Wegen Corona: Moderate Preisrückgänge am Immobilienmarkt zu erwarten

Wegen Corona: Moderate Preisrückgänge am Immobilienmarkt zu erwarten

Wegen Corona: Moderate Preisrückgänge am Immobilienmarkt zu erwarten
Welche Auswirkungen wird der Corona-Virus auf die Immobilienwirtschaft haben? Foto: Tumisu auf Pixabay

Das Abgleiten der deutschen Wirtschaft in eine Rezession erscheint angesichts der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie unausweichlich. Die Dauer der Pandemie und die Ausgestaltung der notwendigen behördlichen Einschränkungen bestimmen maßgeblich, inwieweit die Immobilienmärkte von den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie getroffen werden. Dass die Nachfrage nach Flächen unter Druck gerät, ist sehr wahrscheinlich. Die Konsequenzen auf den Miet- und auf den Anlagemärkten sind laut den Immobilienexperten von Wüest Partner Deutschland in den Segmenten sehr unterschiedlich.

Einladung zum Magdeburger Immobiliengespräch

Die Prämisse der folgenden Ausführungen ist, dass die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mehrere Monate andauern werden.

Die Ausgangslage vor dem Auftreten des Coronavirus'

Die aktuelle Coronavirus-Krise trifft die deutsche Wirtschaft zu einem Zeitpunkt, in der sie nach einem langjährigen Anstieg erste Wachstumsschwächen zeigte. Das Bruttoinlandprodukt erhöhte sich 2019 real um 0,6 Prozent. Deutschland blickt damit auf eine ganze Dekade mit stetigem Wirtschaftswachstum zurück, in der die Beschäftigung durchschnittlich um zwei Prozent pro Jahr gewachsen ist. Die Arbeitslosigkeit lag im Februar 2020 bei niedrigen 5,3 Prozent der Erwerbspersonen. Das Wachstum der letzten Dekade war gepaart mit Lohnerhöhungen bei niedriger Inflation, was dazu beigetragen hat, dass die Kaufkraft der privaten Haushalte pro Kopf zwischen 2010 und 2019 um 23 Prozent angestiegen ist. Zudem konnten der Bund und viele Bundesländer in den vergangenen Jahren Haushaltsüberschüsse erwirtschaften. Allerdings zeigten sich Ende 2019/ Anfang 2020 bereits klare Zeichen für eine deutlich abnehmende Dynamik. Diese nun in ihrem Ausmaß nie dagewesene Pandemie wird dem weltweiten Wachstum zumindest 2020 einen erheblichen Dämpfer verpassen.

Die Auswirkungen von Corona auf den Investitionsmarkt

Wüest Partner geht davon aus, dass die Transaktionsvolumina in der aktuellen Situation kurzfristig zurückgehen. "Auch wenn es nach dem Abflauen der Krise ggf. Nachholeffekte geben kann, werden die Volumina der vergangenen Jahre sicher deutlich verfehlt. Allein schon deswegen, weil die Kapazitäten auf Seiten der Investoren und ihrer Berater limitiert sind und sich nicht schlagartig ausbauen lassen. Entsprechend anspruchsvoll gestaltet es sich, die Veränderungen bei den Renditeerwartungen und der Zahlungsbereitschaft exakt zu bestimmen", sagt Karsten Jungk, Geschäftsführer und Partner von Wüest Partner Deutschland.

Karsten Jungk von Wüest Partner Deutschland wagt einen Blick in die Glaskugel. Foto: Wüest Partner Deutschland
Karsten Jungk von Wüest Partner Deutschland wagt einen Blick in die Glaskugel. Foto: Wüest Partner Deutschland

In vielen Teilsegmenten ist mit zwischenzeitlich eingeschränkten Mietpotenzialen zu rechnen, die sich aber mittel- bis langfristig wieder erholen könnten. Auf Seiten der Renditeerwartungen sind gegensätzlich wirksame Einflüsse zu beobachten, weshalb diesbezüglich vorerst wenig Bewegung eintreten dürfte: Zwar werden höhere Risiken erkennbar, doch die Renditen für Staatsanleihen bleiben auf niedrigem Niveau. Baufinanzierungszinsen sind in den ersten Tagen der Krise noch weiter gefallen.

