Hotelbranche: Der Wandel bleibt ein Muss

Hotelbranche: Der Wandel bleibt ein Muss

Hotelbranche: Der Wandel bleibt ein Muss
Eigentlich wollten die Geisel Privathotels mit dem neuen Königshof ihr Portfolio krönen. Die Immobilie ist inzwischen verkauft und die MHP Hotel AG wird mit JW Marriott auf dem Dach das Haus betreiben. Copyright: MHP

Die Hotellerie taumelt in diesem Jahr zwischen Rekordumsatzzahlen, sinkenden Pipelines und neuen allgemeinen Krisen, die ihr viel anhaben können. In der Achterbahnfahrt der Konjunktur bleibt für die Branche der Wandel ein Muss.

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Als Motel One im März 2022 nach zwei Jahren Pause wieder erstmals vor Ort nach München zur Bilanzpressekonferenz lud, zeigten sich die CEOs Stefan Lenze und Daniel Müller noch bedingt guter Dinge. Omikron hatte der Kette wie auch anderen den Jahresstart vermasselt. Die Umsatzzahlen waren besser, aber noch nicht gut genug. Und das 2022 geplante Markendebüt von Motel One in New York City wirkte noch wie unwirkliche Zukunftsmusik.

Doch schon vier Monate später hatte sich das Blatt gewendet: Mit 177 Millionen Euro lag der Umsatz von Motel One im zweiten Quartal 2022 um ein Fünftel höher als 2019 und das EBITDA stieg im selben Vergleich sogar um 23 Prozent. Auch Accor, Scandic oder Orascom verkündeten im Juli 2022 deutliche Erfolgszahlen. Neben Urlaubern hatten sich vor allem wieder Geschäftsreisende mit hohem Nachholbedarf auf den Weg gemacht, allerorts kehrten Messen und Events zurück. Und wenn im Herbst 2022 beispielsweise in München das Oktoberfest und die EXPO REAL volle Hotels bringen sollen, dann will die Branche nicht wieder wie das Kaninchen vor der Corona-Energie-Ukrainekrieg-Schlange sitzen. Auch wenn keiner weiß, wie dieses Jahr enden wird.

Unsicherheit als neue Sicherheit in der Hotelbranche

Der Blick in die Zukunft ist sehr kurzfristig geworden. Wie in vielen anderen Branchen avanciert Unsicherheit zur aktuellen neuen Sicherheit. Manche Broker und Berater betonen, dass die Hospitality in den Pandemiejahren letztlich doch eine erstaunliche Resilienz bewiesen hätte. Die große Pleitewelle sei ausgeblieben, auch als Ergebnis der staatlichen Hilfen. Währenddessen haben sich die Gäste verändert, genauso die Investoren, Projektentwickler und Mitbewerber.

Die Ferienhotellerie gilt wie 2021 als neue Hoffnungsbank, wenn auch nicht alles so umsatz-golden glänzt wie gedacht. Dies weil es zu wenige investmentfähige Betreiber gibt und weil sich zuletzt die Leisure-Nachfrage wieder mehr ins europäische Ausland verlagerte.

B&B hat im April sein bislang  größtes Haus in Deutschland mit über 220 Zimmern in  Köln eröffnet. Copyright: B&B Hotels
B&B hat im April sein bislang  größtes Haus in Deutschland mit über 220 Zimmern in  Köln eröffnet. Copyright: B&B Hotels

Serviced Apartments und volltechnologisierte Konzepte wachsen weiter

Auf weiter großer Nachfrage- und Wachstumsspur wandelt das Serviced Apartment-Segment. „Die Akteure hatten 2021 ihre Resilienz mit 61 Prozent Auslastung statt 31 Prozent wie in der klassischen Hotellerie erneut unterstrichen", sagt Anett Gregorius, Inhaberin und Gründerin von Apartmentservice. „Das Segment zeigt nicht nur eine wachsende Nachfrage nach Wohnen-auf-Zeit-Produkten, sondern auch, wie kostenschlanke Strukturen notwendige Antworten auf den Branchenwandel bieten.“ Die Serviced Apartment-Branche geht deshalb vermehrt auf Übernahme-Tour.

