieter Coyote hat sich dennoch ein PropTech hierzulande durchgesetzt. Um sich in der deutschen Immobilienwirtschaft zu etablieren, müssen jedoch einige Bedingungen erfüllt sein. Eine Bestandsaufnahme von Marko Broschinski, Geschäftsführer easol GmbH, und David Oates, CEO von Coyote.

Einladung zur Real Estate Mitteldeutschland

Der deutsche PropTech-Markt ist ähnlich wie die Immobilienbranche hierzulande national geprägt. Projektentwickler, Bestandshalter, Fonds, Bauunternehmen und Dienstleister sind in der Regel deutscher oder zumindest deutschsprachiger Herkunft. Wenn sich ausländische Immobilienunternehmen dennoch auf den deutschen Markt wagen, agieren sie gewöhnlich mit deutschen Mitarbeitern.

Das ist nicht verwunderlich: Die Fremdsprachenkenntnisse in Deutschland sind bekanntermaßen nicht so ausgeprägt wie in den Niederlanden oder Skandinavien, die bundesdeutschen Regularien wie beispielsweise das Steuerrecht oder die Haftungsverantwortung sind hochkomplex und die bestehenden Netzwerke sind das Resultat gemeinsamer Studienerfahrungen oder Projekte innerhalb der deutschen Grenzen.

PropTechs stehen teils synonym für Wettbewerbsvorteile

Wenn ein Segment der Immobilienwirtschaft dieses Muster am ehesten durchbrechen kann, sind es die PropTechs. Denn mit ihren innovativen Produkten schließen sie im Idealfall eine Angebotslücke im Markt. Sprachliche und kulturelle Gemeinsamkeiten sind dann sekundär, wenn es um Wettbewerbsvorteile geht. Diesen Weg ist das Londoner PropTech Coyote gegangen, das seit 2016 als Spin Off des paneuropäischen Immobilieninvestors M7 Real Estate eine Software für den Ankaufprozess von Immobilien anbietet.

Das Produkt steuert den kompletten Workflow inklusive der Erstellung von Entscheidungsvorlagen und realisiert dadurch erhebliche Einsparungseffekte. Durch Verknüpfungen zu Software-Partnern bietet Coyote zusätzlich als Service das Einlesen von Makler-Exposés samt aktuellen Bestandsmieten an und verzeichnet die Assets auf Google Maps. Mittels API können als Sonderwunsch auch Daten von Bewertern, Zertifizierern und öffentlichen Institutionen integriert werden. Allerdings baut sich in Coyote durch die Speicherung abgelehnter Exposés auch eine eigene Benchmark auf, wodurch sich die Möglichkeit ergibt, aus historischen Preisentwicklungen weitreichende Wertprognosen zu generieren. Schon 2019 erreichte Coyote die Grenzen von über 100 Milliarden Euro Assets under Management auf der Plattform. Zu den deutschen Kunden zählen aktuell unter vielen anderen die Investmentunternehmen HIH Real Estate und NAS Invest.

Attraktive Marktgröße trifft defizitäre Kooperationskultur: Push- und Pull-Faktoren in Deutschland

Die Gründe für den Eintritt auf den deutschen Markt sind – ebenso wie die Barrieren – übertragbar auf andere ausländische PropTechs. Deutschland ist als führender Transaktionsmarkt der Europäischen Union zunächst aufgrund der reinen Marktgröße mit vielen Akteuren attraktiv für Digitalunternehmen aus dem Ausland. Zwar ist der Digitalisierungsgrad der deutschen Immobilienwirtschaft in der Breite noch nicht zufriedenstellend. Doch Schwergewichte der Branche kombinieren ihre Digitalstrategie bereits seit langer Zeit mit einem internationalen Anbieter-Sourcing, um die jeweils passende Lösung für die Geschäftsprozesse zu finden.

Zugleich weist der deutsche Markt aber auch Tücken auf, wie das Beispiel Coyote anschaulich beweist. Für den Ankaufsprozess ist es hinderlich, dass der Verkaufsvertrieb hierzulande über exklusive Makleraufträge erfolgt. In Großbritannien hingegen können Bewertungs- und Lagedaten pro Objekt von mehreren Maklern angefragt werden. Der fehlende, standardisierte Aufbau für Mieterlisten ist eine zusätzliche Barriere. Datenschutzbedenken und die ausbaufähige Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bilden weitere Komplikationen im Vergleich zum englischen Heimatmarkt von Coyote.

Dort kooperiert das PropTech beispielsweise mit Datenpartnern wie Radius, einem Maklernetzwerk für Gewerbeimmobilien, dem Gebäudezertifizierer Wiredscore oder Nimbus, das unter anderem auf das öffentliche britische Eigentümerverzeichnis „Her Majesty’s Land Registry“ zurückgreift. Die defizitäre Kooperationskultur in Deutschland ist folglich ein großes Hindernis für ausgereifte PropTech-Produkte. Online-Grundbücher oder Maklerverbünde mit geteilten Objektinformationen sind auch mittelfristig hierzulande nicht realistisch.

Trotz der Barrieren kann Coyote mit den in Deutschland verfügbaren Daten ein ausgereiftes Produkt anbieten. Für den Vertrieb setzt das PropTech auf deutsche Partner wie die easol, die Zugang zu den lokalen Netzwerken verschaffen. Bezeichnenderweise besteht nach Coyote-Einschätzung diese Notwendigkeit lokaler Partner nicht in anderen Ländern, die ebenso für die Unternehmensexpansion relevant sind. Das Charakteristikum der Immobilienbranche als „People’s Business“ ist in Deutschland offensichtlich besonders ausgeprägt. Mit einem etablierten Produkt und den bereits vorhandenen, renommierten deutschen Kunden ist gleichwohl der Grundstein für weiteres Wachstum auch in Deutschland gelegt.

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