Immobilienanlagen bleiben nicht nur aufgrund der niedrigen Zinsen verhältnismäßig attraktiv, sondern auch wegen der für viele Nutzungsarten geringeren Anfälligkeit von Mieteinnahmen im Vergleich zu den Einnahmen klassischer Unternehmen. Die Schwankungen der Aktienkurse und der noch nicht beendete Sinkflug der Börsen wird Investoren noch stärker auf Immobilieninvestments fokussieren lassen. Außerdem wird der Rendite-Spread zwischen Anlageimmobilien und Staatsanleihen aufgrund der expansiven Geldpolitik und dem Niedrigzinsumfeld bestehen bleiben. Ein starker Einbruch der Werte von Immobilienanlagen ist daher nicht zu erwarten. Grundsätzlich schwanken die Werte von Immobilien weniger stark als andere Anlageklassen. Deshalb und auch wegen der langfristigen Aussichten ist nicht mit einer Verkaufswelle zu rechnen. Jedoch könnten die Werte bei Gewerbeobjekten in B-Lagen, bei Hotel- und bei Einzelhandelsimmobilien mit höheren Non-Food-Anteilen und generell bei umsatzorientierten Mieten unter Druck geraten. Bei Wohnliegenschaften sind nach heutiger Informationslage geringere Korrekturen der Marktwerte zu erwarten. Core-Liegenschaften mit stabilen Cashflows dürften den aktuellen Entwicklungen weniger stark ausgesetzt sein. Gerade qualitativ hochwertige Objekte dürften langfristig wieder gesuchter sein.

Nachfrage auf Mietwohnungsmarkt empfindlich gestört

Der deutsche Mietwohnungsmarkt befindet sich zum Jahresbeginn 2020 aus Sicht der Investoren in einer sehr guten Verfassung. Der hohe Zuzug in die Städte sowie die steigenden Geburtenraten in den zurückliegenden Jahren führen in den großen Städten zu weiteren Leerstandsrückgängen sowie steigenden Mieten und Kaufpreisen. Im Laufe des Jahres 2019 haben sich die Mieten und Kaufpreise auf einem hohen Niveau eingependelt. Die Entwicklung der Nachfrage dürfte im laufenden Jahr empfindlich, aber nicht fundamental gestört werden. Im Zuge von Budgeteinschränkungen aufgrund der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage ist damit zu rechnen, dass die Bildung von Kleinhaushalten nachlässt. Diese war in den zurückliegenden Jahren ein maßgeblicher Treiber der Wohnraumnachfrage.

Trotz des Nachfragerückgangs wirken Faktoren wie unser gut ausgebautes Sozialsystem, die in Aussicht gestellten Sofortmaßnahmen des Bundes und der Landesregierungen und die Tatsache, dass Wohnbedürfnisse nicht substituierbar sind, stabilisierend für den Wohnungsmarkt. Aus der Vogelperspektive sind moderate Mietpreisrückgänge bei Neuvermietungen und ein tendenzieller Anstieg bei Leerständen zu erwarten. Mietwohnungen im Hochpreissegment sowie Serviced Apartments dürften zeitweilig am stärksten unter Druck geraten.

Keine drastischen Preiseinbrüche im Wohneigentumsmarkt zu erwarten

Kurzfristig dürften aufgrund der konjunkturellen Turbulenzen die Möglichkeiten für die Bildung von Wohneigentum eingeschränkt sein. Es ist wahrscheinlich, dass die für Wohneigentum wichtigen höheren Einkommensklassen zwischenzeitlich niedrigere Gesamteinkommen und Wertverluste bei Eigenmitteln verzeichnen. Dies führt zu einer Dämpfung der Nachfrage nach Wohneigentum und damit einhergehend wohl auch zu einem temporären Druck auf die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser. Dem entgegen steht das weitere Absinken der langjährigen Finanzierungszinssätze.

"Die Erfahrung zeigt, dass die Preise für Eigentumswohnungen bei konjunkturellen Rückgängen stärker nachgeben als die Preise für Einfamilienhäuser. Dies könnte auch jetzt der Fall sein, wobei in beiden Teilsegmenten Preisrückgänge möglich sind. Allerdings ist nach aktueller Informationslage nicht von drastischen Preiseinbrüchen auszugehen", erklärt Karsten Jungk.

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