Weleda Logistik-Campus in Schwäbisch Gmünd verzichtet auf fossile Energieträger

Weleda Logistik-Campus in Schwäbisch Gmünd verzichtet auf fossile Energieträger

Weleda Logistik-Campus in Schwäbisch Gmünd verzichtet auf fossile Energieträger
Der Weleda Logistik-Campus in Schwäbisch-Gmünd. Copyright: Michelgroup GmbH

Die Weleda AG baut in Schwäbisch Gmünd ein neues Logistikzentrum mit hohen Nachhaltigkeitsstandards. Die voraussichtlich im Frühjahr 2024 fertiggestellte Anlage verzichtet zum Beispiel komplett auf den fossilen Energieträger Gas und setzt auf erneuerbare Energien. Auch beim Bau kommen besonders nachhaltige Verfahren zum Einsatz, was das Projekt zu Europas größter Lehmbaustelle machte.

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Artikel vom 06. Februar 2024: Die Weleda AG baut ein neues Logistikzentrum mit drei individuellen Gebäuden im Industriegebiet von Schwäbisch Gmünd. Nachhaltige Besonderheit ist, dass die gesamte Anlage ohne den fossilen Energieträger Gas auskommen wird. Heiz- und Kühlleistung lassen sich zu 100 Prozent durch Erdwärme und Solarstrom decken. Das Vorzertifikat zum DGNB-Platin-Standard hat das Bauprojekt bereits erhalten. Weleda, Weltmarktführerin für zertifizierte Naturkosmetik und anthroposophische Arzneimittel, zentralisiert mit dem neuen „Logistik-Campus“ ihre internationale und nationale Vertriebs- sowie Teile der Produktionslogistik.

Konsequent nachhaltige Entscheidungen für den Logistik-Campus von Weleda

Für einen reibungslosen Betrieb im Hinblick auf Heizen und Kühlen benötigt der Logistik-Campus rund 800 MWh pro Jahr. Indem erneuerbare Energien den gesamten Bedarf decken, lassen sich hochgerechnet 207 Tonnen an Kohlenstoffdioxid einsparen. Diese Lösung bedeutet allerdings rund 50 Prozent Mehrkosten gegenüber dem Bau einer konventionellen Versorgung, etwa in Form eines Gasanschlusses.

Nach geschätzt 12 bis 14 Jahren soll sich die Investition amortisieren. Daniela Trah, Projektleiterin Logistik, und Karl-Heinz Türk, Bereichsleiter Infrastruktur, sind sich sicher: „Unsere konsequente Entscheidung für erneuerbare Energien erweist sich als richtig und zukunftsweisend – auch in Anbetracht der momentan angespannten Versorgungslage.“

Ein weiterer Blick auf den Weleda Logistik-Campus. Copyright: Michelgroup GmbH
Ein weiterer Blick auf den Weleda Logistik-Campus. Copyright: Michelgroup GmbH

Erdwärme und Solarstrom greifen bei dem Projekt ineinander

Das Verfahren der Gebäudeversorgung durch Erdwärme und Solarstrom ist nicht neu. Bisher war ein solcher Ansatz allerdings mit erheblichem finanziellem Mehraufwand verbunden. Weleda beschloss bei Planungsbeginn im Jahr 2018, dennoch zu 100 Prozent auf regenerative Quellen zu setzen. Schon damals stand im Vordergrund, so umweltschonend und nachhaltig wie möglich bauen zu wollen.

Seit dem jüngsten Anstieg der Energiekosten erweist sich dieses Vorgehen nun auch als wirtschaftlich interessant. Bei Weleda zapfen künftig 48 Sonden in 140 Metern Tiefe die im Erdreich gespeicherte Wärme an. Im Sommer regeneriert die Abwärme der Kühlanlage das im Boden befindliche Wärmefeld. Den Strom für den Betrieb der Wärmepumpen – etwa 196 MWh im Jahr – liefert ein ausgeklügeltes System von Solaranlagen. Rund 10.000 Photovoltaik-Module befinden sich auf den Dachflächen der Gebäude und an den Fassaden. Daniela Trah erklärt: „Die Anordnung der Gebäude haben wir so geplant, dass sie den Sonnenverlauf am Standort optimal ausnutzen.“

Die vorliegende Lösung setzten drei Dienstleister aus Süddeutschland gemeinsam um: die Transsolar Energietechnik GmbH aus Stuttgart, die Ingenieurgesellschaft für Versorgungstechnik und Reinraumsysteme mbH, IP – Innovatives Planen aus Neckartenzlingen und die Ott Ingenieure GmbH & Co. KG aus Langenau.

Nicht nur in Sachen Energie nachhaltig: Der Logistik-Campus von Weleda

Der Logistikneubau wird aus mehreren kleineren Gebäuden bestehen. Gebaut wird mit natürlichen Werkstoffen wie Glas, Holz und Stampflehm. Diese können bei Bedarf wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt werden. Streuobstwiesen mit Wildfrüchten, ein Kräuterstreifen, heimische Hecken, Wachholderheide, blühende Felder und Rosen werden die Außenanlage des Logistikzentrums prägen. Insgesamt soll sich das 72.000 Quadratmeter große Areal, auf dem der 8.300 Quadratmeter Grundfläche besitzende Campus errichtet wird, verwandeln – von einer landwirtschaftlich intensiv genutzten Monokultur hin zu einer Landschaft mit hoher Biodiversität.