Volltechnologisierte Konzepte mit kaum Mitarbeitern wie Numa und Limehome wachsen ungebremst. Seit Frühjahr kooperiert Numa mit LaSalle Investment Management, um mit 500 Millionen Euro in der Kasse Stadthotels in Mittel- und Westeuropa zu erwerben und umzuwandeln. Zugleich sind mittelständische Managementunternehmen wie die Success Hotel Group, die Anfang 2022 in Insolvenz in Eigenverwaltung gehen musste, im Sommer in der HR Group aufgegangen.

Schon im März 2022 hatte die HR Group auch die Betriebsgesellschaft des Sheraton Berlin Grand Hotel Esplanade übernommen. Die MHP Hotel AG wiederum betreibt inzwischen in Frankfurt die bisherige Jumeirah-Immobilie als JW Marriott – und hat sich mit der gleichen Marke auch den spektakulären Königshof-Neubau der Geisel-Brüder in München gesichert. Und wie schon 2021 eröffnen zugleich Economy- und Midscale-Anbieter gefühlt wöchentlich neue Häuser, vor allem B&B Hotels, Novotel und Premier Inn.

Viele Booster und neue Bremsfaktoren für den Wandel in der Hospitality

Für den Strukturwandel in der Stadthotellerie war Corona „ein Booster“, sagt auch Niels Falkenstein, Geschäftsführender Gesellschafter der Schollen Hotelberatung. Das zeigt sich nicht zuletzt in einer pandemiebedingten Pipeline-Delle von nicht realisierten Projekten seit 2019, die Colliers auf zehn bis 15 Prozent in Deutschland schätzt. Für bestehende Häuser eine Chance, finden Experten. Auch weil bei neuen Projekten nun größere Sicherheiten gefordert werden.

Bei einer CBRE-Umfrage 2022 unter deutschen Hotelinvestoren gaben 43 Prozent an, dass sie von Betreibern höhere Mietabdeckungsfaktoren erwarten als vor der Pandemie. Der Faktor zeigt, wie viel Gewinn für Betreiber nach dem Abzug der Pachtkosten bleibt. Im Vergleich zu 2019 kalkulierten rund drei von vier Investoren mit geringeren Werten für verpachtete Hotels: Gut 40 Prozent setzten dabei Preisabschläge von zehn bis 15 Prozent an. Insgesamt blickte in der gleichen Umfrage eine deutliche Mehrheit positiv auf die weitere Entwicklung.

„Sieben von zehn Investoren gehen davon aus, dass der Hotelmarkt Deutschland bereits zwischen 2023 und 2024 wieder sein Vor-Corona-Niveau erreichen wird“, berichtete Lorina Callenberg, Director Hotel Investment von CBRE, im Sommer 2022. Drei von vier erwarten, dass sich das Geschäft mit Geschäftsreisenden und Messebesuchern 2024 / 2025 normalisieren wird. Und: 59 Prozent der Investoren sind gar bereit, für Hotels, die ESG-Kriterien erfüllen, mehr zu zahlen oder in Modernisierungen zu investieren, wenn diese dadurch Nachhaltigkeitszertifikate erhalten. ESG ist 2022 noch einmal zu einem selbstverständlichen Hotel-Muss geworden. Doch auch hierbei mischen seit diesem Jahr viele neue Krisendimensionen mit. Das „negative Dreieck", wie es gern beschrieben wird, aus Corona, Krieg in der Ukraine und Inflation mit hohen Baukosten und massiv gestiegenen Energiekosten – allein bei Wellness-Hotels auf das Fünf- bis Zehnfache – wirken auf den eingeläuteten Wandel der Hotellerie wie ein weiterer Booster.

So oder so – die Branche ist sich weitgehend einig, dass die Übernachtungsraten und Gastronomie-Preise um mindestens 20 Prozent steigen müssen, allein schon um die wenigen Mitarbeiter noch irgendwie zu halten. Im nächsten Schritt müssen Prozesse und Strukturen neu fokussiert und verschlankt werden. Die Hospitality will Zukunft, auf allen Seiten.

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