Der Neubau soll ein Verwaltungsgebäude, einen Zwischenbau mit Pausenraum, ein Funktionsgebäude für Wareneingang bis Warenausgang und ein innovatives Hochregallager mit Regalanlagen aus Holz beinhalten. 62 überdachte Parkplätze und 30 Fahrradstellplätze (die Hälfte mit e-Ladestationen) gehören ebenfalls zur Planung. Im September 2021 erfolgte der Spatenstich und die Bauarbeiten liegen im Plan, so dass der Logistik-Campus im Sommer 2024 in Betrieb genommen werden können sollte.

Das Hochregallager: Europas größte Lehmbaustelle

Update vom 08. März 2024: Die Weleda AG baut ein neues Logistikzentrum mit drei individuellen Gebäuden im Gewerbegebiet „Gügling“ von Schwäbisch Gmünd. Für das künftige, 82 Meter lange, 38 Meter breite und 30 Meter hohe Hochregallager kamen traditionelle Bautechniken und -materialien zum Einsatz, die außergewöhnliche Eigenschaften im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit besitzen: Stampflehm und Lehmputz. Weil der lokal verfügbare Baustoff Lehm auf natürliche Weise sowohl Temperatur als auch Feuchtigkeit ausgleicht, kann Weleda auf Klimatechnik im Hochregallager verzichten.

Lehm als Baustoff ist zudem besonders umweltfreundlich – er lässt sich unendlich oft wiederverwenden und am Ende vollständig in die Natur zurückführen. Auch sein CO2-Abdruck ist wesentlich kleiner als der Abdruck anderer Baustoffe, wie zum Beispiel Beton. Das gilt auch für das Innenleben des Hochregallagers: Die Regale für über 17.000 Paletten bestehen aus Holz und binden dadurch CO2 – im Unterschied zu Regalen aus Stahl, deren Herstellung CO2 freisetzen würde. Daneben tragen 10.000 Photovoltaikmodule und Geothermie dazu bei, dass der Logistik-Campus im Betrieb klimaneutral sein wird.

Das Hochregallager mit Lehmwänden im Weleda Logistik-Campus
Das Hochregallager mit Lehmwänden im Weleda Logistik-Campus. Copyright: Marco Licht

Stampflehmwände mit eigenem Bauaushub

Die ersten acht Meter Außenwand des Hochregallagers auf dem Weleda Logistik-Campus bestehen aus Stampflehm. „Genauer gesagt aus Knollenmergel beziehungsweise Pelosol und aus Muschelkalk“, erläutert Matthias Schuler vom Unternehmen Transsolar Energietechnik aus Stuttgart. Beide Materialien stammen aus eigenem Bauaushub des Gügling. Schuler gab den entscheidenden Impuls, Lehm für den Weleda-Neubau zu verwenden. „Einerseits ist Lehm ein natürlicher, lokal verfügbarer Baustoff“, erklärt der gebürtige Schwäbisch Gmünder. „Andererseits kann Lehm Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Er sorgt also für einen natürlichen Ausgleich von Temperatur und Feuchtigkeit, atmet und lebt quasi mit dem Raum mit. Die letzte Prüfung der Luftdichtigkeit steht zwar noch aus, aber wir sind optimistisch“, sagt Schuler.

Der Putz aus Lehm wird aufgetragen
Der Putz aus Lehm wird aufgetragen. Copyright: Marco Licht

Der Energie- und Thermodynamiker ist jedoch auch Realist: Zur Sicherheit hat er trotzdem Platz für eine Lüftungsanlage eingeplant. Bei einem Bauvorhaben dieser Größe weiß man schließlich nie. „Ich rechne es der Weleda AG hoch an, dass sie sich als Bauherrin getraut hat, mit uns diesen Weg zu gehen. Gemeinsam wollen wir die Chancen des Lehmbaus in die Welt tragen.“

Industriebau trifft Klimaschutz

Obwohl seit Jahrhunderten im Einsatz und auf der ganzen Welt erprobt, war das Thema Lehmbau auch für die ausführenden Architekten der Firma Michelgroup aus Ulm ein Wagnis. Nico Santuario zeichnet mit seiner Kollegin Tina Bauer für das Bauvorhaben verantwortlich. „Zu Beginn hatten wir viele Fragen“, berichtet der Architekt: Mit welchen Handwerkern setzen wir den Lehmbau um? Wie kommen wir an das nötige Material? Und wie übertragen wir eine Technik, die sonst eher im Rahmen von archäologischen Restaurationen üblich ist oder im privaten Wohnungsbau beziehungsweise bei kleineren Projekten zum Einsatz kommt, auf eine Industrie-Großbaustelle? All das war Neuland und erforderte Pioniergeist.

Für technische Hürden galt es Lösungen zu finden. Weil eine Lehmwand nicht gut dämmt, gibt es zur Vermeidung von winterlicher Kondensation in den Ecken eine partielle, elektrische Notheizung, die bei Bedarf zum Einsatz kommt. Auch pharmazeutische GMP-Anforderungen (good manufacturing practice) im Hinblick auf Kosmetik und Arzneimittel galt es zu berücksichtigen. So mussten die Wände des Hochregallagers zum Beispiel abreinigbar sein – was mit einem speziellen Lehmputz gelöst wurde. Er besteht ebenfalls aus lokalem Aushub.

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